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Blackout

Blackout

Titel: Blackout
Autoren: Gregg Hurwitz
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seitlich neben dem Haus erregte meine Aufmerksamkeit. Vielleicht rüttelte der Wind am Zaun? Ich ging um die Ecke und warf einen Blick zurück zur Straße. Die Straßenlaternen auf dem Gehweg vor dem Haus gegenüber flackerten nacheinander, als huschte eine Gestalt an ihnen vorbei. Doch wie konnte ich sicher sein? Ich war froh, dass ich kein Licht angemacht hatte, so dass sich meine Augen nicht erst an die Dunkelheit gewöhnen mussten, doch der Mond, der sich hinter Johnsons Platane verloren hatte, half mir nur wenig. Ich trabte zur Eingangspforte und lief über meine gepflasterte Auffahrt mitten auf die Straße, wo ich verwirrt eine Runde in Boxershorts drehte. Keine Spur von jemand, kein Geräusch von einem anspringenden Motor.
    Ich ging denselben Weg wieder zurück, trat ins Haus und sicherte die Schiebetür hinter mir. Da – auf dem Teppich konnte man im Leuchten der fernen Lichter der Stadt ein paar schmutzige Abdrücke ausmachen, geformt wie ein C, wahrscheinlich von einer Schuhsohle.
    Telefon tot. Handy oben. Ich, der Medienliebling, in Unterwäsche, im Vollbesitz meiner geistigen Kräfte und heiß geliebt von der örtlichen Polizei.
    Leise schlich ich mich in die Küche. Die Augen immer auf den Eingang gerichtet, griff ich blind nach dem Küchenprofimesser mit der Fünfundzwanzigzentimeterklinge und zog es aus dem Messerblock. Dabei spürte ich an den Fingerknöcheln eine Leere, die nicht hätte da sein dürfen, und blickte auf den Messerblock. Zwischen den Messergriffen ein schwarzer Schlitz.
    Das Filetiermesser fehlte.

[home]
    3
    E in unbescholtenes Mitglied der prominenten französischen Gemeinde der Stadt, dessen Leben von einem Krimischreiberling ein Ende gesetzt worden war. Von einem Aufsteiger, dessen Aufstieg hiermit sein Ende gefunden hatte. Sechs Monate, nachdem sie ihn verlassen hatte, war er morgens um 1 Uhr 30 in ihr Haus eingebrochen. Er war in die Küche gegangen, wo er sich ein Filetiermesser griff, den Zwilling aus dem gleichen Messerblock, den sie für ihn gekauft hatte. Er schlich in das Schlafzimmer, in dem er nicht mehr willkommen war, und erstach sie. Dort entdeckte man ihn mit blutverschmierten Händen über ihrem Körper. Als die Polizei eintraf, war sie tot, und er hatte gerade einen Anfall. Mit Blaulicht brachte man ihn ins Krankenhaus, wo die Ärzte den Gehirntumor entdeckten und eine Notoperation durchführten. Als er am nächsten Morgen aufwachte, war der Tumor entfernt und mit ihm – so behauptete er – seine Erinnerung an alles, was seit dem Frühstück des vorangegangenen Tages geschehen war. Amnesie auf Bestellung, ein alter Trick aus schlechten Romanen. Die Sorte Verteidigung, die nur in Los Angeles funktionieren konnte.
    So hat der
Enquirer
die Geschichte dargestellt. Und die
L.A. Times, Fox News
und sogar die
Vanity Fair.
Die Geschichte ist völlig falsch, bis ins letzte Detail, aber sie erzählen sie mit der Leidenschaft der Boulevardpresse.
    Ich kann sie nur so erzählen, wie ich sie erlebt habe.
    Ich verbrachte meine erste Nacht in Haft damit, mich in das Waschbecken aus rostfreiem Stahl zu übergeben, bis sich meine Magenschleimhaut so durchgewetzt anfühlte wie die schmale Matratze auf dem festgeschraubten Bettgestell. Nach fast achtundvierzig Stunden unter Bewachung im Universitätskrankenhaus war ich in einer Isolationszelle im siebten Stock des Twin-Towers-Gefängnisses gelandet. Die Metallzelle war eng und hatte eine viereckige Maueröffnung, durch die die frische Luft der Innenstadt von Los Angeles hereinströmte. Ich vermisste mein Bett, die gerahmten Zigarettenschachtel-Sammelkarten mit Figuren aus Shakespeare-Stücken, die neben meinem Schrank hingen. Ich vermisste meine Mutter und meinen Vater. Ich hatte in meinem Leben schon unzählige schlaflose Nächte verbracht, ganz zu schweigen von den ruhelosen frühen Morgenstunden zu der Zeit, als sich der Zustand meiner Eltern verschlechterte – bei meiner Mutter nach einer Reihe von schwächenden Schlaganfällen in ihren Sechzigern, bei meinem Vater, achtzehn Monate später und weniger grausam, war es ein Aneurysma. Aber nichts – nichts – was ich erlebt hatte, ließ sich auch nur annähernd mit der absoluten Schwärze dieser Nacht vergleichen.
    Tag für Tag kommandierten die Wachen die Gefangenen unten durch einen schmalen Durchgang, und zu meiner Zelle mit den grauen Wänden stieg das Geräusch von klirrenden Fußfesseln empor, körperlose Stimmen, starke und gebrochene, schwarze und weiße, meist
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