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Blüten, Koks und blaues Blut

Blüten, Koks und blaues Blut

Titel: Blüten, Koks und blaues Blut
Autoren: Léo Malet
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persönlich entführen, um ihn
vor Strafe zu schützen. Sagen Sie, Kommissar, könnten wir nicht mal fünf
Minuten lang ernsthaft miteinander reden? Meine Arbeit ist beendet, bevor sie
überhaupt begonnen hat. Aber ich glaube fast, die Sache hier interessiert mich.
Was haben Sie bis jetzt herausgefunden?“
    „Nichts. Aber das hindert uns nicht daran,
gewisse Meinungen zu haben.“
    „Nichts? Nicht mal ‘n paar saubere Blüten?“
    „Nein. Der Graf hat alles vernichtet, bevor er
sich selbst vernichtete.“
    Mit einer Kopfbewegung wies er auf einen Haufen
Asche im Kamin. Ich ging näher ran. Der Mann aus Monaco wühlte zusammen mit dem
im Kittel in den Rückständen. Ein Stück Pappe, ein Stück Leder sowie eine rund
zehn Zentimeter lange angekohlte Schraubenfeder hatten sie bereits beiseite
gelegt.
    „Für Sie ist der Fall also erledigt, nicht wahr?“
sagte ich zu Pellegrini, der sich neben mich gestellt hatte. „Er ist tot,
mausetot. Was können Sie daran ändern?! Und ich kann ihn auch nicht wieder
lebendig machen, leider... Hätte gern gewußt, wozu er mich engagiert hat. Aber
so kann ich nur ein Glas auf ihn trinken... Wiedersehn, Kommissar, hat mich
sehr gefreut!“
    Pellegrini hielt mich am Jackenschoß fest.
    „Gehen Sie nicht schon fort, Monsieur Burma. Ich
hatte noch nie die Gelegenheit, einen Privatdetektiv von nahem zu sehen.
Wirklich, Sie sind mir weniger unsympathisch, als ich gedacht hatte. Geben Sie
mir Ihre Adresse, falls ich mal Lust habe, mit Ihnen zu plaudern...“
    „Ach ja?“ unterbrach ich ihn lachend. „Liebe auf
den ersten Blick, hm? Wissen Sie, wenn Ihnen Zweifel an der Selbstmordthese
kommen sollten: Als der Graf verschied, muß ich mich so zwischen Marseille und
Toulon befunden haben. Und ich schwöre Ihnen, ich habe ihn noch nie von so nah
zu Gesicht bekommen wie seit einer Viertelstunde. Was die gefälschten Banknoten
betrifft, so erinnere ich mich nicht, jemals in einen derartigen Fall
verwickelt gewesen zu sein. Ich gebe nur mehr oder weniger redlich verdientes
Geld aus.“
    „Sie können mir aber trotzdem Ihre Adresse geben“,
beharrte der Korse.
    „Gerne! Ich bin im Hôtel du Cirque abgestiegen. Sie können mich dort jederzeit erreichen.“
    Er ließ mein Jackett los. Ich ging zur Tür,
drehte mich jedoch noch einmal um und wandte mich an den weißen Spitzbart.
    „Wenn ich Ihnen empfehle, die Leiche sorgfältig
zu untersuchen, Doktor, dann fassen Sie das bitte nicht als Beleidigung auf.
Wissen Sie, man kann nie vorsichtig genug sein. Vielleicht handelt es sich ja
um einen natürlichen Tod. Ich bin davon überzeugt, daß der Graf an einem
Schlaganfall gestorben ist.“ Der Spitzbart reckte sich mir streitsüchtig
entgegen. Sein Besitzer hustete, so als ersticke er an seinen Worten.
    „An einem... Sagen Sie“, dröhnte Pellegrini, „kann
es sein, daß der Herr aus Paris ein bißchen plemplem ist? An einem
Schlaganfall, haben Sie gesagt?“
    „Allerdings... An einem Schlaganfall,
hervorgerufen durch den Stau seines blauen Blutes.“
    Mit diesen Worten ging ich, Dédé Milandre im
Schlepptau, hinaus.

Jacqueline
Andrieu
     
    Draußen hatten sich noch ein paar weitere Gaffer
zu der Menge gesellt. Ein junger Telegrammbote erinnerte mich an die
Nachlässigkeit meiner Sekretärin, die so traurige Konsequenzen gehabt hatte.
Aber noch jemand anders ließ mich an Hélène Chatelain denken: eine junge Frau
mit blondem Haar, die meiner Sekretärin ziemlich ähnlich sah.
    Sie entstieg gerade einem Simca, an dessen
Steuer ein anderes junges Mädchen saß, knallte die Tür zu und lief achtlos über
die Straße. Ihre Hand knetete ein zusammengerolltes Taschentuch. Sie hatte sich
in aller Eile geschminkt, und die Wimperntusche verlief mit dem Rouge ihrer
Wangen. Hübsch sah das wirklich nicht aus. Eine schlechte Reklame für
wasserfeste Tusche. Die junge Frau wollte sich durch die Menge drängen, als ich
sie am Arm festhielt und zur Seite zog.
    „Seien Sie nicht blöd“, raunte ich ihr zu. „Dies
ist nicht der richtige Augenblick, um in dem Kasten da aufzukreuzen. Die Flics
stehen fast auf dem Billardtisch!“
    Sie sah mich aus ihren verweinten Augen an. Wie
Hélènes Augen waren sie grau und wunderschön, im Moment jedoch angsterfüllt.
    „Was... was macht das... schon“, stammelte sie. „Man
hat mir gesagt, daß Pierre... tot ist... Aber... aber wer sind Sie überhaupt?“
    „Ein Freund von Pierre. Und den holen weder Ihre
Tränen noch ihre unbesonnenen Handlungen ins Leben
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