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Blitz der Hengst des Sonnengottes

Blitz der Hengst des Sonnengottes

Titel: Blitz der Hengst des Sonnengottes
Autoren: Walter Farley
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größeres Rennen sein, und das fand nun leider an einem kalten und sehr windigen Tag statt; aber Henry meinte ja, das würde ihr gefallen.
    Alec streichelte immer wieder den Hals der Stute und sprach auf das Tier ein. »Nimm dich ein bißchen zusammen, die Zeit zum Spielen ist vorbei.« Heute morgen auf der Bahn, als er sie löste und aufwärmte, war sie genauso unbekümmert gewesen, was Alec eigentlich für ein gutes Zeichen hielt; denn ein Pferd sollte sein Leben genauso genießen wie ein Mensch. Wenn es nicht glücklich war, würde es auch nicht gern laufen. Vielleicht hatte Henry also recht. Vielleicht würde Pams Song das »Pferd des Winters« der Aqueduct-Rennbahn werden. Auf jeden Fall würde Henry die Stute den Winter über nicht nach Süden schicken, ja nicht einmal weg aus New York.
    Alec betrachtete die sieben anderen Pferde auf dem Sattelplatz. Sechs davon gehörten zu den besten, die in diesem Winter im Norden geblieben waren, und das siebte war extra für dieses Rennen aus Florida gekommen. Es hieß »Delta Belle« und galt als Favorit; mit 59 Kilo brachte es das höchste Gewicht ins Feld. Diese Stute Delta Belle war eine der besten Zweijährigen des letzten Jahres gewesen und hatte im »Gulfstream Park« in Florida ihre ersten drei Rennen spielend gewonnen. Sie wurde von ihrem ständigen Jockey Eduardo Gomez geritten, der nach mehreren Monaten im sonnigen Süden über das heutige Wetter nicht besonders glücklich dreinschaute.
    »Es gibt zwei Möglichkeiten, Alec«, sagte Henry. »Wenn sie gut vom Start wegkommt, laß sie laufen. Wenn nicht, warte ab, bis sie sich beruhigt hat, und löse sie aus dem Pulk.«
    Alec begegnete Henrys Blick. Trotz einer Menge Falten, die das Gesicht des alten Mannes kreuz und quer durchzogen, strahlten aus seinen Augen noch immer das Feuer und die Lebensfreude der Jugend. Henry war einer der nettesten und beliebtesten Trainer, und genauso sah er auch aus. Auf Fremde machte er einen ruhigen, geduldigen und freundlichen Eindruck. Aber Alec kannte ihn besser. Henry war übersensibel, ein Bündel nervöser Energie und ein Perfektionist. Nichts wurde jemals so gut gemacht, wie er es wünschte und wie nur er es machen konnte. Und Henry machte alles außer reiten. Heute morgen war er trotz der Kälte ohne Pause an der Arbeit gewesen, hatte Bandagen angelegt, das Jungpferd von der Bahn geholt, ja, hatte es Alec sogar abgenommen und herumgeführt, damit es sich abkühlen konnte.
    Niemand würde Henry je ändern, das wußte Alec, aber sogar so ein alter Hase wie er, und überdies sein bester Freund, konnte einmal, genau wie alle andern, einen Fehler machen.
    Henry verließ sie am Rande der Rennbahn, und Alec ritt Pams Song zu ihrer Startposition, der Nummer 8. Er wußte, daß er ein wirklich gutes Pferd unter sich hatte und daß Henry ein ausgezeichneter Trainer war, aber gleichzeitig vertraute er nicht so wie Henry darauf, daß Pams Song für Wettkämpfe wie den, den sie heute bestehen sollte, schon reif genug war. Hoffentlich hatte er unrecht. Henry würde umgänglicher sein, wenn Pams Song den alten Mann während der Wintermonate in Hochstimmung hielte. Das Pferd bewegte sich rasch hin und her unter Alec, und er hatte Mühe, sich fest im Sattel zu halten, weil es im Schnee ausglitt. Pams Song war immer übereifrig. Ebenso wie sie alles auf ihre Weise machte. Deshalb fiel es Alec schwer, ihre Geschwindigkeit während des Rennens richtig zu schätzen, denn sie setzte gern ihren Willen durch. Ein Grund mehr, sie Pams Song zu taufen; denn sie ähnelte seiner geliebten Pam sehr.
    »Du darfst nicht an Pam denken«, mahnte er sich, »nicht jetzt.« In letzter Zeit war es ihm allerdings gelungen, das Pferd dazu zu bringen, so zu laufen, wie er es wollte — manchmal wenigstens. Aber wie es sich heute benehmen würde, konnte man nicht voraussagen. So wie die junge Stute gewöhnlich loszustürmen pflegte, käme sie zweifellos als erste aus der Startmaschine, und sie würde sich widersetzen, wenn er versuchte, sie zurückzuhalten.
    Seine Finger waren kalt und steif und schmerzten, als er die Zügel anzog. Er putzte seine Schutzbrille und rückte sie fester über seinem Fielm zurecht. Es hatte aufgehört zu schneien, aber ein Wind in Sturmstärke fegte ihn fast aus dem Sattel. Doch achtete er weder auf den Wind noch auf die Schmerzen in seinen Fingern, denn er wußte, daß es den anderen Reitern ebenso erging. Wichtig war, sich jetzt ganz auf das Pferd und das bevorstehende Rennen zu
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