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Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03
Autoren: Karl Bleibtreu
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manche Muttersöhnchen, Helden beim Sturm, über so viel Mühsal weinend nach Mutter riefen, so fluchten und jammerten auch wetterharte englische Veteranen herzbeweglich. Die Stacheldrahtfelder vor Ypern rötete noch viel Blut, bis Maisonne sie und siegausstrahlende deutsche Bajonette beschien. Bis dahin zerriß den Nebelvorhang nie mehr das Brüllen einer Hauptschlacht, wo bei Nachtangriffen gespenstiger Feuerschein die Luft färbte, weil das Heidegestrüpp, mit Petroleum begossen und angezündet, um den Stürmern die Bahn zu weisen, ein grell unheimliches Licht verbreitete. Lange tönte nicht mehr das »Deutschland über alles«, mit dem todesmutige Freiwilligenscharen sich verewigten. Das Anstimmen der Nationalhymne beim Sturm war hier so allgemein, daß britische Berichterstatter genau das gleiche wie für Langemark für Dixmuiden melden. Unter »Gesang und Hörnerklang« gingen die Sturmharste der Freiwilligenkorps allenthalben mit unübertrefflicher Unerschrockenheit dem Feinde an den Leib. Wo immer aber die englischen Vettern auf ihre engeren Verwandten, die Niedersachsen und Friesen der »Wasserkante«, stießen, da wurde ihnen zu Gemüt geführt, woher sie selber ihre kostbaren Eigenschaften unbeugsamen Willenstrotzes erbten, als die altdeutschen Worte Hengist und Horse (horse – Roß) die Herzoge ihrer Altvordern zierten.
    Ermattung bis Februar.
    Trotz einzelner kräftiger Kampfmomente sogar im Elsaß trat längs der ganzen Front eine Ruhepause ein, was sich deutlich in nur 45 000 Verl. bis Mitte Januar offenbart, während die Presse phantasierte, Dezember sei der blutigste Monat gewesen.
    Unablässiger Landregen lockerte den trügerisch morastigen Boden. Grundwasser stieg, die Insassen der beiderseitigen Gräben duldeten Unsägliches. Wassergüsse durchweichten die ohnehin wässrige Tiefebene, daß kein Einbuddeln mehr half, die jungen Freiwilligen schutzlos dem Sturmwind und Geschützorkan preisgegeben lagen. Doch nach englischer Schilderung litten die Tommies in ihren von Unsauberkeit strotzenden Gräben noch grausamer, weil sie, dem Kanal näher, noch mehr Grundwasser faßten. Ja, das helle Sonntagswetter des letzten Oktobertages, das mit Glockengeläut eine neue erhebende Schlacht eröffnete, kam nicht wieder. Damals war das englische Feuer aus Drahtfeldern und Trümmerhaufen erschreckend, heut schlugen nur selten Schiffsgranaten vom Kemmel auf hartgefrorenen Schlamm, denn Frost begann früh, der Winter war da. Jede Partei besserte an ihren unvollendeten oder zerstörten Gräben, in denen man zu überwintern sich anschickte, man brauchte beiderseits nicht vorbrechende Schützenschwärme unter Schuß zu nehmen. Die mit Wickelgamaschen praktisch ausgerüsteten Briten, an Feuchtigkeit ihres Inselklimas, nicht an schneidende Kälte gewöhnt, fluchten nicht wenig. Die Südfranzosen erst recht und gar erst die Schwarzen. Die Lazarette überfüllten sich bei den Alliierten sicher noch mehr als bei den germanischen Nordländern. Um den unerträglichen Stillstand unter so aufreibenden Umständen zu vermeiden und den Bann der Einkreisung zu brechen, schwatzte man den Tommys vor, die bloody Germans siechten dahin. Doch Ausfälle am 19. Dezember und am Weihnachtsfeste genossen einen so heißen Empfang, daß man lieber in eiskalte Gräben heimkehrte. Seit Neujahr begannen Wolkenbrüche, orkanartige Gewitter rüttelten an allen Einschanzungen, die Lys bekam Hochwasserstand mit 800 Meter Breite. So stockte »die blutigste Schlacht der Weltgeschichte«, wie die Briten dekretierten. Nach dem Ton ihrer Prahlberichte eigentlich nur von ihnen geschlagen, während die Bundesgenossen die Hauptlast trugen. Die Franzosen bereiteten auch gehässige Neujahrsgrüße, man lehnte solche Festlichkeit gebührend ab, während Äroplane am 10. Januar der Festung Dünkirchen ein Geschenk von 50 zündenden Explosionsbomben verabreichten. Attentate verbündeter Flieger auf Luftschiffhallen und U-Boot-Depot Zeebrügge versetzten in Alarm, doch nicht in Schrecken bei mäßiger Wirkung.
    Das deutsche Publikum erwartete täglich Yperns Fall, das noch nie wieder ein deutscher Fuß betrat. Umgekehrt reizten die offiziellen Beschönigungen Joffres nachher die Londoner und Pariser zu Spott und Lachen, da man täglich Aufhören der »Belagerung« voraussetzte. Doch die Deutschen zogen so wenig ab als die Verbündeten, bis Kriegsende floß immer neues Blut in diese klebrige Erde. Uns will bedünken, daß jedes Wecken und Einbürgern falscher
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