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Blitz und der Brandfuchs

Blitz und der Brandfuchs

Titel: Blitz und der Brandfuchs
Autoren: Walter Farley
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Morgensonnenschein. Die Dünung lief weit darauf entlang und ebbte dann zurück ins Meer.
    „Das ist doch nur ein kleiner Teil der Insel“, sagte Henry nachdenklich und wandte sich ungläubig an den Schiffer: „Sind Sie wirklich ganz sicher...“ Der große Mann, der untätig am Steuer stand, lächelte. „Völlig sicher! Mit Ausnahme dieser kleinen Landzunge ist auf Azul kein bewohnbares Fleckchen. Schon andere vor Ihnen waren neugierig, und sie mußten feststellen, daß der Rest nur aus hartem Felsgestein besteht.“ Er wurde ernst. „Es wäre wirklich das beste, Azul aufzugeben und auf den anderen Inseln zu suchen.“
    „Nein!“ sagte Alec schnell. „Wir sind fest entschlossen, hier an Land zu gehen.“
    „Sie können doch vom Schiff aus die Landzunge übersehen!“ antwortete der Schiffer unbehaglich.
    Alec sah den Mann forschend an. Warum wollte er hier durchaus nicht landen?
    Als hätte er Alecs Gedanken gelesen, sagte der Schiffer: „Dort ist der Vampir...“
    „Aber er schläft am Tage!“ erinnerte ihn Alec. „Gestern sagten Sie, daß wir nichts zu befürchten haben, wenn wir bei hellem Tageslicht an Land gehen.“
    „Ja, das stimmt“, bestätigte der Schiffer. „Aber heute nacht habe ich darüber nachgedacht, wie er uns gestern anzugreifen versuchte. Da ich von meinem Aufenthalt auf Trinidad weiß, wie sich ein Vampir normalerweise benimmt, ist auch mir klar geworden, daß sich dieser hier im schlimmsten Stadium der Tollwut befindet. Sicher stirbt er bald, sonst hätte er uns nicht so blindwütig beißen wollen.“
    „Dann ist er vielleicht inzwischen schon verendet“, sagte Henry.
    „Das wissen wir leider nicht genau. Wenn er noch lebt, wird ihn die Krankheit dazu bringen, auch bei vollem Tageslicht auf uns loszugehen. Nein, ich halte es nicht für gut, auf Azul an Land zu gehen.“ Mit diesen Worten wandte sich der Mann ab, als hätte er die Angelegenheit nun entschieden.
    Henry sagte zu Alec: „Er hat natürlich recht. Und wenn Blitz auf der Insel wäre...“, sein Blick wanderte noch einmal zu dem weißen Sandstreifen, „nun, dann hätte er sich längst gezeigt, das weißt du ebensogut wie ich.“
    „Ja, schon“, antwortete Alec zögernd, „aber da ist die Stelle der Landzunge, wo die Klippen beginnen, und bis dorthin können wir von hier aus nicht sehen
    „Wäre er da, so hätte er uns gehört oder gewittert, und dann wäre er nicht im Hintergrund geblieben“, beharrte Henry.
    „Das stimmt!“ sagte Alec. Seine Stimme war sehr leise.
    „Laß uns also wegfahren“, meinte Henry. „Wir müssen noch viele andere kleine Inseln absuchen!“ Alec zögerte: „Ich hatte nur so ein sonderbares Gefühl, gerade was diese Insel betrifft...“
    „Also mit voller Kraft voraus?“
    Alec nickte unsicher, ohne den Blick von Azul lösen zu können. Seine Augen wanderten von der Sandbank zu den steil aufragenden Klippen. Vor ihrer dunklen Silhouette sah er eine kurze, huschende Bewegung, und gleich darauf erhob sich ein großer schwarzer Vogel über der Insel, dessen gebogene Flügel und der lange, gegabelte Schwanz sich vom klaren Himmel abhoben.
    Die beiden Männer sahen den Vogel ebenfalls, und der Schiffer sagte verwundert: „Das ist ja seltsam! Ein Fregattvogel, der hier sein Nest hat!“
    „Was ist daran sonderbar?“ wollte Henry wissen, während er beobachtete, wie der Vogel auf sie zuflog.
    „Weil er sonst nur im dichten Binsendickicht oder im Gebüsch zwischen Kakteen nistet. Azul ist viel zu kahl für ihn und seine Familie.“
    Der Vogel schwebte eine Weile über der Barkasse, kam dann etwas tiefer und kreiste über dem Schiff. Sein langer, dünner Schnabel schwang von einer Seite zur anderen, während er heruntersah.
    Henry schauderte ein wenig, als ob ihn fröstelte. „Meinetwegen kann er mitsamt dem Vampir verschwinden. Ich finde, daß der eine ebenso teuflisch aussieht wie der andere.“
    „Das stimmt nicht!“ widersprach Alec. „Er ist einer der anmutigsten Vögel, die es gibt!“
    „Dann hast du dir seinen Schnabel wohl nicht angesehen, wenn du ihn hübsch findest!“ spottete Henry und starrte wie gebannt auf den langen Schnabel mit dem Höcker am Ende.
    „Er braucht einen solchen Schnabel“, erklärte der Schiffer. „Genau wie ich holt er sich seine Nahrung aus dem Meer. Nein, da bin ich der Meinung wie der Junge: Ich finde ihn schön.“
    „Ihren Geschmack in Ehren“, sagte Henry mürrisch. „Aber jetzt lassen Sie uns wegfahren!“
    Der große Vogel flog
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