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Blind vor Wut

Blind vor Wut

Titel: Blind vor Wut
Autoren: J Thompson
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aus.
    »Meinen Füller, Allen. Gib ihn mir.«
    »Füller …?« Ich starrte ihn an. »Welchen Füller?«
    »Ich sagte, gib mir meinen Füller! Tu es, oder ich filze dich und nehme ihn dir gewaltsam ab!«
    Es klopfte an der Tür. Mr. Velie überhörte es und wiederholte seine Forderung, dann klopfte es erneut. Diesmal lauter.
    »Ja, bitte?«, sagte er barsch. »Ich bin beschäftigt.«
    »Ich bin’s, Josie, Sir. Ich …«
    »Ich hab doch gesagt, ich bin beschäftigt! Kommen Sie später wieder!«, sagte er laut und wendete sich wütend wieder zu mir. »Ich besitze einen schwarzen Füllfederhalter mit Goldring. Er lag auf meinem Schreibtisch, als du heute Morgen hier warst, und später fiel mir auf, dass er fort war. Wenn du ihn nicht auf der Stelle zurückgibst, dann …!«
    »Ich habe ihn nicht«, sagte ich.
    »Natürlich hast du ihn! Josie, wollen Sie wohl endlich aufhören, gegen die Tür zu hämmern! Wer denn sonst. Du bist ein gerissener kleiner Dieb, deine eigene Mutter sagt es, und …«
    »Nein, nein, genommen hab ich ihn schon«, unterbrach ich ihn. »Aber ich habe ihn nicht mehr.«
    »Wo ist er dann? Was hast du damit gemacht?«
    »Ich bin darauf herumgetrampelt und habe ihn ins Klo geworfen«, antwortete ich.
    Er verpasste mir eine Ohrfeige – eher einen Schlag – mit der halb geschlossenen Hand. Bevor ich mich wieder aufrappeln konnte, kam Josie hereingeplatzt. Sie baute sich schützend vor mir auf und starrte Velie mit funkelnden Augen an.
    »Hier!« Sie hielt ihm einen Füllfederhalter hin – einen schwarzen Füller mit Goldring. »Das ist doch Ihr Füller, oder?«
    »A-aber – was – wo haben Sie ihn …« Mr. Velie schluckte und biss sich auf die Lippen. »Ich … ich dachte …«
    »Sie sind gegen elf Uhr heute Morgen bei mir gewesen, um mit mir zu sprechen. Sie wollten bis nach dem Mittagessen fort sein, und ich hatte noch ein paar Unterlagen, die Sie unterschreiben mussten. Nachdem Sie gegangen sind …«
    »Auf Ihrem Schreibtisch …«, sagte er halb stöhnend, halb flüsternd. »Ich habe ihn auf Ihrem Schreibtisch liegen lassen …«
    »Genau. Ich habe ihn eingesteckt, damit er nicht verloren geht oder gestohlen wird. Und wenn Sie mir nur die Chance gegeben hätten, ein Wort zu sagen, wenn Sie mich beim ersten Klopfen hereingelassen hätten …«
    »Bitte«, winkte er schwach ab. »Glauben Sie vielleicht, ich würde mich nicht schon schlecht genug fühlen, ohne …«
    Josie erklärte streng, dass er sich auch besser schlecht fühlen solle . Man müsse ihn eigentlich bei der Schulaufsicht melden, und falls ich eine Beschwerde einreichen wolle, würde sie alles bezeugen.
    »Und das meine ich ernst, Mr. Velie! Jedes einzelne Wort davon. Und wenn Sie mich feuern wollen, nun, ich glaube sowieso nicht, dass ich für einen Mann wie Sie arbeiten möchte!«
    Velie sagte wieder: »Bitte«, diesmal flehend. »Natürlich werde ich Sie nicht feuern, und ich möchte auch nicht, dass Sie kündigen. Wenn Sie das einfach vergessen könnten, und – Allen – ich kann dir gar nicht sagen, wie leid mir das tut, aber …«
    »Ach, um Himmels willen …«, sagte ich und lachte herzlich und gutmütig. »Wozu die ganze Aufregung? Das war alles nur ein dummes Missverständnis, und keinem wurde wehgetan. Warum vergessen wir nicht die Angelegenheit und tun so, als wäre nichts geschehen?«
    »So tun, als wäre nichts geschehen? Nachdem er – nachdem Mr. Velie dir fast den Kopf abgeschlagen hat, und …!«
    »Ach, Blödsinn!«, sagte ich lachend und fügte hinzu, dass Velie mich überhaupt nicht angerührt habe. »Ich hab mich nur ein wenig zu schnell hingesetzt und dabei den Stuhl umgeworfen. Und wenn Mr. Velie bereit ist, mir meine Grobheiten ihm gegenüber zu verzeihen …«
    Ich streckte ihm die Hand hin und lächelte ihn an. Velie packte meine Hand und riss sie mir fast ab vor Dankbarkeit. Was für ein feiner junger Mann ich doch sei, sagte er, welche Größe ich zeigte, indem ich die Angelegenheit so sah, und Josie machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte hinaus.
    Ich zwinkerte ihm kumpelhaft zu und flüsterte: »Überlassen Sie das mir, Sir. Ich werde ihr das schon erklären. Ach, übrigens …«, ich sah an mir herab, »ich sollte wohl besser in den Waschraum gehen und mich ein wenig frisch machen. Ich weiß, ich müsste eigentlich im Unterricht sein, aber die Stunde ist schon halb vorbei, und …«
    »Tu das, Allen. Was immer du möchtest«, sagte Mr. Velie eifrig. »Und wenn dir nicht mehr nach Unterricht
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