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Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03
Autoren: Karl Bleibtreu
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England nicht freundschaftlich vertragen wollte. Jetzt hintennach jammert man: »Ja, wenn Amerika nicht gewesen wäre!« Alle »Berufenen« wußten aber genau, daß es nie rechtzeitig Truppen nach Europa schicken könne. Jede Warnung wirklich Wissender ward überhört, weil unwissende Darstellung des einstigen Bürgerkriegs durch den interessierten Berliner Militarismus täuschte. Sonst hätten unsere »Ehrendoktors« auf militärischem Katheder nicht so kindisch die beispiellose Organisationskraft der Union unterschätzt.
    Noch schlug unser Heer sich glänzend, doch banger Zweifel schlich umher, ob man es schaffen würde. In der Heimat mit ihren Hungerklagestimmen und pazifistischen Miesmachern träumte alles von »Verständigung«. Die Regierung war willens dazu wie der Reichstag. Nachträglich sucht man die Gründe feindlicher Ablehnung in Unklarheit der Ansprüche auf belgische Garantie und den Unebenheiten des Friedens von Brest, wo man gern beschäftigungslose Prinzchen unterbringen, sozusagen unter die Haube bringen wollte, nämlich Herzoghütchen zur Vasallenstaffage für Se. Majestät. Törichte Afterkritik besonders superkluger Neutraler! Die Entente wollte eben nie und nimmer, es sei denn, daß ihr das Messer an der Kehle sitze. Denn wie König Georg richtig kundgab, unentschiedener Krieg war deutscher Sieg.
    Man zog aus, damit Kosaken und indische Lanzers sich Unter den Linden ein Rendezvous gäben, wie Curzon so schön prophezeite, promenade à Berlin sollte einfach Vernichtung des deutschen Reiches bedeuten, Wiederherstellung des alten »Gleichgewichts«, wo im europäischen Konzert wieder die alten Machtanwärter allein die erste Geige spielen und dem Michel die nötigen Flötentöne beibringen dürften. Ist dies disharmonische Leitmotiv zu symphonischer Siegeseintracht geglättet worden? Nein und abermals nein! Der Gouvernantenwunsch, Michel dauernd mit der Rute die Hosen stramm zu ziehen, wird niemals erfüllt werden, trotz aller Kapriolen französischer Hegemoniewut. Das ist der große Schmerz. Denn zur Ausschaltung der deutschen Nation gehört ein übermächtiges Rußland, und dieser Albdruck schwand nun für immer. Ein Deutschland voll Industrie ohne Rohstoffe, Frankreich mit Rohstoffen ohne Industrie, solch Gleichgewicht war ein Ziel aufs innigste zu wünschen für englische Interessen; doch das Abnorme blieb leider nicht normal, und Albions Betrübnis kannte keine Grenzen, als Frankreich sich als alleinige Wirtschaftsherrin des Kontinents an der Ruhr niederließ. O, die Schlange, die man am eigenen Busen genährt und die ein förmlicher Luftschiffdrache wurde!
    Es spornt zur Nacheiferung, daß England zuletzt doch noch sein Geschäft machte, Ruin der Konkurrenz trotz lange drohendem eigenen Konkurs. In den zur Firma Entente später assoziierten Ländern hatten die geschätzten politischen Numismatiker eine Münzsammlung aller Geldsorten in der Tasche vom Sovereign bis zum Rubel, bauten aber keineswegs auf Vorspiegelung falscher Tatsachen, daß alles zum Besten stehe, sondern die ehrlich Verkauften wollten nur den Karren einer verlorenen Spekulation aus dem Dreck ziehen. Daß sich so bald die Unterbilanz aufs Gewinnkonto umbuchen lasse, daran dachte nicht mal Uncle Sam, der moralisch Entrüstete. Nutzte also militärischer Schwindel nichts mehr, so doch noch immer der Greuelfeldzug für geistig unbemittelte Rothäute und die Kriegsschuldfabrikation.
    Indessen darf man die Irredenta, die natürlich auch Nizza und Tessin begehrt, nicht mit dem niedrigen Unterdrückerwillen der Ententebrüder verwechseln, da ihr doch wenigstens berechtigter Nationaldrang zugrunde lag wie bei Deutschlands Befreiung Schleswig-Holsteins. Auch sieht der politische Verrat etwas anders aus, wenn man bedenkt, welche vollbegründeten Rachegefühle Italien gegen Österreich nährte. Trotz der falschen Orientierung nach französischer Seite, lebte in Italien bei allen Gebildeten aufrichtige Hochachtung für Deutschland. Als aber nach dem Kriege diese Sympathie in wahren Franzosenhaß umschlug, bekam man dasselbe wie in anderen »freien« Staaten: Die Volksmeinung hat das Maul zu halten, die Exekutive bestimmt, was sie will. Die Schilderhebung Mussolinis war ein famoser französischer Trick, Absage an den Sozialismus nur ein Vorwand, um Italien erneut ins Fahrwasser der Fratallanza zu locken. Die französischen Köche halten immer offene Galatafel für Jeden, der sich ihren Ragout fin schmecken läßt.
    Ganz wie im
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