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Blind

Blind

Titel: Blind
Autoren: Joe Hill
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sie auf, als wenn ihr jemand auf den Schwanz getreten wäre, und läuft weg.
    Mein Stiefvater war sein Leben lang Spiritist. Ich glaube, er ist nur deshalb noch hier, weil er meiner Tochter zeigen will, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist. Aber sie ist erst elf und muss ein normales Leben führen, sie sollte in ihrem eigenen Zimmer schlafen und nicht in meinem. Ich kann an nichts anderes mehr denken, als dass ich für Paps ein anderes Zuhause finden muss. Es wimmelt doch nur so von Leuten, die an ein Leben nach dem Tod glauben wollen. Tja, den Beweis dafür habe ich hier bei mir im Haus.
    Ich werde meinen Stiefvater an den höchsten Bieter ›verkaufen‹. Natürlich kann man eine Seele eigentlich nicht verkaufen, aber ich glaube, wenn Sie ihn herzlich willkommen heißen, wird er bei Ihnen einziehen und bleiben. Wie gesagt, als er gestorben ist, war er nur vorübergehend bei uns und hatte kein richtiges Zuhause, deshalb bin ich mir sicher, dass er bleibt, wenn man ihn nur wirklich haben will. Sie dürfen nicht glauben, dass ich Sie austricksen oder Ihnen einen Streich spielen und nur Ihr Geld kassieren will und Ihnen dann nichts schicke. Der siegreiche Bieter bekommt etwas Handfestes für seine Investition. Ich werde Ihnen seinen Sonntagsanzug schicken. Wenn es etwas gibt, was mit seinem Geist verbunden ist, dann ist es der Anzug.
    Der Anzug ist ein sehr schönes altmodisches Stück von Great Western Tailorings Feine silberne Nadelstreifen … bla bla … Satinfutter … bla bla …« Danny hörte auf zu lesen und deutete auf den Bildschirm. »Da, die Maße, Chef. Genau deine Größe. Achtzig Dollar sind bis jetzt geboten. Also, wenn du dir einen eigenen Geist anschaffen willst… sieht ganz so aus, als wärst du mit hundert dabei.«
    »Kauf das Ding«, sagte Jude.
    »Im Ernst? Was soll ich bieten, hundert?«
    Jude kniff die Augen zusammen und schaute auf den Bildschirm. Unter der Beschreibung des Verkaufsobjekts stand neben dem Sofort kaufen -Button: $ 1.000,00. Er klopfte nachdenklich mit dem Zeigefinger auf den Schirm.
    »Okay, den Tausender, und Schluss«, sagte er.
    Danny schwang sich auf seinem Drehstuhl herum. Er grinste und hob die Augenbrauen. Danny hatte hohe gewölbte Jack-Nicholson-Brauen, die er äußerst effektvoll einzusetzen wusste. Möglicherweise erwartete er eine Erklärung, aber Jude war sich nicht sicher, ob er ihm – oder auch nur sich selbst – hätte erklären können, warum er einen Geist ersteigern wollte. Später fiel ihm ein, dass das vielleicht ein ganz guter Publicity-Gag sein könnte: Judas Coyne kauft Poltergeist. Fans verschlangen solche Geschichten. Aber das kam erst später. Jetzt, in diesem Augenblick, wusste er nur, dass er ihn haben wollte.
    Jude drehte sich um und wollte nach oben gehen, um nachzuschauen, ob Georgia schon angezogen war. Er hatte ihr zwar schon vor einer halben Stunde gesagt, sie solle sich was anziehen, trotzdem rechnete er fest damit, dass sie noch im Bett lag. Er hatte so eine Ahnung, dass sie da auch so lange bleiben würde, bis sie den Streit bekam, auf den sie aus war. Sie saß wahrscheinlich noch in Unterwäsche auf dem Bett, lackierte sich entweder sorgfältig die Fußnägel schwarz oder surfte auf ihrem Laptop durch Websites für Gothic-Accessoires und suchte nach dem perfekten Metallstift, den sie sich durch die Zunge piksen konnte. Als ob sie noch nicht genug von diesem gottverdammten … Auf einmal, beim Gedanken an Surfen und Internet, fiel ihm etwas ein. Er drehte sich wieder zu Danny um.
    »Wie bist du eigentlich da draufgekommen?«, fragte er und nickte in Richtung Computer.
    »Die haben uns eine E-Mail geschickt.«
    »Wer sind die?«
    »Die Leute von dem Online-Laden, der diese Versteigerungen macht. Die haben eine E-Mail geschickt: ›Sie haben früher schon ähnliche Artikel gekauft, möglicherweise interessiert Sie auch dieses Angebote«
    »Wir haben früher schon ähnliche Artikel gekauft?«
    »Schätze, die meinen okkulte Sachen.«
    »Ich habe bei denen noch nie was gekauft.«
    »Vielleicht doch, und du hast es bloß vergessen. Oder ich, in deinem Auftrag.«
    »Verfluchtes Acid«, sagte Jude. »Mein Gedächtnis war mal erstklassig. In der Highschool war ich im Schachclub.«
    »Ehrlich? Kann ich mir gar nicht vorstellen.«
    »Was? Dass ich im Schachclub war?«
    »Ja, kommt mir irgendwie … na ja, abgedreht vor.«
    »Genau. Als Schachfiguren habe ich abgeschnittene Finger benutzt.«
    Danny lachte – ein bisschen zu laut. Er bekam fast
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