Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03
Autoren: Karl Bleibtreu
Vom Netzwerk:
Vorstellungen im Kriege schadet, getäuschte Hoffnung gerinnt zu ärgerlichem Mißtrauen. Beide Parteien erfanden sich einen Sieg, weil sie eine Niederlage vermieden. Im Dezember schob sich die Lage so zurecht, um Abfluß vieler Teile nach anderen Schlachtfeldern zu gestalten. Stetes Gehen und Kommen von Kräften. Was hat es für einen Zweck zu verwischen, daß der Kampf bis Neujahr nicht abriß! Die V. L. stufen es chronologisch ab. Unser geringer Verlust bis Mitte Januar lehrt, daß eben dem Feind der Atem ausging. Der famose Oberst Repington schrieb: »Unsere Offiziere und Mannschaften sind schrecklich gelichtet, die Deutschen haben zwar 20 000 Tote, doch sind immer noch zahlreicher als wir.« Man sei nicht im Stande regelmäßigen Ersatz zu bekommen. Hört! Hört! Wären die Deutschen zahlreicher gewesen, so sollte er lieber als Grund dafür auf die übervollen Grabhügel der Verbündeten blicken. Der deutsche Ring schmolz aber immer mehr, bald ging außer der 3., 4., 26. D., 25. R. D., auch das 3. R. K. nach Osten, die rheinischen Regimenter nach dem Elsaß. Bei 52. D. trat 142. badische, bei 46. D. das 89. Rgt. als Auffüllung ein. Das war alles, zuletzt blieb von der ganzen Herrlichkeit prächtiger Massenentfaltung nur ein Schatten übrig.
    French meldete offiziell 88 000 Verl. von August bis Neujahr, doch man hielt ihm vor, dies sei viel zu niedrig. Bei der absichtlichen Unvollständigkeit der amtlichen Listen ergänzte die Presse auf eigene Hand den Offiziersverlust, Geständnisse von Wissenden ergaben 20 000 Tote im Oktober, 24 000 im November und eine Weihnachtsbescherung von ferneren 3000. 47 000 Tote multipliziert mit je 4 Verwundeten liefern rund 235 000. Beim Unterschlagen aller französischen Listen bleibt man auf die zugestandene Ziffer von 20 000 verlorenen Offizieren angewiesen, tatsächlich gesteht man heute 340 000 Tote bis Neujahr, was 1 360 000 Verwundeten entspricht. Jedenfalls verlor die Entente bis Neujahr inkl. 100 000 Belgier seit Kriegsbeginn nicht unter 2 Millionen inkl. Gefangene.
    Die Ypernschlacht endete sozusagen zu beiderseitigem Nachteil, doch wird offenbar, daß Foch-French nur mit schwerer Mühe ihr Ypern-Rondel bewahrten. Sie hüteten es nur aus Prestigegründen und lockerten doch nie den pressenden Eisenring. Man hielt sie in eisernen Schrauben und als im schönen Monat Mai die Reifen nicht sprangen, sondern noch enger einklammerten, dachten sie da nie daran, daß wir in Ypern sein konnten, ehe sie sichs versahen, bis der Rückzug einen Stich ins Beresinahafte bekam? Selbst wenn Abschneidung mißlang, konnten sie dann nur ein kampfunfähiges Heer zur Lys retten. Soll man solche Zuversicht hochachten oder belächeln? Was berechtigte zu solch unbegreiflichem Selbstgefühl nach so trüber Erfahrung? Joffre nahm Einsicht in diese Schöpfung seiner Dichtkunst und siehe da, sie war sehr gut nach seiner sehr unmaßgeblichen Meinung. Wiegte er sich in der Hoffnung, seine kriegsgehärteten Scharen würden mit milizartigen Gebilden fertig werden? Da sah er sich bitter getäuscht. Kannte er die Deutschen nicht endlich genug, daß er in des Teufels Küche saß, wenn der Ring in seinem Rücken sich schloß? Wohin der Rückzug, den man durch die Überschwemmungen mehr schädigte als schützte? Doch wir zerbrechen uns nutzlos den wirren Kopf der Herren, denn der Erfolg gab ihnen ja recht, sie hielten Ypern, obschon es nach Bericht kühler englischer Offiziere 3 Jahre lang eine Hölle wurde, wo jede Woche Tausende wegfraß. Im Frühjahr schaufelte die frische kanadische Division sich hier selber ihr Grab, kaum daß sie kam. Nach Frenchs eigener Klage liegt Englands Veteranenheer im Yperngraben, es wurde ein verlorener Posten, wo sich von Halbjahr zu Halbjahr riesige Opfer summierten. Nur sich nicht als überwunden bekennen! Solcher Starrsinn wird verbrecherisch, wenn er mit dem Leben von Hunderttausenden spielt. Man kann den Briten Achtung nicht versagen, die sich hier in Massen töten ließen wie bei Waterloo. Nein, tapferer, denn der Waterloomut ist eine Legende, über die Wellingtons eigene Bitterkeit und das Manuskript des Rittmeisters Hamilton das Nötige sagen. Gern werden wir der stolzen Standhaftigkeit gerecht, mit der die Briten hier Jahr für Jahr den Todesregen über sich ergehen ließen, wohl aber verwerfen wir den frivolen Leichtsinn ihrer eingebildeten Führer, die mit unbekümmertem Vabanque das Dasein ihres braven Heeres aufs Spiel setzten. Dachten sie: Kommen wir
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher