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Bitte keine Rosen mehr

Bitte keine Rosen mehr

Titel: Bitte keine Rosen mehr
Autoren: Ambler
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dieser Teil des Steuervermeidungsgeschäfts werfe hohe Profite ab. Ohne seine Nebenwirkungen wäre das Spiel es nicht wert, gespielt zu werden. Durch die Organisation dieser Veranstaltungen lernen wir Leute kennen und sammeln Informationen.
    Nicht daß wir jemals jemanden bespitzelt hätten; das meine ich nicht. Wenn uns etwas vorzuwerfen war, dann unsere Naivität – wie ich jetzt erkenne. Natürlich haben wir uns stets dafür interessiert, wer unsere Seminarteilnehmer waren, für ihre Herkunftsländer, die Pässe, die sie bei sich trugen, und die Gebiete, auf denen sie sich spezialisiert hatten; aber diese kleinen Dossiers, die wir zusammenstellten, kamen in erster Linie unseren Seminarleitern zugute. Von Anfang an war es stets Symposia-Politik gewesen, zu unseren Seminarveranstaltungen, wie delikat ihr Gegenstand auch sein mochte, jeden zuzulassen, der willens war, seinem Antrag einen Scheck für die Seminargebühren beizulegen. Wir erwarten von den maßgeblicheren Regierungen, daß ihre Finanzbehörden vertreten sind – und für gewöhnlich sind sie das –, wodurch, besonders wenn der Vortragende seinerseits ein ehemaliger Finanzbeamter ist, der Diskussionsanteil oft lebhafter wird. Die Atmosphäre ist jedoch im wesentlichen eine wohlwollender Rivalität und gegenseitiger Achtung. Beide Seiten tun ganz einfach ihre Arbeit, so gut sie können und unter ziemlich klarer Einschätzung der gegenseitigen Stärken und Schwächen. Selbstverständlich geht alles sehr diskret zu, aber man macht sich selten etwas vor. Ich weiß nur von zwei Fällen, wo jemand sich unter falschem Namen angemeldet hat.
    In dem einen Fall handelte es sich um einen Journalisten, der für ein französisches Skandalblatt arbeitete. Das Seminar, an dem er teilnahm, war zur Hauptsache dem Thema uneingeschränkter und steuerfreier Treuhandkonzepte gewidmet. Er gab sich als Anwalt aus. In dem Artikel, den er nach dieser Maskerade verfaßte, brachte er es fertig, nicht nur eine gänzlich irrelevante Attacke gegen multinationale Konzerne zu reiten, sondern auch deutlich werden zu lassen, daß er nicht einmal genau wußte, was ein Trust ist.
    Der zweite Fall war, wie wir sehen werden, anders gelagert.
    Der Journalist war sogleich entdeckt worden. Krom war überhaupt nicht entdeckt worden; hauptsächlich deswegen nicht, weil der Name, unter dem er sich angemeldet hatte, nicht falsch genug war. Er hatte ihn sich mit Wissen und Billigung des Eigners geborgt, so daß die übliche nachrichtendienstliche Überprüfung nichts ergab, was uns hätte alarmieren können.
    In meiner offiziellen Eigenschaft als Direktor des Instituts mußte ich den Vorsitz übernehmen und die Vortragenden einer oder zweier Veranstaltungen einführen. Die erste der Sitzungen, die ich leitete, fand am Nachmittag des zweiten Tages statt. Sie endete um siebzehn Uhr. Eine Stunde später machte sich Krom mit mir bekannt.
    Seine Art, das zu tun, hatte etwas Makabres an sich und beunruhigte mich offen gestanden sehr. Zweifellos entsprach genau das seiner Absicht.
    Der Empfangschef rief mich auf meinem Zimmer an.
    Er war ein Mann, der mich und meine Stimme gut kannte. Dennoch fragte er übervorsichtig, ob er mit Mr. Firman spreche.
    »Gewiß tun Sie das. Was ist?«
    Wir sprachen gewöhnlich französisch miteinander. Jetzt begann er englisch zu reden. Offenbar las er ab, was er zu sagen hatte.
    »Mr. Firman, ich wurde gebeten, Ihnen zu sagen, daß Mr. Kramer und Mr. Oberholzer aus Zürich hier in der Hotelhalle warten, um Sie zu sprechen.«
    Da beide Herren tot waren – Kramer im wörtlichen Sinn und Oberholzer im bildlichen –, versetzte mir die Ankündigung einen ziemlichen Schlag.
    Ich sagte: »Ah, so. Diese beiden Herren sind da?«
    »Das ist es, was man mir zu sagen aufgetragen hat, Sir.«
    Seine Stimme klang ungewöhnlich formell. Ich hielt es für möglich, daß er glaubte, es gehe um eine polizeiliche Angelegenheit.
    Da wir uns in Brüssel befanden, hielt ich das für höchst unwahrscheinlich. Wir standen in bestem Einvernehmen mit den dortigen Behörden. Tatsächlich wäre ich, wenn ich hätte annehmen können, daß es sich lediglich um eine polizeiliche Angelegenheit handele, ungemein erleichtert gewesen.
    »Ich bin in ein paar Minuten unten, Jules.«
    »Danke, Sir.« Noch immer sehr förmlich, nachgerade gequält förmlich.
    Ich wartete nicht ein paar Minuten. Ich ging schnur­stracks hinunter, und zwar über die Nottreppe. So konnte ich die Umgebung von Jules’ Empfangstisch
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