Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blitz und der Brandfuchs

Blitz und der Brandfuchs

Titel: Blitz und der Brandfuchs
Autoren: Walter Farley
Vom Netzwerk:
die Behauptung des Schiffers stimmte. „Nichts als nackter Fels“, hatte er gesagt, „ich glaube, ich bin schon näher daran gewesen als alle anderen.“
    Die Wellen donnerten über die Korallenriffe; das Hin- und Zurückströmen sah aus, als ob das Wasser kochte. Oft glaubte Alec, es würde die Nachteule gegen die Klippen werfen. Er betrachtete nachdenklich das Schauspiel, und ihm fiel der andere Ausspruch des Schiffers ein: „Die Insel taugt nur für den Teufel...“ Er warf einen Blick auf den Mann am Steuer und auf Henry. Wenn die beiden ihren Willen gehabt hätten, wären sie jetzt schon weit fort von hier. Der Schiffer nutzte eine Pause zwischen zwei Brechern aus, gab Gas und steuerte die Barkasse hindurch. Dann drehte er sich zu Alec herum und fragte: „Ist’s nun genug?“
    „So nahe brauchen wir ja nicht heranzufahren“, antwortete Alec. „Steuern Sie etwas weiter auf die See hinaus, es kann doch sein, daß der Wind umschlägt!“ Alec wollte einfach nicht aufgeben.
    Die Nachteule lag vor dem Wind... vor dem Wind, der über die Passagiere strich und ihre Witterung hinübertrug zu der Insel, wo der schwarze Hengst sehnsuchtsvoll wartete.

Der Wind bringt die Kunde

    Die beiden Hengste standen dicht beieinander, gleich groß, gleich gebaut und einer so mutig wie der andere. Keiner von ihnen schien geneigt, mit dem anderen um die Herrschaft über die Herde zu kämpfen. Es war, als ob im Augenblick jeder bereit wäre, des anderen Hoheit und Recht auf die Führerschaft anzuerkennen. Nur sie selbst wußten, daß dieser Freundschaftspakt befristet sein mußte. Früher oder später ging er zu Ende, vielleicht in ein paar Stunden, vielleicht in ein paar Tagen. Denn Herr der Herde konnte auf die Dauer nur einer sein... Inzwischen war jeder König mit gleichem Recht und gleichen Pflichten.
    Der Rappe Blitz, trieb zwei umherspielende Jungpferde zur Herde zurück. Er wies sie zurecht und ließ ihren Müttern einen Verweis zukommen, weil sie nicht besser aufgepaßt hatten. Er bestand darauf, alle Schutzbedürftigen in festgefügter Gruppe beieinander zu halten, bis er vollkommen sicher war, daß von keiner Seite mehr Gefahr drohte.
    Der Brandfuchs blieb ebenfalls wachsam, aber im Gegensatz zu seinem Gast brauchte er nur kurz und befehlend zu wiehern, und seine Untergebenen verstanden, was er wünschte, und gehorchten widerspruchslos. Die meisten Mitglieder der Herde waren auf seine Maßnahmen eingespielt.
    Dann kam ein Augenblick, in dem der schwarze Hengst aufhörte, hierhin und dorthin zu laufen. Er drehte sich um und hielt die geblähten Nüstern in den vom Meer herüberwehenden Wind. Er schnupperte, lauschte angespannt und hielt die Augen starr geradeaus gegen den Wind gerichtet. Nach einer Weile entfernte er sich von der Herde; offenkundig gab er seinen Wächterposten auf. Weiter und weiter lief er weg, seine Augen glänzten, seine Nüstern bebten. Er jubelte über die Nachricht, die der Wind ihm zutrug, und hob den Kopf so hoch wie möglich, als bemühte er sich, über die Felswände wegzusehen, die ihn von der See trennten. Seine Ohren waren aufgestellt beim Horchen auf ein leises, weit entferntes Geräusch. Die Witterung in seinen geweiteten Nüstern wurde immer deutlicher, je weiter er lief.
    Da stieß Blitz ein trompetendes Wiehern aus; mehrere Stuten hörten auf zu grasen und blickten ihm nach. Einige stampften mit den Hufen und wieherten Antwort; aber keine brach aus der Herde aus, um ihm zu folgen.
    Er bäumte sich hoch auf, von starker Erregung gepackt. Seine Rolle als Wächter der Herde hatte er aufgegeben; er lief bald in dieser, bald in jener Richtung gegen die Felswände, und sein Schnauben und Prusten klang laut durch das Tal. Dann wandte er sich schnell von der Herde ab und galoppierte auf das Sumpfgebiet zu; sein Schweif wehte waagerecht wie eine Fahne hinter ihm her.
    Ohne Besinnen folgte er dem Weg, den er genau kannte. Seine Huftritte vom Vortag waren im dichten Graswuchs des Tales nicht mehr sichtbar; erst als er auf den sumpfigen Boden kam, konnte er seinen eigenen deutlichen Eindrücken folgen. Er lief langsamer und wand sich vorsichtig durch die schlammige Wildnis von hohen Sumpfgräsern und Farnen; kein einziges Mal geriet einer seiner Hufe in die gefährlichen schwarzen Wasserlöcher. Seine Tritte verursachten in dem weichen, lehmigen Boden ein leise glucksendes Geräusch.
    Er überwand den Sumpfweg und gelangte in den Einschnitt, der durch die tiefer gelegene Felswand des Tals
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher