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Blitz und der Brandfuchs

Blitz und der Brandfuchs

Titel: Blitz und der Brandfuchs
Autoren: Walter Farley
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führte. Wie tags zuvor achtete er genau auf die scharfen Steine und das Geröll in dem ausgetrockneten Flußbett. Obwohl er jeden Schritt bedachtsam tat, war seinen Bewegungen die Begierde anzumerken, die ihn so freudig erregte und vorwärtstrieb. Der Wind blies ihm scharf ins Gesicht und ermutigte ihn.
    Nachdem er die gewundene Schlucht durchquert hatte und in das kleine Tal gelangt war, galoppierte er in schnellem Tempo voran. Keinen Moment zögerte er vor dem Flüßchen, das durch das Tal floß; mit einem herrlichen Sprung flog er darüber hinweg, ohne sein Tempo zu mäßigen. Außer sich vor Freude und Erwartung stürmte er dem Jungen entgegen, den er liebte. Erst als er an die äußerste Felswand der Insel kam, hielt er mit einem Ausdruck der Unentschlossenheit in den Augen an.
    Etwa dreihundert Meter strebte die Wand steil in den Himmel, an ihrer Basis war sie wild gezackt und zerklüftet. Durch eine Öffnung strömte das Flüßchen, das dem kleinen Tal Fruchtbarkeit verlieh; aber Blitz beachtete es nicht. Er lief vor der Wand hin und her und wieherte aus voller Lungenkraft zum Meer hin. Schneller und schneller lief er; erst als sein ganzer Körper von weißem Schaum bedeckt war, hielt er an und schien endlich das Feuer bändigen zu können, das in ihm brannte. Er senkte den Kopf zur Erde und beschnupperte den steinigen Boden. Dann ging er langsam an der nackten Felswand entlang und blieb bei jeder Spalte stehen.
    Endlich fand er, was er suchte — den Tunnel, durch den er hereingekommen war. In vorsichtigem Trab folgte er dem felsigen Pfad. Die Steilwände schlossen sich über ihm, aber er verlangsamte seine Gangart nicht. Er hörte deutlich die Brandung, und die Windstöße, die ihm die geliebte Witterung zutrugen, wurden immer stärker.
    Am Ende des Felstunnels, vor der großen Höhle, fiel er in Schritt, aber er zögerte nicht, sie zu betreten. Hier war das Licht noch trüber, doch fand er seinen Weg mit Leichtigkeit. Unter seinen Hufen fühlte er feinen, weißen Sand. Allmählich wurde es heller, je mehr er sich dem Ausgang näherte, und der Wind wurde böiger. Blitz schnaubte wiederholt, doch übertönte die Brandung jeden anderen Laut.
    Als er die geräumige, halb mit Wasser gefüllte Höhle betrat, zeigte sich zum erstenmal Furcht in seinen Augen. Hier war das Geräusch des Wellenschlags betäubend stark, und noch erschreckender war der Sog des Wassers in dem Kanal. Blitz blieb stehen und wieherte mehrmals unsicher.
    Minuten vergingen, und die Witterung, die ihn hierher gelockt hatte, begann schwächer zu werden. Das machte ihn rasend, denn schlimmer als seine Furcht vor dem Meer war die Angst, den einen Menschen, den er liebte, wieder zu verlieren, nachdem er ihm schon so nahe gewesen war. Halb irre vor Enttäuschung ging er ins Wasser und schwamm auf den Ausgang zu.
    Draußen entdeckte er, daß der Wind und die Wogen heute heftiger waren als an dem Tag, an dem er Zuflucht suchend zum erstenmal an dieser Stelle gewesen war. Er schwamm weiter und weiter hinaus aufs Meer, den Kopf so hoch wie möglich haltend. Weit draußen sah er ein kleines Schiff auf den Wogen tanzen. Er wieherte, so laut er konnte, immer und immer wieder.
    Er schwamm mit dem Mut der Verzweiflung so schnell wie noch nie in seinem Leben. Zwischen den Korallenriffen hindurch, mit der Brandung kämpfend, das über seinen Kopf sprühende Wasser aus den Augen schüttelnd, hielt er unbeirrt auf die Barkasse zu, auf der er den Menschen wußte, nach dem er sich verzehrte.
    Doch das auf den Wellen tanzende Ziel, dem er zustrebte, wurde kleiner und kleiner. Und schließlich konnte er es nicht mehr sehen. Auch trug ihm der Wind die ersehnte Witterung nicht mehr zu. Er schwamm weiter, aber nur noch, um nicht zu sinken. Endlich gab er den Kampf auf. Müde und gleichgültig ließ er sich von den Wellen zu der Insel zurücktragen; es hatte keinen Sinn mehr, gegen einen so übermächtigen Gegner wie das Meer zu kämpfen. Willenlos ließ er sich treiben, bewegte die Beine nur noch so viel wie nötig war, um sich über Wasser zu halten und nicht gegen die Klippen geworfen zu werden.
    Wind und Strömung trugen ihn in südlicher Richtung zu der Insel zurück. Endlich näherte er sich der Stelle, an der die Felswände zurücktraten und die Landzunge ins Meer hinausging. Der Rappe ließ sich zu dieser Stelle treiben. Er erreichte erschöpft sicheres Land, aber er war nicht erleichtert darüber. Er fühlte nur tiefe Traurigkeit.

Das Ende der Suche

    Der
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