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Blankes Entsetzen

Blankes Entsetzen

Titel: Blankes Entsetzen
Autoren: Hilary Norman
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im Sommer 1993, an dem Abend, nachdem sie gefeiert hatten, dass nach Jahren des Schreibens von Zeitschriftenartikeln die Vicuna Press nun Lizzies erstes Buch Viel Spaß in der Küche verlegen würde.
    Christopher war aus London nach Hause gekommen. Obwohl ausgelaugt nach vielen Stunden in den Operationssälen der Beauchamp-Klinik (an der er außerdem einen der Direktorenposten bekleidete) und des St. Clare’s Hospital hielt er einen Strauß weißer Rosen in der Hand und sagte Lizzie, wie klug sie sei und wie stolz er auf sie sei und was für eine brillante Karriere sie vor sich habe. Und er bestand trotz seiner Müdigkeit darauf, sie zum Abendessen nach Bray auszuführen.
    Alles war wundervoll.
    Bis gegen drei Uhr morgens, als er Lizzie weckte, indem er seine Nachttischlampe einschaltete, ihr Nachthemd hochzog und sie entschlossen zwischen den Beinen streichelte, bis er sicher sein konnte, dass sie halbwegs bei Bewusstsein war.
    »Ich schlafe noch halb.« Sie lächelte zu ihm hoch, schob seine Hand jedoch weg.
    »Das macht mir nichts«, sagte er und drückte die Hand wieder zurück.
    Sein Kuss war das Erste, das sie erschreckte, weil er so grob war. Doch er vertrieb ihre Schläfrigkeit binnen weniger Sekunden und erregte sie so, dass sie ihn mit gleicher Leidenschaft erwiderte.
    »Oh, Lizzie«, sagte er und begann sofort, sie zu lieben – auch das auf ungewohnt grobe Weise.
    »Sei vorsichtig, Schatz«, bat sie ihn nach ein paar Augenblicken.
    »Halt den Mund«, sagte er grob und machte weiter.
    Hinterher sagte Lizzie sich, es sei ja nicht viel passiert – nur ein leiser Misston, etwas, das sie so schnell wie möglich vergessen sollte. Schließlich war nichts Schlimmes geschehen. Nur dieser Hauch von Grobheit.
    Und diese Worte.
    »Halt den Mund.«
    Christopher redete sonst nie so mit ihr.
    Am nächsten Morgen beim Frühstück sprach sie es an.
    »Das war ungewöhnlich«, sagte sie. »Letzte Nacht, meine ich.«
    »Ungewöhnlich?«
    »Ich meine damit nicht, dass wir uns geliebt haben«, sagte sie. »Das war schön.«
    »Das fand ich auch.«
    »Aber …«
    »Aber was?«, fragte Christopher.
    »Du warst ein bisschen grob«, sagte sie.
    »Tut mir Leid«, entgegnete er. »Tut mir wirklich Leid, Lizzie.«
    »Ist schon in Ordnung«, sagte sie. »Ich war nur überrascht.«
    In diesem Augenblick regte sich etwas in Christophers Gesicht. Ein Hauch von Enttäuschung, schien es Lizzie.
    »Ich hatte gehofft …«, sagte er, verstummte dann aber.
    »Was hattest du gehofft?«, fragte Lizzie neugierig.
    »Nichts«, sagte er. »Ist nicht wichtig.«
    Sechs Bücher und ein weiteres Kind später versuchte Lizzie immer noch, alles auf die Reihe zu bekommen, um das Angebot annehmen zu können, das Andrew France ihr überbracht hatte, denn es widerstrebte ihr, ihre Kinder längere Zeit allein zu lassen.
    Dann machte ausgerechnet Christopher es nicht nur möglich, sondern fast unvermeidlich, das Angebot zu akzeptieren.
    »Ich komme mit nach Europa«, verkündete er, »mit den Kindern und mit Gilly.«
    »Wie willst du das denn anstellen?« Lizzie dachte an seine täglichen Anforderungen im Krankenhaus.
    »Es ist schon so gut wie organisiert.« Er sah ihr Gesicht. »Selbstverständlich nur in der Theorie. Und vorausgesetzt natürlich, du machst keine Einwände.«
    Es war angenehm warm für März, und sie saßen in dicke Wollpullover eingemummelt auf der Terrasse im Garten und tranken Kaffee.
    »Erstens«, sagte Christopher, »weißt du, dass niemand dich hinsichtlich spezieller Bedürfnisse nervt, wenn ich dabei bin.«
    Damit hatte er so Recht, dass ihr keine passende Antwort einfiel.
    »Zweitens könnten wir viel für unsere gute Sache bewirken.« Christopher warf Lizzie einen herausfordernden Blick über den Rand seiner Brille zu. »Besonders, falls du dich entschließen solltest, einen Teil deiner Honorare zu spenden.«
    »Oh.« Lizzie war verblüfft.
    »Es würde dir doch nichts ausmachen, oder, Liebling? Dalia war hin und weg, als ich ihr von der Idee erzählte.«
    Falls es einen Weg gab, Geld aus einem Stein zu pressen, war Dalia Weinberg von der HANDS-Hauptgeschäftsstelle in der Regent Street die Richtige. Sie war mittlerweile über sechzig, doch ihr Enthusiasmus und ihre Tatkraft stellten so manchen in den Schatten, der halb so alt war.
    »Du hast schon mit Dalia gesprochen? Eher als ich?«, fragte Lizzie.
    »Tut mir Leid, ja. Ich hab mich hinreißen lassen. Du musst zu der Spende nicht Ja sagen. Es war nur eine Idee.«
    »Es
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