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Blut Licht

Titel: Blut Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Abrantes
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sank nach hinten. Das Licht war ausgelöscht und zurück blieb eine bloße, nun menschliche Hülle, übersäht von tiefen Wunden und Schmutz.
    Fast angewidert ließ der Mann den blonden Schopf des einstigen Engels los und erhob sich. Dann wandte er sich ab und sah über das Schlachtfeld hinweg zu Kain, dessen ganze Konzentration weiter auf Michael gerichtet war.
    Die Letzte der Bestien streckte der Erzengel nieder, ließ das Flammenschwert noch einmal kreisen, ehe er aufsah. Da erst entdeckte er den leblosen, menschlichen Leib seines Kampfgefährten und schreckliche Erkenntnis erfüllte sein Antlitz. Er sah den Weißhaarigen, der neben dem Gefallenen stand und seinen Blick mit zorniger Genugtuung erwiderte. Sein Blick irrte zu Kain, der ihm ein höhnisches Lächeln schickte und über ihn triumphierte.
    Wie unter tiefen Schmerzen entglitt Michaels kraftlos wirkenden Fingern das Schwert und fiel achtlos zu Boden. Er riss die Arme hoch, presste sich die Hände seitlich gegen die Schläfen und schloss gepeinigt die Augen. Für wenige Augenblicke verharrte er scheinbar bewegungslos. Doch plötzlich warf er den Kopf in den Nacken und stimmte einen langgezogenen, tiefen Klagelaut an, der sich einem Signal gleich über das ganze Tal erstreckte. Nach und nach kamen sämtliche Kampfhandlungen zum Erliegen, senkten die Lichtwesen ihre Waffen und fielen in den Schmerz ein, bis der Boden unter ihren Füßen erbebte. Als würden Himmel und Erde gleichermaßen trau-ern, zogen rasend schnell tiefschwarze Wolken heran, wölbte sich das Erdreich auf und spalteten tiefe Furchen den Grund.
    Während die Engelwesen wie feste Lichtsäulen standen, brach unter ihren Feinden blanke Panik aus. Schreiend stolperten und fielen sie wie Streugut übereinander, versuchten Halt zu finden und krochen auf allen Vieren über die schwankende Erde. Viele von ihnen wurden verschluckt, stürzten in die Spalten und wurden vom Erdreich zerquetscht. Indes ergossen sich aus den Wolken wahre Sturzbäche und überschwemmten die Unseligen, spülten sie in die reißenden Fluten der Flüsse und vom Tal fort.
    Angefüllt von Hass hob Kain dem Himmel sein Angesicht entgegen, ballte die Fäuste und spie empor: „Noch hast du nicht gewonnen,
    Vater'.“
    Die Antwort gab der Wind, der einer tosenden Hose gleich das Tal durchschnitt und fortriss, was nicht fest verwachsen war. Doch Kain blieb von ihm unberührt, und auch jene, die Seinen Boten vernichtet hatten.
    Noch einmal erhob sich die Naturgewalt zum finalen Schlag, brandete Wind auf und wirbelte durch das Tal, stürzte eine Sintflut vom Himmel und bebte die Erde erneut. Dann erstarb jedes Geräusch, der Klagelaut der Engel war mit dem Wind verklungen und Stille legte sich wie ein schweres Trauergewand über das Land. Das Strahlen der Engel verblasste und nach und nach verschwanden sie ganz.
    Ein letztes Mal flackerte Michael kurz auf, schien den Platz zu berühren, an dem sein Gefährte lag. Dann entschwand auch er. Und als hätte er das Licht nun gelöscht, erbleichten auch die leuchtenden Begrenzungen des Garten Eden, bis sie in tiefe Dunkelheit versunken waren.
    „Was soll mit ihm geschehen, Ahjarvir?“, erklang von unten die zögerliche Frage.
    Der Mann mit der Narbe auf der Brust ließ seinen Blick kurz über den leblosen, verdreckten menschlichen Leib zu seinen Füßen gleiten. Dann zuckte er fast beiläufig mit den Schultern und wandte sich zum Gehen. „Wir sind hier fertig. Nehmt ihn mit.“
    Da aber überlagerte nur noch ein einziger Gedanke das Geschehen: „Ich muss hier raus!“

Kapitel eins
    Zitternd starrte ich mit verschwommenem Blick auf das silberne Kleinod in meiner Hand. Der rasende Schlag meines Herzens pochte bis hoch in meine Schläfen und verursachte eine schmerzhafte Übelkeit. Behutsam ließ ich mich auf der Kante des Kinderbettes nieder, wohl darauf bedacht, meine schlafende Tochter nicht zu wecken.
    So also hatte es begonnen.
    Weiterhin huschten die Bilder vor meinem inneren Auge vorbei. Ahjarvir, überlegen und von abgrundtiefer Bösartigkeit. Ich hatte gehofft, ihn niemals wieder sehen zu müssen. Weder in der Gegenwart noch in der Vergangenheit. Sehr deutlich sah ich aufs Neue das perfide Blitzen in den Augen des alten Vampirs vor mir, während er seine scharfen Reißer in den bleichen Hals des Engels schlug. Jenes Engels, den ich als Mann aus Fleisch und Blut kennen und liebengelernt hatte.
    Mich schauderte, ich bekam das Bild einfach nicht aus meinem Kopf, so sehr ich mich

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