Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr
Autoren: Ambler
Vom Netzwerk:
durchgehen zu lassen. Sie bestehen schlicht aus stümperhaftem unwissenschaftlichem Umgang mit kleineren Glücksfällen; beispielsweise dem zufälligen Auftauchen eines herkömmlich kriminellen Informanten, der von Dingen redet, deren wahre Bedeutung ihm selber noch nicht einmal andeutungsweise aufgegangen ist.«
    Damit hatte sie ihre Meinung klar zum Ausdruck gebracht. Es wäre klüger gewesen, wenn sie es damit hätte bewenden lassen. Statt dessen war sie dazu übergegangen, einige ihrer Kritiker abzukanzeln.
    »Verständlicherweise schreckten die Anhänger älterer Schulen der Kriminologie davor zurück, die Existenz des Kompetenten Kriminellen zu akzeptieren. Sie haben es vorgezogen, die bereits übermäßig beackerten Studienfelder der Jugendkriminalität und des nach Mafia-Art organisierten Verbrechens weiterhin zu bearbeiten oder den Gerichtsmedizinern ins Handwerk zu pfuschen.«
    Die Kritiker hatten wütend zurückgeschossen. Unter den vergleichsweise höflicheren war einer gewesen, der sie daran erinnert hatte, daß Phänomene, die ohne »unwissenschaftliche Stümperei« so ungemein schwierig zu beobachten seien, sich häufig als bloße Einbildung derjenigen erwiesen, die behaupteten, sie beobachtet zu haben. Der Kompetente Kriminelle könne in dieser Hinsicht durchaus mit solchen Abwegigkeiten wie den fliegenden Untertassen und den grünen Männchen aus dem Weltraum verglichen werden. Und gab es nicht auch schlichte Gemüter, die noch immer an Geister glaubten?
    Arme Dr. Henson. Mit ihrer wahrheitsgemäßen, aber unglückseligen Anspielung auf Stümperei hatte sie sich ihren Gegnern ans Messer geliefert. Dennoch blieb ihre Offenheit nicht unbelohnt, denn die Kontroverse, die durch sie hervorgerufen wurde, lenkte Professor Kroms besondere Aufmerksamkeit auf sie. Er hatte natürlich von ihrem Buch gewußt, aber jetzt wurde er an sie und an die Ansichten, die sie vertrat, erinnert, und das in einem entscheidenden Augenblick.
    Er hatte etwas Bemerkenswertes entdeckt, und er brauchte verwandte Seelen, mit denen er das Erlebnis teilen konnte.
    Connell hat unterstrichen, welche Schwierigkeiten es den neuen Kriminologen bereitet, Quellenmaterial als solches zu erkennen. Henson war noch weitergegangen. Einzig Krom, mit seiner reichen Erfahrung, kann jetzt, nachdem er zufällig an eine ergiebige und verläßliche Quelle geraten ist und sie als solche erkannt und seinerseits beschlossen hat, geduldig zuzuwarten und zu beob­achten, ermessen, welches Glück er gehabt hat.
    Mir sind nur zwei weitere ähnlich gelagerte Fälle dieser Größenordnung bekannt. In beiden waren die Folgen für alle Betroffenen höchst unerfreulich. Es kam zum Versagen von Nerven und zu bedauerlichen Rückfällen in primitive Verhaltensweisen, nicht ganz so unerwarteten wie diejenigen, von denen ich zu berichten habe, aber nicht weniger empörenden. In keinem dieser Fälle jedoch gab es Überlebende.
    Krom hat also, ob er es nun zugeben will oder nicht, in mehrfacher Hinsicht Glück gehabt. Das entscheidende war ohne Zweifel die Entdeckung seiner Glück­sfall-Quelle in mir.
    Von den Versagern der Welt, in der ich mich bewege, bin ich einst bezichtigt worden, nahezu sämtliche antisozialen Eigenschaften zu besitzen. Man hat behauptet, daß ich sowohl als Geschäfts- wie auch als Privatmann durchweg treulos, verschlagen, rücksichtslos und betrügerisch, nachtragend, heimtückisch, sadistisch und schlechthin abscheulich sei. Ich könnte diese Liste beliebig verlängern. Nur etwas hat kein Mensch, kein Mensch je behauptet, nämlich daß ich die Anwendung von Gewalt bei anderen gutheiße, geschweige denn selber ausübe oder organisiere. Zimperlichkeit? Ängst­lichkeit? Halten Sie davon, was Sie wollen. Ich habe genügend Gewalttätigkeit erlebt, um mich davon zu überzeugen, daß, selbst wenn sie erfolgversprechend zu sein scheint, wie in manchen politischen Machtkämpfen, der Erfolg gewöhnlich am Ende nur scheinbar ist und nicht real.
    Selbstverständlich erwarte ich keine Gerechtigkeit; das wäre zuviel verlangt; aber ich glaube, daß ich ein Anrecht habe auf einen fairen Prozeß vor der einzigen Instanz, die ich anerkenne, der einzigen, deren Urteil mir heute etwas bedeutet; und das ist die öffentliche Meinung.
    Jetzt, da der wahre ›Mister X‹ von mir identifiziert worden und das ganze Ausmaß seiner Perfidität kein Geheimnis mehr ist, sollten diejenigen, die bereit sind, das Beweismaterial unvoreingenommen und objektiv abzuwägen –,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher