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Bisswunden

Bisswunden

Titel: Bisswunden
Autoren: Greg Iles
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bewaffnete Straßenpunks mit ihren Blicken niedergestarrt hat.
    »Das hier ist nicht der Ort, um über Komplikationen zu sprechen«, sagt sie. »Deswegen werde ich jetzt auch nicht damit anfangen. Ich weiß nicht, was zwischen Ihnen beiden vorgeht, und ich will es auch gar nicht wissen. Doch was immer es ist, es gefährdet diese Ermittlungen. Deswegen werden wir Folgendes tun: Dr. Ferry wird nach Hause fahren. Das fbi wird sich heute Nacht um die Bisswunden kümmern. Und vorausgesetzt, das Bureau hat keine Einwände, werde ich eine neue forensische Odontologin für die Sonderkommission anfordern.«
    Ich will widersprechen, doch Piazza hat meine Episode in der Küche mit keinem Wort erwähnt. Sie spricht offensichtlich über etwas, gegen das ich mich nicht wehren kann. Irgendetwas, wovon Sean mir gesagt hat, ich solle mir deswegen keine Gedanken machen. Warum bin ich dann wütend? Ehebrecher denken immer, sie wären diskret, und trotzdem finden andere Menschen es heraus.
    Ein Streifenpolizist kommt ins Büro und stellt mein Stativ und meine beiden Koffer auf den Boden. Wann hat Piazza ihm gesagt, dass er meine Sachen packen soll? Als ich bewusstloswar? Nachdem der Mann gegangen ist, sagt Piazza: »Sean, Sie bringen Dr. Ferry zum Wagen. Seien Sie in zwei Minuten zurück. Und morgen früh Punkt acht Uhr sind Sie in meinem Büro. Verstanden?«
    Sean blickt seiner Vorgesetzten in die Augen. »Verstanden, Ma’am.«
    Captain Piazza sieht mich an; in ihren Augen spiegelt sich Mitgefühl. »Dr. Ferry, Sie haben in der Vergangenheit bemerkenswerte Arbeit für uns geleistet. Ich hoffe sehr, dass Sie dieses Problem gelöst bekommen, was immer es sein mag. Ich schlage vor, Sie konsultieren einen Arzt, falls Sie es nicht bereits getan haben. Ich glaube nicht, dass ein paar Tage Urlaub für Sie reichen.«
    Sie geht nach draußen und lässt mich mit meinem verheirateten Geliebten und dem Chaos zurück, das ich wieder einmal aus meinem Leben gemacht habe. Sean nimmt meine beiden Koffer und will zur Tür. Wir können nicht riskieren, hier miteinander zu reden.
    Warmes Wasser tropft von den Eichenblättern, als wir schweigend den Block hinuntergehen. Es hat geregnet, als ich im Haus gewesen bin, ein typischer New-Orleans-Schauer, der nichts dazu beigetragen hat, die Stadt abzukühlen oder sauber zu waschen; stattdessen hat er die schwüle Feuchtigkeit noch erstickender gemacht und noch mehr Dreck in den Lake Pontchartrain gewaschen. Doch die Luft riecht nach Bananenstauden, und in der Dunkelheit wirkt die Straße täuschend romantisch.
    »Was ist da drin passiert?«, fragt Sean, ohne mich anzusehen. »Wieder eine Panikattacke?«
    Meine Hände zittern, doch ich vermag nicht zu sagen, ob es von meinem Anfall im Haus herrührt, vom Alkoholentzug oder der Konfrontation mit Captain Piazza. »Ich glaub schon. Ich weiß es nicht.«
    »Sind es diese Morde? Es hat beim dritten Opfer angefangen, bei Nolan.«
    Ich höre an seiner Stimme, dass er sich Sorgen macht. »Ich glaube nicht.«
    Er sieht mich an. »Ist es unsere Beziehung, Cat?«
    Selbstverständlich ist es unsere Beziehung! »Ich weiß es nicht.«
    »Ich habe dir doch gesagt, dass Karen und ich darüber gesprochen haben, zu einem Anwalt zu gehen. Es ist nur wegen der Kinder, weißt du. Wir …«
    »Fang jetzt nicht damit an, okay? Nicht heute Abend.« Meine Kehle schnürt sich zu, und ein säuerlicher Geschmack füllt meinen Mund. »Ich bin in dieser Situation, weil ich mich selbst hineingebracht habe.«
    »Ich weiß, aber …«
    »Bitte.« Ich balle die Faust, damit meine Rechte nicht zittert. »Okay?«
    Diesmal spürt Sean die Hysterie in meiner Stimme. Als wir den Audi erreichen, nimmt er meine Schlüssel, schließt auf und lädt meine Koffer auf den Rücksitz. Dann blickt er in die Richtung, aus der wir gekommen sind, zum Haus von LeGendre, wahrscheinlich um sicherzugehen, dass Piazza uns nicht beobachtet. Dass er so etwas tun muss, selbst jetzt noch, ist wie ein Messer in meinen Leib.
    »Sag mir, was das alles wirklich zu bedeuten hat«, fordert er mich auf, wobei er sich wieder zu mir umdreht. »Irgendetwas verschweigst du mir doch.«
    Ja. Aber ich werde dir diese Szene nicht hier auf der Straße machen. Nicht jetzt. Nicht so. Selbst ich habe noch ein paar Träume, und diese nasse Straße, unmittelbar nach einem Mord, gehört nicht dort hinein. »Ich kann das nicht«, stoße ich hervor. Mehr schaffe ich nicht.
    Seine grünen Augen weiten sich zu einem stillen Flehen. Sie können
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