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Blut will Blut

Blut will Blut

Titel: Blut will Blut
Autoren: Linda Barnes
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ich kann lieben.
Das wißt ihr aus eurer eigenen Vergangenheit.» Er kniete sich, die blonde
Georgina auf dem Knie, Deirdre in der Beuge seines rechten Armes. Er flüsterte:
«Ich verspreche euch, wenn ich mit ihm fertig bin, dürft ihr ihn küssen, soviel
ihr wollt. Aber nun geht. Heute nacht wartet noch Arbeit auf mich.»
    «Dann sollen wir also nichts
bekommen?» schmollte Deirdre.
    Georgina schrie kurz auf und
streckte den Arm aus. Auf dem Boden, in der Nähe der Stelle, an der Dracula
aufgetaucht war, lag ein Sack. Die beiden Frauen stürzten sich gierig darauf,
verwandelten sich wieder in Tiere, in Bacchantinnen. Deirdre griff mit
funkelnden Augen in den Sack, um den Happen herauszuziehen.
    Ein Kind, erinnerte sich
Spraggue.
    Deirdre schrie, ein Schrei, der
sehr weiblich, gar nicht animalisch war. Mit einem dumpfen Geräusch schlug der
Sack auf den Boden der Bühne. Die dunkelhaarige Frau hob ihre Hand. Blut
tropfte von ihren Ellbogen.
    «Was zum...» Dariens Brüllen
ging in dem Spektakel beinahe unter. Spraggue fand sich auf der Bühne wieder.
Er riß den Sack hoch, der Deirdres kraftlosen Fingern entglitten war.
    «Das ist nicht die Puppe»,
flüsterte sie. «Es ist etwas ganz Schreckliches. Seht euch meine Hände an.»
Steif vor Entsetzen starrte sie sie an.
    «Georgie», sagte Spraggue
energisch. «Geh und hilf ihr, sich zu waschen.»
    Georgina glotzte. Die Inspizientin
führte Deirdre von der Bühne.
    Spraggue beäugte den Sack
mißtrauisch. Inzwischen stand Darien neben ihm. Die anderen bauten sich im
Kreis um sie auf, warteten: Greg, Langford, Eddie, Emma, Georgina. Spraggue
wünschte sich, ihre Gesichter besser sehen zu können.
    Zunächst dachte er, das Ding in
dem Sack wäre ein Schädel. Seine Hand zuckte zurück, als er es berührte. Zu
nachgiebig für Knochen. Er zog es heraus. Das Licht fiel darauf. Greg schnappte
nach Luft.
    Der Kopf sah Hudson sehr
ähnlich. Grotesk schmal, nur eine Karikatur, aber unverkennbar er. Der Hals war
primitiv von einem nicht existierenden Körper abgetrennt worden. Die rotblonde
Perücke, ein wenig schief, war getränkt mit dem Blut der klaffenden Wunde. Das
Gesicht war wunderbar modelliert. Eine über einen Perückenhalter gezogene
Halloweenmaske, vermutete Spraggue. Dann das Ganze mit Pappmache überzogen und
zu Gregs Abbild geformt.
    Wer auch immer der Scherzbold
war, er — oder sie — hatte ganz sicher ein künstlerisches Händchen.
    Aus Hudsons Richtung kam ein
würgendes Geräusch. Er stürmte von der Bühne. Emma folgte ihm. Alle anderen
redeten plötzlich durcheinander.
    Spraggue beachtete den Tumult
nicht. Er hatte in dem Sack noch etwas anderes gesehen. Ein Stück weißen,
steifen Karton mit hastig hingekritzelten Zahlen. Eine vertraute Schrift, die
ihn an Mickey-Mouse-Papier und enthauptete Fledermäuse denken ließ.
    Im allgemeinen Chaos ließ er
die Karte in seiner Tasche verschwinden. Viel stand nicht darauf: 1538. Das
war’s.
    Mit etwas Glück, dachte
Spraggue, war er aus der ganzen Sache schlau geworden, wenn das Stück seine
eintausendfünfhundertachtunddreißigste Vorstellung hatte.
     
     
     
     

Kapitel Fünf
    Am folgenden Abend aß Spraggue
allein Sushi in dem einen Block vom Theater entfernten japanischen Restaurant.
Das Essen war gut. Nicht so toll, wie seine Donnerstagabend-Dinner
normalerweise waren. Donnerstag abends war er immer zum Dinner in dem Anwesen
in Brookline — ein Dinner kreiert von Dora, der Köchin, die Spraggue für
Bostons beste Restaurants verdorben hatte.
    Aber nicht an diesem Abend. Er
hatte Tante Mary mit einer Menge Entschuldigungen angerufen und sich
schließlich breitschlagen lassen, später doch noch auf einen Schlummertrunk
vorbeizukommen. Für Tante Mary gab es keine Uhrzeit, die zu spät war.
    Er genoß den behutsam gewürzten
rohen Fisch bedächtig, legte die Stäbchen dann aus der Hand, trank den grünen
Tee aus und bestellte sich eine weitere kleine Flasche Sake.
    Die Probe hatte geklappt wie am
Schnürchen. Keine blutverschmierten Köpfe, keine enthaupteten Fledermäuse.
Einfach nur neun Stunden Text, Stichworte und Szenen, dazwischen Kostümanproben
und Standfotos für die Werbung.
    Halb neun. Noch eine
Viertelstunde, und es war dunkel genug, um loszulegen. Die Proben hatten um sechs
aufgehört. Die Bühnencrew war um sieben gegangen. Ein paar Schauspieler saßen
noch auf einen Drink in der Bar nebenan. Spraggue hatte sie von seinem
sorgfältig gewählten Tisch beobachtet. Jetzt waren alle fort.
    Er
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