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Blitz und der Brandfuchs

Blitz und der Brandfuchs

Titel: Blitz und der Brandfuchs
Autoren: Walter Farley
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jetzt noch niedriger, so daß sie den ballonartig vorstehenden roten Kehlsack an seinem Hals erkennen konnten.
    „Warten Sie!“ rief Alec.
    „Ach wo, fahren Sie zu! Wir fürchten uns doch nicht vor ihm“, grollte Henry.
    „Deswegen nicht! Ich will ihn beobachten, er kommt mir bekannt vor!“
    „Es gibt viele seiner Art... „ Henry verstummte, die Augen wieder auf den Vogel gerichtet. „Meinetwegen, warten wir“, fügte er hinzu.
    Die Nachteule blieb mit tuckerndem Motor auf dem Wasser liegen. Über ihr schwebte der Fregattvogel; sein gegabelter Schwanz pendelte im Wind. Plötzlich schoß er mit heftigem Flügelschlag in die Höhe und stieg höher und höher in die Wolken hinauf. Sie verfolgten seinen Flug, der rhythmische Schlag seiner Schwingen erinnerte an kleine schwarze Segel. Nach kurzer Zeit schwebte der Vogel hoch über der Felsenkuppel von Azul, unentwegt seine Kreise ziehend.
    Henry sah Alec an. „Na, bist du nun zufrieden? Können wir endlich fahren?“
    Alec verfolgte stumm den Fregattvogel, der immer höher schwebte, bis nichts mehr von ihm zu sehen war als ein schwarzer Punkt am Himmel. Auch dieser verschwand schließlich. Vielleicht wollte mir der Vogel etwas sagen, dachte er. Und sein Herz war schwer.
    „Ich möchte noch einmal um die Insel herumfahren, bevor wir sie verlassen“, sagte Alec ruhig, die Augen immer noch am Himmel. „Das kann nicht so viel Zeit beanspruchen.“
    Alec sah den Schiffer an, der die Achseln zuckte. „Sie haben zu bestimmen! Auf dem Meer fahre ich Sie, wohin Sie wollen.“
    „Na gut, fahren Sie zu! Aber bitte nicht zu nahe heran an diese verwünschten Klippen, ich kann mir angenehmere Stellen zum Kentern vorstellen!“ sagte Henry.
    Das leise Tuckern des Motors ging in lautes Knattern über, und die Barkasse fuhr mit voller Kraft auf die Insel zu. Die Wellen schlugen stärker gegen den Schiffsrumpf; der Wind hatte sich aufgemacht und bewegte das Meer. Henry knurrte ungeduldig, als er gegen die Reeling geschleudert wurde. Er klammerte sich mit beiden Händen fest, während die Nachteule schneller wurde.
    Alec hielt sich ebenfalls fest und ließ das salzige Meerwasser über sein Gesicht sprühen. Er zweifelte nicht, daß der erfahrene Schiffer trotz des starken Seegangs imstande sein würde, die überall unter der Wasseroberfläche aufragenden Korallenriffe zu vermeiden. Der Mann kannte diese Gewässer, seine Augen waren geschult und scharf genug, um die Gefahren rechtzeitig zu erkennen.
    „Ich sehe Klippen vor uns!“ schrie Henry laut, um den mehr und mehr auffrischenden Wind zu übertönen.
    Der Mann am Steuer nickte nur, er hatte sein Schiff bereits nach Steuerbord gedreht und fuhr sicher an dem Riff vorbei. Je näher das Schiff der Küste kam, desto stärker wurde der Wind. Sie konnten erkennen, wie die Wogen gegen die Felsklippen brandeten. Fontänen von salzigem Schaum sprühten hoch auf.
    „Ich meine, wir sind nahe genug“, sagte Henry nervös. „Fahren Sie nicht zu nahe ans Ufer heran!“
    Wieder nickte der Schiffer stumm und steuerte die Barkasse mit ruhiger Hand an der gezackten Küstenlinie der Insel entlang.
    Alecs Augen verfolgten wie gebannt jede Zacke und jeden Umriß der Steilwände. Was suche ich eigentlich? fragte er sich selbst. Es war unsinnig, anzunehmen, ein Pferd könnte sich irgendwo auf dieser Steininsel aufhalten. Und trotzdem! Woher kam das starke Gefühl, die feste Überzeugung, daß sich Blitz in der Nähe befand, und daß sie bald wieder zusammen sein würden. Es kam doch sicher nicht daher, daß der große schwarze Vogel lange über der Insel geschwebt hatte? So als ob er ihm zu verstehen geben wollte: „Bleib und suche!“ Wurde man denn blind, wenn man etwas mit aller Kraft ersehnte?
    Der Wind wehte auf die Küste zu und wollte die Barkasse mitnehmen. Alec klammerte sich fest an die Reling, er spannte alle Muskeln so fest an, als säße er bei einem wilden Ritt auf seinem Hengst. Das Schiff rollte in der Dünung. Eine Bö ließ es schlingern und vorschießen, so daß sich der Bug aus dem Wasser hob. Alec hörte Henry schreien und sah ihn mit blassem Gesicht am Geländer hängen. Der Bug schlug mit lautem Krachen aufs Wasser zurück.
    Der Schiffer manövrierte seine Barkasse geschickt durch die höchsten Wellen an den gefährlichen Klippen vorbei.
    Die Felsmauern von Azul schienen keinen Eingang zum Inneren der Insel offen zu lassen, sie wirkten wie ein festgefügter Wall, ohne die kleinste Bresche. Alec mußte einsehen, daß
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