Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutkrieg

Blutkrieg

Titel: Blutkrieg
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
zu gewähren. Rasch, aber trotzdem
lautlos kletterten sie daran empor und hielten inne, kurz bevor
sie die Reling erreichten.
Andrej lauschte, er konnte die Stimmen nun deutlicher hören,
aber nicht verstehen, denn sie redeten in einer Sprache, derer er
nicht mächtig war. Sie klingen aufgeregt, zornig, aber fast auch
ein wenig verängstigt, dachte er verwirrt. Was war hier los?
Behutsam schob er sich weiter in die Höhe, sodass er das Deck
überblicken konnte. Der zerborstene Mast des Fischerbootes
ragte auf der anderen Seite in die Höhe. Flammen und schwarzer
Rauch trieben über das Deck, und soweit er es erkennen konnte,
musste die gesamte Mannschaft zusammengelaufen sein und
bildete einen drohenden Dreiviertelkreis aus schwarzen Mänteln
und gezückten Schwertern um Verinnia und die beiden Fischer,
die sich ebenfalls an Bord des Schiffes gerettet hatten.
Arnulf und Lasse waren auf die Knie gesunken und offenbar
schwer verletzt, während Verinnia aufrecht dastand und den
Dauga mit einem Trotz entgegenblickte, wie ihn nur Kinder
aufbringen können, die noch kein Gefühl für Gefahr entwickelt
haben. Aber auch sie wankte und blutete aus zahlreichen
Wunden, die ihr die fliegenden Holzsplitter zugefügt hatten. Der
Anblick erfüllte Andrej mit einem Zorn, den er weder
beherrschen konnte noch wollte. Mit einer fließenden Bewegung
zog er sich vollends über die Reling, neben ihm tat Abu Dun
dasselbe, und im selben Augenblick zogen beide ihre Schwerter.
So leise das Geräusch auch war, mit dem der Stahl aus seiner
ledernen Umhüllung glitt, einer der Piraten sah alarmiert auf,
und das erschrockene Keuchen, das über seine Lippen kam, als
er Andrejs und des halbnackten, schwarzhäutigen Riesen
gewahr wurde, ließ auch die anderen Dauga erschrocken
herumfahren. Schwerter und Speere richteten sich auf sie, und
einer der untoten Piraten hob eine klobige Armbrust, mit der er
auf Abu Dun anlegte.
Aber … waren es wirklich Untote? Andrej war plötzlich nicht
mehr sicher. Die Gesichter, in die er blickte, waren grob und
fremdartig, manche brutal, aber es waren dennoch die Gesichter
von Menschen. Und der Ausdruck, den er in ihren Augen las,
war eindeutig der von Angst.
Nein, dachte er zum wiederholten Mal, irgendetwas stimmte
hier nicht.
»Ich an eurer Stelle würde das nicht tun«, sagte Abu Dun
neben ihm. Auch seine Stimme klang eher irritiert als drohend,
als hätte er etwas gesehen, was er nicht zu sehen erwartet hatte.
»Senkt die Waffen und wir können reden, niemand muss zu
Schaden kommen!«
Und was Andrej niemals erwartet hätte, geschah: Der Mann
mit der Armbrust senkte zögernd seine Waffe, und auch auf den
Gesichtern der anderen erschien ein Ausdruck von Erstaunen
und vorsichtiger Erleichterung.
Doch Arnulf sprang auf, packte einen der Dauga von hinten
und brach ihm mit einer einzigen blitzartigen Bewegung das
Genick. Plötzlich war er wieder da, der Gestank der Fäulnis, die
uralte, dräuende Verwesung und die Gier und der Hass auf alles
Lebende, Fühlende. Die Präsenz desselben unvorstellbar bösen
Dings, die er gestern im Wald gespürt hatte, als das Ungeheuer
Verinnias Vater holte. Wie hatte er auch nur den Bruchteil einer
Sekunde daran zweifeln können?
»Andrej, nein!«, schrie Abu Dun neben ihm.
Aber es war zu spät. Plötzlich schien alles gleichzeitig zu
geschehen, und so schnell, dass die Dinge ein Eigenleben
entwickelten und sein Handeln bestimmten.
Lasse sprang jetzt ebenfalls auf und hatte wie durch Zauberei
ein Schwert in der Hand, und auch in Verinnias Hand blitzte mit
einem Mal Stahl. Dieselbe tückische, kleine Klinge, die sie ihm
gestern in die Seite gerammt hatte, und die sie nun einem der
Dauga in den Rücken stieß. Der Pirat mit der Armbrust hob
seine Waffe und schoss, und die anderen stürmten auf Abu Dun
und ihn zu. Andrej sah aus den Augenwinkeln, wie der Nubier
brüllend vor Wut und Schmerz zurücktaumelte und mit einer
einzigen Bewegung den Bolzen herausriss, der sich tief in seine
Schulter gebohrt hatte. Dann waren die Gegner heran und das
Töten begann.
Es war kein fairer Kampf. Die Piraten waren in sechs- oder
siebenfacher Überzahl, aber sie waren keine Gegner für sie.
Andrej tötete die beiden ersten mit einem einzigen gewaltigen
Schwerthieb, stieß einem dritten die Klinge tief in die Brust und
schrie auf, als sich ein schartiges Schwert in seine Seite bohrte.
Der Angreifer starb, noch bevor er auch nur die Gelegenheit
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher