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Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03
Autoren: Karl Bleibtreu
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Die Feuerprobe
    Und der Alte im Sachsenwald schloß die müden Augen unter dem Wodan-Schlapphut, die Eichen rauschten ein wehmütig schauriges Lied. Sie hörten sein letztes Gebet, Gott möge sein Werk schützen, wenn die Götterdämmerung auflodere, der Fenriswolf heule und die Midgardschlange zische. Es möge überstehen die Feuerprobe, überwinden die höllischen Mächte, bis die Walküren in Lüften rufen: Deutschlands Sieg, das ist die Bismarckfeier. Doch die Unerforschlichen beachten nicht der Sterblichen Wünsche, unter denen der Beste weder allweise noch allwissend; sein Gebet erhörten sie nicht, sein Fürstenbund zerbrach, sein Erbkaiser wurde allzeit Minderer des Reichs, sein Deutschland ging in Scherben mit geschändeten Grenzen und grauenvoller Franzosentid, wie kein Fritz Reuter sie je humoristisch verklären wird. Aber in höherm, tieferem Sinne wird es erhört, sein Gebet. Unerhörte Feuerprobe schmolz innere Einheit deutscher Lande und Stämme in festeres Gold zusammen als je zuvor, der harte Demant germanischer Kraft leuchtete unzerbrechlich durch Nebelnacht und Sturm der Not. Schlummert der Alte oder geht er nächtlich um und tauscht Zwiesprach mit dem wilden Heer, das über unsere Gaue dahinfährt, oder mit Wodans leisem Lispeln im Korn? Lehrt ihn die Seherin Saga, aus deren Methorn Wodan Begeisterung und Hellgesicht schöpft, die Zukunft der Deutschen?
    Ja, Gewitter zerstörten viele Saaten, doch durch Wolken der Trübsal lugt manch Stückchen blauer Himmel durch. Zerronnen ist der drückende Alb, der Schneemann im Norden, der seine turmhohe Freundschaft als Bärentatze über Preußen ausstreckte, das Zartum ist tot; Iwan der Schreckliche stiert nicht mehr auf Mitteleuropa und bewegt die Kiefer, als fräße er es auf. Verschwunden ist der schwarzgelbe Schatten des Deutschtums, gelb von Neid und schwarz von Groll, die Habsburgerei, die südslawische Vormacht unter deutscher Maske, der falsche Bundesgenosse, der sich jederzeit in Judas umwandeln konnte, immer noch die heimliche Hochburg des weiland spanischen Islam der Jesuiten. Die kleinen Raubstaaten von Ententegnaden, die man aus jedem der drei Kaiserreiche zuschnitt, haben als künstliche Fehlgeburten ein kurzes Leben. Ungarn, Bulgaren, Türken sind durch die Natur der Dinge stärker an deutschen Konzern gefesselt als je zuvor.
    Italien hat seine Lehre weg, was die Fratellanza bedeute. Gallien heult sein altes Brannuswort Vae victis , doch wird ihm Ach und Weh in plötzlicher Vereinsamung, weil es unvorsichtig sein Basiliskengesicht entmummte, so daß die phrasenbeschwindelte Welt vor seiner Häßlichkeit erschrickt. Früher sang man fröhlich bei jeder Barère-Barzahlung: »Der Franken reist, der Franken fällt, was ist der Mensch? Ein Schuft«, doch heute hat die Spielmarke des Märchens französischer Großmut keinen Münzwert mehr, den Angelsachsen gingen die Augen auf für ihre eigene Dummheit, obschon noch lange nicht für ihre eigene phrasenumnebelte Schlechtigkeit, das enfant terrible Frankreich als enfant gaté aufzupäppeln. Welch ein Feld der Tätigkeit für einen Bismarck der Zukunft, der zwar dem Imperialismus absagt, doch uns den vollen zukommenden Platz in der Sonne sucht! Noch freilich ist die siebente Schale nicht ausgegossen, ein großes Erdbeben droht nahe, Babel wird wie ein Mühlstein ins Meer versinken, bis ein neuer Himmel kommt und eine neue Erde, über die Allvadur die Hände segnend breitet und der Adler von Patmos spricht: »Ich sah keinen Tempel, denn Gott selbst ist der Tempel.« Doch wir brauchen nicht die Offenbarung Johanni, um die Vergangenheit zu schauen und an grauem Aschermittwoch in Staub und Asche Buße zu tun.
    Als ein cäsarenwütiger Charlatan den Gründer und Hüter des Reiches durch Hausknechte hinauswerfen ließ, schlug es Mitternacht und der alte Geisterspuk von Kloster Lehnin begann die uralte Weissagung zu erfüllen, daß der Einarm mit den Hohenzollern auch Deutschland ins Verderben risse. O wunderbare Gerechtigkeit der sittlichen Weltordnung! Bismarcks Beschimpfung gerächt an einem ganzen Geschlecht aufgeblasener Nullen, geheimrätlicher Schwätzer vom unheimlichen Monomanen Holstein bis zum glatten Bülow und Hammann, die mit Eiapopeia Michel in den Schlaf sangen: Schlaf, Kindchen, schlaf, dein Vater ist ein Schaf und böse Menschen haben keine Glieder ... der Einkreisungskette. All diese Verlogenheit und Protzigkeit fand verdiente Züchtigung und statt des schrecklichen Endes, dem der falsche
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