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Bis zum letzten Atemzug

Bis zum letzten Atemzug

Titel: Bis zum letzten Atemzug
Autoren: Gudenkauf
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einzutrichtern, bemerke ich, dass R J.s Blick zu Boden geht, wo seine Lehrerin liegt. Sie versucht sich langsam, Zentimeter für Zentimeter, an Stuart heranzurobben. Mein Gott, denke ich, hoffentlich macht sie keine Dummheiten.

MRS OLIVER
    Mrs Olivers gesamter Körper fühlte sich geschunden an. Jeder Atemzug schickte Stromstöße durch ihren Kiefer, und ihre verletzte Hüfte pochte vor Schmerz. Aber weitaus mehr schmerzte sie die Erkenntnis, dass es ihr nicht gelungen war, ihre Schüler zu beschützen.
    Dieser grausame Mann, der seine Waffe jetzt an P. J.s Kopf hielt, hatte offensichtlich nicht vor, diesen Klassenraum lebendig zu verlassen, und es schien ihm völlig egal zu sein, wen er mit sich in den Tod nahm. Sie wünschte, sie hätte noch einmal die Gelegenheit, mit ihren Kindern und mit Cal zu sprechen. Sie sollten wissen, wie glücklich ihr Leben gewesen war, wie geliebt sie sich gefühlt hatte. Ihre Kinder sollten wissen, trotz des Zimmers zu Hause, das mit Artefakten ihres Lebens als Lehrerin gefüllt war – Fotos, selbst gemachter Wandschmuck, konzentriert gesetzte Buchstaben und sorgfältig gemalte Bilder von ihren Schülern der letzten vierzig Jahre –, war ihr die Liebe ihrer Kinder immer das Wichtigste gewesen.
    Langsam und gezielt streckte sie unter Schmerzen ihren Arm auf dem Boden aus, bis ihre Fingerspitzen das kühle Metall des Tackers berührten.

AUGIE
    Ich taste im Schrank nach einem Lichtschalter, stoße aber nur auf Stapel von Zeichenpapier und Körbe voller Buntstifte und Wachsmalkreiden. Mir läuft ein Schauer über den Rücken, als ich hinter mich greife und etwas wegwische, das bestimmt eine Spinne war. Dabei berühren meine Finger einen Faden, der von der Decke hängt. Ich ziehe daran, und eine Glühbirne leuchtet auf. Lucy bedeckt ihre Augen mit den Händen. Ich schaue mich im Schrank um, suche etwas, das uns hilft, hier herauszukommen, aber da ist nichts.
    Die Stimmen in der Klasse werden lauter und lauter. »Das ist alles deine Schuld!«, ruft der Mann. »Mein Job, meine Frau, meine Kinder, alles weg!«
    Ich kann nicht hören, was die Frau sagt, aber es muss den Mann noch wütender gemacht haben, denn er brüllt: »Einen nach dem anderen, Meg, und auch daran hast nur du Schuld.«
    »Was heißt das?«, fragte das Mädchen mich. »Was will er machen?«
    »Ich weiß es nicht«, gebe ich zu. Aber eines weiß ich – behalte es aber für mich: Wenn der Mann diese Schranktür öffnet, können wir uns nirgendwo verstecken. Ich schaue mich um und sehe ein großes Lüftungsgitter. Ich schaue Lucy an. »Ich glaube, ich habe eine Idee.«

WILL
    Als Will auf den Schulparkplatz einbog, war alles so still und ruhig, dass er einen Moment glaubte, die Geiselnahme wäre vorüber und alle wären nach Hause gegangen. Im Näherkommen sah er jedoch, dass die Polizei noch in voller Stärke anwesend war, genau wie die Krankenwagen, die von einer Schneeschicht bedeckt waren. Will parkte neben dem Wohnmobil, stieg, die Zeitung mit dem Foto in der Hand, aus dem Truck und klopfte an die Tür der Kommandozentrale. Keine Antwort. Er schaute zur Schule hinüber. Auf dem Parkplatz war es merkwürdig still, und nirgendwo war eine Bewegung zu erkennen. Nur die aufsteigenden Abgase aus dem Auspuff des Krankenwagens verrieten, dass sich jemand darin aufhielt.
    Irgendetwas war in der Schule los. Will holte seine Flinte aus dem Truck und lief zum Vordereingang der Schule. Verschlossen. Er suchte sich einen Weg um das Gebäude herum, versuchte es an jeder Tür, doch alle waren verschlossen. Er kam an einem Fenster im Erdgeschoss vorbei, bei dem das Fliegengitter herausgebrochen war. Vorsichtig legte er das Gewehr auf das Fenstersims und versuchte, sich mit zitternden Armen hochzuziehen. Seine Stiefel rutschten an dem glatten Mauerwerk ab, und er fand keinen Halt. Er wollte es gerade noch einmal probieren, als er das verräterische Klicken einer Pistole hörte, deren Hahn gespannt wurde.

MEG
    »Stuart«, sage ich leise, um ihn zu beruhigen. »Ich sehe, dass du wütend bist. Aber bitte, bitte lass es nicht an den Kindern und ihrer Lehrerin aus. Lass sie gehen.«
    »Weißt du, dass sie mir den Pritchard-Say-Preis aberkennen werden? Ich muss die hunderttausend Dollar zurückzahlen.« Er schüttelt den Kopf. »Ich habe das Geld nicht mehr. Ich habe es in ein gottverdammtes Haus für meine Frau investiert.«
    »Stuart, bitte …«
    »Ich hatte gehofft, Maria wäre heute hier«, sagt er verbittert. »Ich wusste, wenn Maria
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