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Bismarck 03

Bismarck 03

Titel: Bismarck 03
Autoren: Karl Bleibtreu
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bösartige Zar verfiel (den Unkunde für einen armen Schwachkopf hielt), gab es ein verächtlich lächerliches Finale für den übergeschnappten Schwächling, der den Weltmarschall der Weltpolitik mimte mit Fähnrichsallüren. Glaubt man wirklich, die anderen Verbrecher an Seine und Themse würden der Vergeltung entrinnen? Wait and see!
    Der Krieg mit den seit 40 Jahren auf Revanche Lauernden und den Panslawisten, die ein Rundreisebillet nach Konstantinopel über Berlin nehmen, ließ sich nicht vermeiden. Doch den mit England verdanken wir ausschließlich dem blödsinnigen Zickzackkurs und den persönlichen Rüpeleien des Aegirsängers. Die Enthüllungen des Baron Eckartstein entschuldigen viel von Englands Verrat an der germanischen Rasse, der mit Recht erboste Onkel des Neffen kennzeichnete die deutsche Politik »ebenso perfide wie dumm«. Das von Bismarck schon Disraeli vorgeschlagene Bündnis hätte man von Chamberlain kostenfrei erhalten, doch mit einem Unzurechnungsfähigen, halb Fatzke, halb Brutalisator, konnte man nie an einem Verhandlungstische sitzen. Dies Instrument des Himmels führte uns herrlichen Zeiten entgegen oder »zerschmetterte« ... sich selbst. Suprema lex asini voluntas ... Hurra!
    Seine Revanchepolitik darf man so wenig einem Poincaré vorwerfen, wie einst der Maria Theresia ihre Anzettelung jener Koalition, die so genau dem Einkreisungssystem King Edwards entsprach. Doch welcher Historiker macht wohl heute noch Friedrich den Großen für seinen Präventivkrieg verantwortlich! Die Zarenregierung verbrannte zwar viele Akten, doch der Petersburger Staatsprozeß brachte genug zu Tage, da man ja auch in der russischen Gesellschaft und Presse lange zuvor Kriegsabsichten des Panslawismus gerade so offen ankündigte wie der Pariser Chauvinismus. Die zahlreichen Verrätereien der österreichischen Armee und Grenzbevölkerung enthüllten, wie tüchtig der Rubel dort den gewollten Eroberungskrieg vorbereitete. Den Muschik-Soldaten versprach man zynisch deutsche und galizische Äcker. Zweifellos gab es eine Wiener Partei, als deren geistiges Haupt vielleicht der ermordete Thronfolger galt, die ein Ende mit Schrecken einem Schrecken ohne Ende vorzog. Auch hielten in Deutschland überall Patrioten – nur nicht in Nähe des Kaisers, die sogenannte »Berliner Kriegspartei« ist Mythe – aus klarer sorgenvoller Zukunftsahnung den Krieg für unvermeidlich, um die Einschnürung abzuschütteln. Doch über jeden Zweifel steht fest, daß nicht nur die Ententeregierungen, sondern weite einflußreiche Kreise ihrer Völker nach Krieg lechzten (in Rußland hoffte man dadurch die erneut drohende Revolution abzulenken), während bei den Mittelmächten die Kriegsvoraussicht nur auf wenige beschränkt blieb und Deutschlands Wohlstand nur Frieden wünschen konnte. Daß in England trotz der endlosen Jingo-Bearbeitung ähnliche Stimmung herrschte wie in Rußland und Frankreich, halten wir für übertriebene Unterstellung. Gewiß hatte Grey den Krieg für alle Fälle in der Tasche, doch mußte er dreimal vor dem Parlament seine Geheimverträge ableugnen und die Masse der Engländer wollte so wenig Krieg wie auch einige Schichten des französischen Bürgertums. Hierfür bot Sturz des Ministeriums Ribot ein Zeichen, für die Kriegsverschwörung war Gefahr im Verzuge, daher die rasche Entwicklung der Krise und Jaurès' Ermordung, eine nötige Ergänzung des Serajewomordes. Gerade aus der Friedenssehnsucht des eigentlichen Volkes, das niemals Krieg wünscht, in England und Frankreich konnte man ihm einreden, die bösen Deutschen wollten harmlose Nachbarn überfallen. Des Kaisers nervöser Verzweiflungsakt der übereilten Kriegserklärung (Österreich war nicht so töricht) trieb Wasser auf die Mühle der Fälschung. Wer kann sich des Lachens enthalten, wenn man im Kriegshetzorgan »National Review« liest: 2 Russenkorps hätten bei Tannenberg eine Schlappe erlitten (d.h. 6 Korps wurden vernichtet), weil die vorbereitete deutsche Übermacht sich auf das ungerüstete Zarenheer stürzte! Den triftigsten Vorwand lieferte die Verletzung Belgiens, dessen »Neutralität« insofern kein »Fetzen Papier« war, als sie das Sprungbrett für Entente-Invasion zum Rhein bilden sollte. Man darf nicht bestreiten, daß Frenchs Heer von vorneherein für Belgien bestimmt war, das schon im Juli so mobilisierte, daß es am 8. August seine 6 Divisionen im Felde und schon am 4. den Volkskrieg bei Lüttich organisiert hatte. Nicht umsonst machten
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