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Bloss kein Kind

Bloss kein Kind

Titel: Bloss kein Kind
Autoren: Cornelia Lotter
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den ich nicht mehr so schnell losgeworden bin.
     
    In der Zeit danach habe ich mich gefragt, wie es wäre, mit Günther Kinder zu haben. Und obwohl er viele Seiten hat, die dafür sprechen, dass er ein guter Vater sein könnte, hat er auch andere Seiten, die ich damals schon kannte, wo ich mir gesagt habe: das könnte schwierig werden. Du würdest mit Vielem alleine dastehen. Er ist beruflich sehr eingebunden und kein Vater, der um vier zu Hause sein und das Wochenende gern spielend mit seinen Kindern verbringen würde. Es ist ja nun mal nicht so, dass er, nur weil er in der Lage ist, mich zu befruchten, auch automatisch ein guter Vater sein muss.
     
    Aber als wir zusammen gezogen waren und nachdem wir viel darüber geredet hatten, hatte sich bei uns beiden so ein Wunsch entwickelt, der schon in eine konkrete Planung übergegangen war, dass wir es versuchen wollten, zusammen ein Kind zu haben.
     
    Damals habe ich mich auch gefragt, woraus besteht dieser Wunsch eigentlich, ein Kind zu haben? Ist es jetzt der egoistische Wunsch, etwas für sich zu haben? Ist es die Neugier, seine eigenen Anteile und die Anteile des Partners, in einem Kind vereint zu sehen?, was ich sicherlich sehr spannend gefunden hätte. Aber für mich war bei dem ganzen Prozess immer klar, dass ich kein Kind will um des Kindes willen. Ich hätte nie ein Kind gewählt in dem Wissen, dass es meine Partnerschaft hätte gefährden können oder dass ich ein Kind gewählt hätte zu einem Zeitpunkt, wo meine Partnerschaft schon nicht mehr intakt gewesen wäre, nur um eben ein Kind zu haben. Es war immer der Wunsch nach Familie, nach einer Einheit mit diesem Kind zusammen.
     
    Ein Aspekt, der sicher eine große Rolle in unseren Überlegungen gespielt hat, war die Tatsache, dass er schon 2 Kinder hat. Wir haben uns natürlich Gedanken darüber gemacht: wie wird das für diese Kinder sein, ein Stief-Geschwisterkind zu kriegen? Beide haben aber diese Möglichkeit schon einbezogen, weil ich ja noch so jung war. Wenn wir über das Thema mit den Kindern gesprochen haben, haben wir nur positive Rückmeldungen bekommen.
     
    Durch meine Rückenoperationen hat sich aber dann leider alles in eine andere Richtung entwickelt. Nach meiner ersten Bandscheibenoperation, wenige Wochen, nachdem ich zu Günther gezogen war, hatte ich noch eine Ärztin gefragt, wie es jetzt mit einer Belastung durch eine Schwangerschaft sei und sie sagte, wenn sich alles wieder stabilisiert habe, sei das kein Problem. Das war im Januar. Und für den Herbst hatten wir uns dann vorgenommen, schwanger zu werden. Ich habe mich dann zwar schnell wieder erholt, aber auf den Sommer hin bekam ich wieder massive Rückenschmerzen. Als wir aus dem Urlaub zurück waren, hat man dann festgestellt, dass über dem alten noch mal ein neuer, massiver Bandscheibenvorfall war, der sofort operiert werden musste. Auf dem Heimweg habe ich die ganze Zeit geheult und gedacht: aber wir hatten doch für den Herbst was Anderes geplant! Mir war klar, dass damit das Aus für ein Kind gekommen war. Und das war sehr schlimm für mich.
     
    Was ich aber rückblickend gemerkt habe, ist, dass sich Gefühle für oder gegen ein Kind auch wandeln können und sehr stark vom Alter abhängen.
     
    Von dem Moment an, wo ich meine “biologische Uhr” hab ticken hören, Anfang, Mitte Dreißig, war das Thema noch einmal auf eine ganz andere Art präsent. Da habe ich gemerkt, da meldet sich so ein Bedürfnis, so ein Gefühl, was ich vorher so nicht kannte. Das scheint hormonell “etwas” mit dir zu machen. Deshalb sage ich immer zu Frauen mit Ende Zwanzig, die sagen, sie würden nie Kinder kriegen: warte mal ab!
     
    Jetzt habe ich Phasen, wo ich Kinderwägen und schwangere Frauen sehen kann, ohne dass es mir was tut, aber es gibt auch Phasen, wo ich es fast nicht ertrage, auf solche Dinge zu schauen, ohne zu denken: das wirst du nicht haben.
     
    Wenn ich für Günthers Enkelkind Sachen einkaufe, macht mir das zwar Freude, aber es fällt mir auch schwer, weil ich weiß, es ist nicht für mein eigenes Kind. Ich hoffe, dass ich nicht bitter werde, das ist sicherlich die größte Angst, die ich habe. Bitter, weil ich mir sage, ich habe die falsche Entscheidung getroffen oder ich habe mich zu sehr nach der Entscheidung der Männer gerichtet. Ich hoffe, dass ich auch mit 50 oder 60 dazu stehen kann, dass ich gut werde damit leben können und nicht überlege, wenn ich mir mal wieder ein Service kaufe, warum nimmst du eigentlich 6
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