Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blumen fuer Polt

Blumen fuer Polt

Titel: Blumen fuer Polt
Autoren: Alfred Komarek
Vom Netzwerk:
Sie hatten an diesem Tag Ihren üblichen Spaziergang
vernachlässigt, nicht wahr?“
    „Eine absolute Seltenheit in meinem regelmäßigen Leben.
Ich war mit dem Auto unterwegs, aus einem denkbar unerfreulichen Anlaß
übrigens. Ich hätte den Gutsherrn aufsuchen sollen, um über eine Stundung der
Pacht zu verhandeln. Oder sagen wir besser: darum zu betteln. Es ist wirklich
entwürdigend, Inspektor.“
    „Und vorher haben Sie sich beim Kirchenwirt Mut angetrunken,
sehe ich das richtig?“
    „Nicht ganz. An Entschlossenheit fehlt es mir nicht.
Ich wollte nur dieses schale Gefühl im Mund loswerden. Mit Armut kann ich
leben, Inspektor, mit Hunger auch, aber nicht mit Erniedrigung.“
    „Also gut. Die Trunkenheit am Steuer kann Ihnen niemand
abnehmen. Was die wirkliche Ursache des Unfalls betrifft, kommt zu Ihrer
eingeschränkten Fahrtüchtigkeit und zum schlechten Zustand Ihres Autos aber
noch etwas dazu. Es gibt einen Zeugen, der angibt, daß der Riebl nach Ihrem
dreimaligen Hupen einen Blick auf Ihren Wagen warf und dann erst das Moped verrissen
hat.“
    „Davon habe ich nichts bemerkt. Und was folgern Sie
daraus, Inspektor?“
    „Erst einmal das Nächstliegende. Der Riebl Rudi hat
in den letzten Jahren immer wieder Unfälle provoziert. Nehmen wir einmal an,
daß er Sie beobachtet hat, wie Sie im Kirchenwirt getrunken haben. Sie hätten
sich demnach als idealer Unfallgegner präsentiert.“
    „Ja, wenn Sie das so sehen.“ Der alte Mann schien erleichtert
zu sein.
    „Natürlich war der Riebl ein gerissener Kerl, und er
wußte, wer Sie sind, Herr Breitwieser.“
    „Ja, und?“
    „Das bedeutet, daß er auch Ihre wirtschaftliche
Situation kannte. Viel war da für einen potentiellen Erpresser nicht
herauszuholen.“
    „Da haben Sie natürlich recht. Ich werde die Sache
auch so durchstehen.“
    „Ich bin noch nicht fertig. Wenn Sie also für den
Riebl als Unfallgegner uninteressant waren, dann hat er sich nicht aus
Berechnung vor Ihr Auto fallen lassen, sondern weil er tödlich erschrocken
ist, als er Sie im Umdrehen erkannt hat.“
    „Bin ich denn so zum Fürchten?“
    „Sie haben den Riebl mit voller Absicht angefahren,
nicht wahr?“
    Horst Breitwiesers Gesicht blieb unverändert. Seine
Hände waren ruhig, und in seinen Augen blitzte Spott auf.
    „Originelle Idee. Und warum sollte ich das getan haben?“
    „Muß ich es Ihnen wirklich
sagen?“
    „Bitte. Man lernt ja nie
aus.“
    „Vielleicht, weil er Sie beobachtet hat, oben, am todten Hengst?“
    „Dazu hätte er oft Gelegenheit gehabt. Ich komme
dort nahezu jeden Tag vorbei.“
    „Ich rede nicht von jedem Tag, sondern vom Unfallstag.“
    „Denken Sie doch nach, Inspektor. Ich sagte Ihnen
schon, daß eine betrübliche Autofahrt meinen Spaziergang ersetzen mußte.“
    „Nicht ganz. Vom Runhof bis zum Lößabsturz waren Sie
ja doch als Fußgänger unterwegs.“
    „Sie phantasieren.“
    „Es gibt einen Zeugen, oder besser gesagt, es gab einen.“
    „Habe ich die Ehre, ihn zu kennen?“
      „Ehre war's wohl keine. Ich rede vom Riehl Rudi.“
    „Wenn mir Zynismus
gestattet ist: Dieser Zeuge redet nicht mehr.“
    „Es gibt noch einen
Zeugen, und auch der ist tot.“
    „Sie sind verwirrt,
Inspektor.“
    „Eine andere Frage. Ist Ihnen bei Ihren
Spaziergängen oberhalb des Lößabsturzes eine kleine Gestalt aufgefallen?“
    „Natürlich. Da ist meist einer in der Wiese
gesessen, dieser..., dieser Behinderte, nicht wahr?“
    „Ihr Sohn Willi, Herr
Breitwieser.“
    Horst Breitwieser setzte eben zu einer verächtlichen
Handbewegung an, als seine Frau neben ihn trat. „Sei endlich still, Horst. Ich
ertrage es nicht mehr. Sie sprechen schon die Wahrheit, Inspektor, lassen Sie
mich berichten. Willi ist Anfang 1945 in Wien zur Welt gekommen. Gleich nach
der Geburt war seine Behinderung offensichtlich.“
    Horst Breitwieser schaute ins Leere. „Es gibt auch
ein ehrliches Wort dafür: Idiotie.“
    „Mein Mann war wie von Sinnen. Er wollte sein unglückseliges
Kind aus den Augen haben, in ein Heim stekken. Sie wissen, Inspektor, was das
in dieser Zeit bedeutet hätte. Fritz Brenner war schon damals sehr mit mir befreundet.
Als wir nach Brunndorf zogen, hat er den Säugling hierhergebracht und einer
Frau vor die Tür gelegt, von der man annehmen konnte, daß sie für das Kind
sorgen würde. Fritz ist dann mir zuliebe auf dem Hof geblieben.“
    Polt strich müde über seine Augen. „Und eines Tages
ist Ihr Mann auf den Gedanken gekommen, daß jener
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher