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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr
Autoren: Ambler
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etwas in ihrer Tasche haben könnte, was dort nicht hineingehört. Ich werde auf meinem Zimmer sein, wenn er soweit ist, mir zu berichten.«
    Während ich wartete, nahm ich mir die drei Akten wieder vor und las meine eigenen Anmerkungen dazu nochmals durch.
    Bei den dreien handelte es sich, nach Alter und akademischem Rang geordnet, um:

    FRITS BÜHLER KROM, Professor für Soziologie und Sozialpolitik
    Nationalität: Niederländisch
    Alter: 62
    Personenstand: Verheiratet, zwei Söhne, eine Tochter.

    Mein eigenes Büro hatte diese Informationen anhand von Standard-Nachschlagewerken in wenigen Minuten zusammengestellt. Die einzige zusätzliche Information über sein Privatleben, an die ich herankommen konnte, beschränkte sich – ganz im Gegensatz zu denen über seine offenbar bis in die kleinste Einzelheit bekannte berufliche Tätigkeit an der westdeutschen Universität, wo er lehrte – auf die Auskunft, daß er acht Enkelkinder hatte und ein neuntes unterwegs war.

    GEORGE KINGHAM CONNELL , Assistenzprofessor, Departement für Sozialwissenschaften
    Nationalität: USA
    Alter: 36
    Personenstand: Verheiratet, eine Tochter (von erster Ehefrau, die sich von ihm scheiden ließ), zwei Söhne (aus jetziger Ehe).

    Ich hatte eine Notiz in Händen, die besagte, daß er sich gegenwärtig in Europa aufhalte, um auf Einladung der Universität Freiburg im Breisgau, BRD , an einem Seminar teilzunehmen, und daß seine Familie derzeit an einem See im Staat Maine, USA , in Urlaub sei.
    Die amerikanische Agentur, die von mir mit der Connell-Ermittlung beauftragt worden war, hatte sich darüber beschwert, daß ich ihr so wenig Zeit ließ. Trotzdem hatte sie eine überraschende Menge Campus-Klatsch zusammengetragen. Eine Eintragung berichtete von einer »weitverbreiteten Annahme«, daß gewisse Mitglieder des Universitätsvorstandes heftig gegen jede Erneuerung von Dr. Connells Vertrag opponierten, weil er sonst zum Associate Professor aufsteigen und so zu einer Dauerstellung kommen könnte. Die Opponenten, hieß es, seien ausnahmslos Juristen.

    GERALDINE HOPE HENSON , Wissenschaftliche Assistentin, Sozialwissenschaftliche Fakultät
    Nationalität: Britisch
    Alter: 33
    Personenstand: Geschieden, keine Kinder.

    Die britische Agentur hatte dem detaillierten Bericht über Dr. Hensons Werdegang und der Einschätzung ihrer Kreditwürdigkeit zum Schluß eine privatere Note angefügt. Henson war ihr Mädchenname, den sie nach ihrer Scheidung wieder angenommen hatte. Von ihren vielen Freunden jedoch wurde sie zärtlich »Hennie« genannt.
    Krom, Connell, Henson.
    Soziologen alle drei, ansonsten aber offenbar ohne sonderlich viele Gemeinsamkeiten. Ein Blick auf die Titel einiger ihrer veröffentlichten Bücher und Schriften, und schon ändert sich das Bild. Diese Gelehrten sind alle drei nicht nur Kriminologen, sondern Kriminologen einer neuen und besonderen Spezies; sie haben alle den gleichen Tick.
    Kroms Die Lombrosische Fehldiagnostik in der gegenwärtigen Kriminologie und seine Grenzen der Kriminaluntersuchung mögen nicht so eindeutig bilderstürmerhaft sein wie Connells Legende vom organisierten Verbrechen oder Hensons Der Berufsverbrecher – sechs Untersuchungen von Inkompetenz , aber sein Vorwort zur monumentalen Verbrechensstatistik 1965–1975, eine analytische Auswertung , verdeutlicht seinen Standpunkt. Gemeinsam mit solchen Kapazitäten wie John A. Mack (Glasgow) und Hans-Jürgen Kerner (Tübingen), aber auch jüngeren Gelehrten wie Connell und Henson, hat er sich den Reihen jener kriminologischen Häretiker angeschlossen, die glauben, daß die Mehrzahl der gegenwärtigen Vorstellungen über Kriminalpsychologie, Kriminalbiologie und Kriminalpsychiatrie entweder irrig oder irrelevant sei. Sie glauben dies, weil sie überzeugt sind, daß das, was die Kriminologen jahrein, jahraus so emsig studiert haben, nicht der Kriminelle ist, wie er oder sie vorkommen mag, sondern nur ein, zwei Unterarten der Gattung sind, die sich erwischen lassen und immer schon haben erwischen lassen.
    Zur grimmigen Erheiterung von Polizeibeamten alter Schule, denen allein schon die Idee widerstrebt, glauben sie überdies an die Existenz einer kriminellen Spezies oder Subspezies, von der bislang wenig oder gar nichts bekannt war: an die des kompetenten Kriminellen.
    Kroms Beschreibung der Spezies gehört zu den berühmteren. Sie war Teil eines Vortrags, der auf einer Tagung der International Police Association in Bern gehalten wurde. Wenngleich er, der
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