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Blumen fuer Polt

Blumen fuer Polt

Titel: Blumen fuer Polt
Autoren: Alfred Komarek
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bedauernswerte Behinderte?
Willi oder so?“
    „Ganz recht. Und sein Tod war kein Unfall.“
    „Was Sie nicht sagen. Und wer tut so einem Menschen
etwas an?“
    „Ach wissen Sie, Herr
Breitwieser, ich habe den Eindruck, daß dieser Mensch für manche nur eine
lästige Fliege war.“
    „Fatal. Homo hominem lupus
est, wie der Lateiner sagt, der Mensch ist dem Menschen ein Wolf. So ist es
wohl. Die Welt ist krank, Inspektor, zum Sterben krank, und nicht nur, was die
Menschen betrifft.“
    „Wie meinen Sie das?“
    „Als wir vor über fünf Jahrzehnten ins Weinviertel
gekommen sind, war zwar unsere Heimat zertrümmert, doch das Bauernland lebte.
Bunte Vielfalt statt öder Monokulturen, und zwischendurch immer wieder
Buschgruppen und Bäume. Haben Sie in Ihrem jungen Leben schon einmal einen
Weingartenpfirsich gekostet? Nein? Da haben Sie viel versäumt, Herr Inspektor.
Und schauen Sie, hier, diese Robinien.“
    „Robinien?“
    „Akazien, wie man hierzulande nicht ganz korrekt
sagt. Wunderschön in ihrer Blüte und ein Fest für die Bienen. Aber dieses
Feldgehölz ist ein stiller Mörder. Ein fremdländisches Gewächs, kommt aus
Nordamerika. Wo die Robinie an Macht gewinnt, verödet der ursprüngliche heimische
Wuchs. So verkommen die Wiesenhänge und Hecken, die Waldränder und die
Lichtungen.“
    „Das war mir noch nie so bewußt.“ Polt blickte um
sich. „Natürlich habe ich als Bub die Landschaft noch aufregender erlebt - und
das Dorf. Es ist sehr ruhig geworden hier an der Grenze, nicht wahr?“
    „Eine Friedhofsruhe. Die Fleißigen finden keine Beschäftigung,
die Klugen keine Möglichkeit, etwas aus ihrer Begabung zu machen. Der Abschaum
bleibt, Ballastexistenzen: die dumpfen Säufer und die Parasiten, die Lebensuntüchtigen
und die Arbeitsunfähigen.“
    „Sie sind wohl ziemlich verbittert, wie?“
    „Sagen Sie mir einen Grund, warum ich es nicht sein
sollte, Inspektor. Aber ich liebe diese Landschaft. Und in den letzten
Jahrzehnten habe ich sie mir Schritt für Schritt vertraut gemacht, als guten
Freund sozusagen, in Ermangelung an Menschen.“
    „Und die Leute im Dorf?“
    „Ich brauche sie nicht. Aber natürlich weiß ich
Bescheid. Ich war schon immer ein guter Beobachter, und die Distanz läßt einen
so manches schärfer sehen. Außerdem hat mich mein täglicher Spaziergang ja
immer auch zum Kirchenwirt geführt. Irgendwann zählte ich dann wohl zum Inventar,
und man ließ mich ungestört sitzen und zuhören.“
    „Kennen Sie eigentlich den alten Herrn Wehdorn im
Zollhaus, den sie Professor nennen?“
    „Da fragen Sie mich noch? Ein hochinteressanter
Mann. Aber wir hatten nie persönlichen Kontakt, schade eigentlich. - Jetzt
habe ich Sie doch wirklich in meiner altersbedingten Schwatzhaftigkeit bis zum
Runhof verschleppt, Inspektor.“
    „Das stört mich nicht. Kann ich auch gleich Ihrer
Frau guten Tag sagen.“
    „Wie Sie meinen. Vielleicht haben wir sogar noch
Kaffee im Haus.“ Breitwieser öffnete das Hoftor. „Kein Licht im Stall. Recht
so. Dann hat sie wohl endlich aufgehört zu arbeiten und wird in der Küche
sein.“
    Weil aber auch dort niemand anzutreffen war, gingen
die beiden die Treppe hoch. Horst Breitwieser öffnete die Tür zum
Arbeitszimmer. „Andrea, bist du hier?“ Als er keine Antwort hörte, betrat der
alte Mann hastig den Raum. Er fand seine Frau reglos in einem der beiden
Ohrenstühle vor dem Kamin. „Andrea, um Himmels willen, was ist los?“ Frau
Breitwieser wachte auf und strich mit der Hand über die Stirn. „Was soll los
sein? Ich habe geschlafen.“
    „Du kannst einem schon einen Schrecken einjagen.
Sind die Tiere versorgt?“
    „Ja, natürlich.“
    „Haben wir vielleicht noch Kaffee? Ich meine, wenn
Inspektor Polt schon da ist?“
    „Nein, ich fürchte nicht.“
    „Dann werden wir eben darben. Kommen Sie zur Sitzgruppe,
Inspektor. Sie kennen Ihren Sessel ja schon. Setzt du dich zu uns, Andrea?“
    „Laß mich bitte, ich bin sehr müde.“
    Inspektor Polt schaute zum Fenster und sah, daß
schon der Abend dämmerte. Dann wandte er sich Florst Breitwieser zu. „In den
nächsten Wochen wird es zur Verhandlung kommen, was diesen Unfall mit Rudolf
Riebl angeht.“
    „Damit ist zu rechnen.“
    „Ich möchte eigentlich einen Strich unter meine
diesbezüglichen Ermittlungen ziehen.“
    „Das kann ich verstehen. Ich fürchte nur, daß von
meiner Seite aus alles gesagt ist.“
    „Sie kennen die neueste Entwicklung noch nicht. Aber
lassen wir das vorerst.
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