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Blaubeeren und Vanilleeis

Blaubeeren und Vanilleeis

Titel: Blaubeeren und Vanilleeis
Autoren: Gudrun Helgadottir
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Kinder wurden zum Zimmeraufräumen verdonnert und Opa nahm sich die Werkstatt vor. Er fegte und räumte, weil Mama noch eine große Bestellung für das Geschäft am Flughafen fertig machen musste.
    Tumi steckte die Einladungen in Umschläge, und Opa wollte sie anschließend mit dem Auto ausliefern, um die Briefmarken zu sparen. Mama lud alle möglichen Leute ein, ihre Tanten und Onkel, Cousinen und Cousins, auch Papa und Sigga und Papas Verwandtschaft. »Das ist nämlich auch eure Verwandtschaft«, sagte Mama. Außerdem lud sie noch ihre Freunde aus dem Naturverein und dem Nähklub ein und einige, mit denen sie gemeinsam die Kunstschule besucht hatte.
    »Kommt auch Opa aus dem Norden?«, fragte Tumi.
    »Das glaube ich kaum«, sagte Mama. »Er ist so krank, seit eure Großmutter gestorben ist. Ich wollte eigentlich euren Vater bitten, dass ihr ihn bei nächster Gelegenheit mal wieder besucht.«
    Mama hatte eine schicke Einladungskarte mit Vögeln und Blumen und Schmetterlingen gestaltet. Und im Hintergrund war, etwas blasser, der Wallhof zu sehen. Das hatte sie am Computer gemacht, daher war es kein Problem, einen ganzen Stapel Karten zu drucken. Nach vielem Hin und Her und unzähligen Vorschlägen einigten sie sich auf folgenden Text:
    Wir laden ein zu Lollas 30 . Geburtstag auf dem Wallhof am 10 . Mai um 17 Uhr.
    Kinder sind willkommen.
    Bitte keine Geschenke außer Freude und Glück und vielleicht ein bisschen Kleingeld für die Naturvereinskasse im Garten.
    Lolla, Tumi, Vildis und Vala
    Durch jeweils eine Ecke der Karten hatte Mama einen Ring aus vergoldetem Draht gezogen.
    »Damit man die Karte auch irgendwo aufhängen kann und niemand vergisst zu kommen«, sagte sie voller Vorfreude.
    »Als würde das jemand vergessen«, sagte Vildis enttäuscht. Die nicht gewünschten Geschenke bereiteten ihr mehr Sorgen.
    »Ich verstehe Mama nicht«, sagte sie kurz darauf zu Tumi. »Mama braucht doch so vieles.«
    »Was zum Beispiel?«, fragte Tumi geistesabwesend.
    »Du versteht auch gar nichts«, sagte seine Schwester gereizt. »Zum Beispiel Klamotten, Schals, Schminkzeug. Solche Sachen kauft sie sich nie. Und eine neue Mikrowelle könnte sie auch gebrauchen. Unser Schrottteil macht doch schon ganz komische Geräusche. Und eine Ringform. Die alte ist total verkohlt. Mama braucht so wahnsinnig viel.«
    »Wer verschenkt denn schon eine Ringform zum Geburtstag?«, fragte Tumi verdattert. »Das ist doch bescheuert. Was ist das überhaupt?«
    »Also echt! Das weißt du nicht? Darin backt man Kuchen«, sagte Vildis. »Unter anderem auch für dich.«
    »Braucht sie nicht auch Putzklamotten?«, fragte Tumi und kicherte. »Oder eine Klobürste?«
    »Du bist echt schrecklich«, sagte Vildis und stapfte wütend davon.

    Was angeblich alles im Haushalt fehlte, interessierte Tumi nun wirklich nicht. Doch er wusste etwas, was Mama unbedingt brauchte: Sie brauchte einen Mann.
    Einen guten Mann, der sie ins Kino ausführte oder einfach nur mit ihr spazieren ging. Und der alles reparierte, was kaputtging, damit Opa sich nicht immer um alles kümmern musste, was Mama nicht allein hinbekam. Zum Glück schaffte sie aber eine ganze Menge selbst.
    Und als Tumi so dastand und seiner stinkwütenden Schwester hinterhersah, war es, als würde ein Blitz geradewegs in seinen Kopf fahren. Eine großartige Idee war geboren: Er würde dafür sorgen, dass Filialleiter Hermann zur Geburtstagsfeier kam. An diesem Tag würde alles so richtig fein und schön bei ihnen auf dem Wallhof sein, Mama würde Ton und Farbkleckse abgeschrubbt und sich herausgeputzt haben und absolut unwiderstehlich sein, und auch die Geschwister würden geschniegelt und gescheitelt und wahnsinnig höflich zu den Gästen sein. Und das Essen wäre zum Reinsetzen, so gut.
    Tumi war überzeugt, dass Hermann ganz wild darauf sein würde, Mama zu heiraten. Wenn nicht, dann wäre etwas nicht ganz in Ordnung mit ihm.
    Und so beschloss Tumi, ihm eine Einladung zu geben.
    Ein Familienmitglied kennt der Filialleiter ja schon, dachte Tumi: ihn selbst.
    Also steckte Tumi die Karte in einen Umschlag und schrieb darauf:
An den Filialleiter.
Alle betonten immer, wie außergewöhnlich schön seine Schrift sei, und diesmal gab Tumi sich besonders viel Mühe. Er würde sich mit der Einladung in die Bank schleichen und den Umschlag am Schalter liegen lassen. Gegen Überraschungsgäste hatte Mama bestimmt nichts einzuwenden.
    Vor einiger Zeit hat Oma nämlich erzählt, wie ihre Tochter am Heiligen Abend
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