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Blackout

Blackout

Titel: Blackout
Autoren: Gregg Hurwitz
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Sitcom-Autor vorbeikommen und sein neuestes Material austesten wird, nachdem die abgeklärte Kellnerin das zweite leere Glas des Zwei-Getränke-Minimums abgeräumt hat. Dann Richtung Westen nach Boys Town, wo schwule Pärchen in allen Größen und Formen der eingeschränkten Vorstellungskraft der Heteros eine Lektion erteilen, wo Softporno-Reklametafeln neben glühenden Tarotkarten und Tattoo-Studio-Werbung hängen, wo Liebespaare sitzen und ihren Kaffee schlürfen. Einen Steinwurf weiter stehen die Pornopaläste mit ihrem ganzen purpurfarbenen Polystyrol, und die Schilder mit den Park- und Halteverboten türmen sich übereinander wie an Totempfählen und entziehen sich jedem Deutungsversuch. Vorbei am Urth Café, in dem abgehalfterte geschiedene Frauen auf ihrem organischen Salat herumkauen, mit Gesichtern, die vom Tablettenkonsum gezeichnet und von den Kollagenunterspritzungen angeschwollen sind – ein einziger Zermürbungskrieg des Fleisches. Die aalglatte Schlange des Sunset Boulevard hinunter mit ihren alten Anwesen, dem hellen und schamlosen Hustler-Shop, ihren tausend Lichtern an den Feiertagen. Durch Beverly Hills mit seinen Palmen, die schon so oft gefilmt wurden, ohne dass man jemals ihre Schönheit hätte einfangen können. Jogginganzüge auf Segway-Elektrorollern unterwegs zu Valentino, blutjunge angehende Berühmtheiten, die mit ihren Schoßhündchen bummeln gehen, Männer mit ihren unsichtbaren Handy-Kopfhörern, die vor Restaurants und an Ampeln stehen und einsam vor sich hin murmeln in einem Dialog ohne Gegenüber.
    Dann Westwood, dann Brentwood, wo Mütter aus den besseren Stadtvierteln ihre ebenmäßigen Kinder in Designer-Kinderwägen über die Bauernmärkte schieben und sich begeistert von Hotels auf Bali erzählen. Dann weiter zu den Palisades, zum Santa Monica Canyon und nach Malibu, die funkelnde Küste hinauf, die nach Auspuffgasen riecht und mit Möwenguano bedeckt ist. Durch die Canyons, tiefe rostfarbene Falten, die aussehen wie Erzadern oder die Falten weiblicher Genitalien, die Luft überraschend frisch und mit Salz gesättigt.
    Meine Wangen waren nass von der Meeresbrise und auch, weil mir das Herz überging bei der Betrachtung des Lichtermeers. Los Angeles. Ein Wunder von einer Stadt, die wie kalter Schweiß vom Rücken der Goldgräber und Eisenbahnarbeiter floss und Gestalt annahm, als Piratenfilmverleiher auf der Flucht vor Edisons Patenten den Zug bestiegen und unter dem Schutz von Ostküstenleibwächtern ihr Glück versuchten.
    Los Angeles, das Land des endlosen Versprechens. Und des endlosen Scheiterns. Das Los Angeles der kleinen Grausamkeiten. Das Los Angeles der flüchtigen Hierarchien, der aufgesprühten Sonnenbräune, des Grapschens im Vorübergehen. Das L.A. der verbundenen, frisch operierten Nasen, der Chai-Speisekarte, der Verleumdungsklagen. Der Berufsbezeichnung mit Bindestrich. Der Garagen für zwei Jeeps. L.A. mit seiner Offenheit und seinen vorgefertigten Meinungen. L.A. mit dem bombastischen Sonnenuntergang, mit seiner lauen Nachtluft, die einen ganz betrunken macht. Das L.A. der verlängerten Jugend, der Verführung in Zeitlupe, der alterslosen, ersetzbaren Blondine. Das L.A., in dem ein Pornostar als Gouverneur kandidiert und eine Action-Figur die Wahl gewinnt.
    Das L.A., in dem irgendeinem armen Idioten oder einem Glückskind jederzeit alles passieren kann. Wo dir alles passieren kann.
    Wo mir alles passiert war.

[home]
    2
    I ch sitze in meinem Highlander und fahre eine steile Straße hinauf. Das einzige Licht kommt von meinen Scheinwerfern und der von Zweigen gedämpften Straßenbeleuchtung. Der Schweiß läuft mir über die Stirn und beißt in meinen Augen. Ein strenger Geruch wie von geschmolzenem Gummi hängt mir in der Nase. Ich fahre schnell. Die Straße ist absurd schmal und ich muss immer wieder parkenden Autos ausweichen. Ich kenne diese Straße. Mit quietschenden Reifen durchfahre ich eine Haarnadelkurve, und da ist es auch schon, da kommt es in Sicht.
    Genevièves Haus.
    Düster ragt es dort vorne auf, ein hölzernes Gesicht, das aus einer Felswand herausstarrt. Die Pfähle gehen wie Tentakel in den Boden. Über die Schindeln rankt der Efeu.
    Die Uhr in meinem Armaturenbrett leuchtet, 1 Uhr 21 .
    Ein jäher Krampf schnürt mir die Brust zusammen. Ich fahre rechts ran, ein wenig zu hektisch, so dass ein Vorderreifen auf den Gehweg hüpft und einen Sprinklerkopf am Rand des bescheidenen Rasenstücks zerstört. Ich werfe meine Autotür auf und renne die
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