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Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Dorf?«, wandte er sich schließlich an
das Mädchen.
Verinnia nickte zwar zur Antwort, sah dabei aber Andrej an.
Andrej wusste nicht, ob sie ihn immer noch fürchtete, auf jeden
Fall schien sie sich entschlossen zu haben, den Nubier zu
ignorieren.
»Hast du nicht behauptet, diese Dauga hätten das ganze Dorf
zerstört und alle außer dir und deinem Vater umgebracht?«, fuhr
Abu Dun misstrauisch fort.
Verinnia schwieg beharrlich weiter. Andrej warf dem Nubier
einen mahnenden Blick zu, es gut sein zu lassen, auch wenn er
sein Misstrauen verstehen konnte.
Das kleine, in einer tief eingeschnittenen Bucht gelegene
Fischerdorf bestand aus vielleicht anderthalb Dutzend einfacher,
reetgedeckter Hütten, von denen tatsächlich ein gutes Drittel in
Trümmern lag. Aus manchen der brandgeschwärzten Ruinen
kräuselte sich noch immer Rauch. Und im nun immer rascher
abnehmenden Licht der Dämmerung erkannte Andrej hier und
da Nester flackernder Glut. Der Gestank – nicht nur nach
verkohltem Holz – war selbst hier oben wahrzunehmen.
Zwischen den Gebäuden bewegten sich Menschen. Manche
schwenkten Fackeln, und Andrej hätte seine übermenschlich
scharfen Sinne nicht einmal gebraucht, um die ebenso
angespannte wie angsterfüllte Stimmung zu fühlen, die dort
unten herrschte.
»Wie lange liegt der Überfall zurück, sagst du?«, fragte er.
Verinnia hatte genau genommen gar nichts gesagt, und sie
antwortete auch jetzt erst nach einem Zögern.
»Es war in der letzten Nacht. Sie kommen immer nachts.«
Andrej tauschte einen bedeutsamen Blick mit Abu Dun. Nach
dem, was sie sahen, konnte diese Angabe nicht stimmen. Doch
er sagte nichts und machte sich an den mühevollen Abstieg.
Sein Respekt vor Verinnias totem Vater stieg noch einmal
beträchtlich an, bis er den weit unten gelegenen Strand erreichte.
Selbst mit zwei gesunden Armen und ohne ein zu Tode
verängstigtes Kind tragen zu müssen, stellte es sein Geschick
auf eine harte Probe, die steile Felswand zu überwinden. Und
Abu Dun erging es nicht besser.
Ihr Kommen blieb nicht unbemerkt. Schon lange bevor sie den
eigentlichen Strand erreichten, versammelte sich eine Menge
von dreißig oder vierzig Menschen am Fuße der Felswand.
Viele von ihnen schwenkten Fackeln, aber nicht wenige von
ihnen waren auch bewaffnet. Und der Ausdruck auf ihren
Gesichtern war alles andere als freundlich.
Andrej musste kein Hellseher sein, um zu erkennen, dass Abu
Dun und er hier nicht willkommen waren. Sein Irrtum wurde
ihm erst klar, als einer der Männer auf sie zutrat und anklagend
auf Verinnia deutete.
Ohne sich mit einer Begrüßung aufzuhalten, fuhr er Andrej an:
»Wieso bringt Ihr dieses Unglückskind zurück? Wo ist sein
Vater? Und wer seid Ihr?«
»Das sind meine Freunde«, sagte Verinnia herausfordernd,
bevor Andrej antworten konnte. »Sie werden uns helfen, die
Dauga zu vernichten.«
Das Gesicht des Bärtigen verfinsterte sich noch weiter. Er
funkelte Verinnia an. »Hast du immer noch nicht genug Unheil
angerichtet? Du und dein Vater«, zischte er. Dann wandte er
sich mit einem Ruck wieder an Andrej. »Also«, fragte er noch
einmal, »wer seid Ihr und was wollt Ihr hier?«
»Welche Frage soll ich zuerst beantworten?«, wollte Andrej
wissen. Er lächelte, aber seine Hand senkte sich dabei wie
zufällig auf den Schwertgriff, der aus seinem Gürtel ragte. Und
neben ihm bewegte sich Abu Dun ebenfalls rein zufällig so, dass
man seine eigene, noch viel gewaltigere Waffe unter dem
Mantel sehen konnte.
»Mein Name ist Andrej Delãny«, antwortete Andrej. »Das ist
Abu Dun, mein Freund und Reisebegleiter aus dem Land der
Muselmanen. Wir sind harmlose Wanderer, die es durch Zufall
in diesen Teil der Welt verschlagen hat.«
Er bekam keine Antwort, was vielleicht daran liegen mochte,
dass der Ausdruck »harmlos« und der Anblick des nubischen
Riesen an seiner Seite nicht zusammenpassen wollten. Und so
fuhr er mit einem angedeuteten Schulterzucken fort: »Wir haben
das Mädchen und seinen Vater eine halbe Stunde von hier
gefunden. Wir wollten sie zurückbringen, das ist alles.«
Das Gesicht des Bärtigen verfinsterte sich noch weiter. »Wo
ist er?«, fauchte er.
Verinnia wollte etwas sagen, aber Andrej kam ihr zuvor.
»Er ist tot«, sagte er. »Wir wollten ihm helfen, aber wir sind
zu spät gekommen. Es tut mir leid.«
Der Bärtige verzog nur abfällig die Lippen. In seinen Augen
las Andrej Zufriedenheit.
»Tot?«, vergewisserte er sich. »Gut, dann hat
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