Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis zum Hals

Bis zum Hals

Titel: Bis zum Hals
Autoren: Jörg Juretzka
Vom Netzwerk:
konfrontiert, er hat gestanden und sich erschossen.«
    Hufschmidt packte den Türgriff, sah über seine Schulter zurück und wirkte, als ob er am liebsten aus dem fahrenden Auto gesprungen wäre.
    »Er ist tot«, beruhigte ich ihn. »Er läuft dir nicht weg.«
    »Wen versuchst du da zu erreichen?«
    »Meine … Klientin. Doch sie hat ihr Handy ausgeschaltet. Könnt ihr es trotzdem orten?«
    »Nein. Völlig unmöglich. Wohin fahren wir?«
    »Zu meiner Freundin Tina.«
    »Tina? Die We …«
    »Sprich es nicht aus«, mahnte ich.
     
    Der schmale Jüngling saß in Tinas Küche über einem Milchkaffee. Er wirkte … erschöpft.
    »So, jeder, der hier nichts zu suchen hat, raus aus der Wohnung«, kommandierte Hufschmidt, Meister des bescheidenen Auftritts. »Was genau suchen wir?«, wollte er von mir wissen.
    »Das wissen wir dann.«
    Tina verabschiedete ihren Besucher noch mit einigem Heitutei, strich imaginäre Fusseln von seiner Schulter, schickte ihm ein paar Kusshände hinterher und verzog sich dann summend ins Bad.
    Ich hatte inzwischen Anoushkas Koffer unter ihrem Bett hervorgezerrt und geöffnet, nahm den kleinen Alukoffer heraus, öffnete auch den. Leer bis auf ein paar Reste Klingeldraht und eine bis fast auf den Pappkern verbrauchte Rolle Paketklebeband.
    »Sie war noch mal hier«, dachte ich laut. Wahrscheinlich letzte Nacht, als niemand zu Hause war.
    »Sag mir endlich, was wir suchen«, blaffte Hufschmidt.
    Doch ich brachte es nicht über mich. Genauso wenig, wie Anoushkas gefaltete Wäsche zu durchwühlen.
    »Irgendeinen Hinweis, wo sie hin sein könnte.«
    Er nickte, zog die Mülltüte aus dem Eimer in der Küche, schüttelte den Inhalt auf den Tisch, sortierte ihn grob, Papiere zuerst. Eines schien ihn besonders zu interessieren.
    »Tina!«
    »Ja-haa. Komme schon.«
    Ich fand ein paar Fahrscheine, sorgfältig entwertet. Einer davon von letzter Nacht.
    »Was ist das?« Hufschmidt hielt Tina den Wisch hin, die die Brauen runzelte, die Augen zusammenkniff, schließlich seufzte, eine Brille aus ihrer Handtasche kramte und aufsetzte.
    »Eine Quittung«, stellte sie fest. »Von einem Modellbau-Laden.« Sie setzte sich. »Allerdings nicht meine«, versicherte sie und blickte dann suchend über den Tisch, pickte die eine oder andere aufgerissene Packung aus dem Müll. »Teile der Motor- und Steuerelektronik eines Flugzeugmodells, wenn mich jemand fragt.«
    Manchmal war es einfach erstaunlich, wenn bei Tina wieder der pragmatisch-praktisch veranlagte Bauarbeiter durchbrach. Sie hob eine Verpackung hoch, deren Klarsicht-Plastikteil gerade mal einen Ohrstöpsel beinhaltet gehabt zu haben schien. »Zündspule«, erklärte sie.
    Mein rechtes Knie begann zu zittern. Eine Ahnung ist eine Ahnung ist eine Ahnung. Eine Gewissheit ist eine ganz andere Sache.
    Hufschmidt sortierte weiter, warf alles, was ihn nicht interessierte, einfach auf den Boden, fand und glättete eine weitere Quittung.
    »Letzte Tage ’n neues Handy angeschafft?«, fragte er Tina, die aber nur den Kopf schüttelte.
    »So, Kryszinski, sprichst du jetzt mal langsam mit mir?«
    Ich bremste ihn mit erhobener Hand, Telefon am Ohr.
    »Hardcor Security.«
    »Hufschmidt hier, Kripo Mülheim.« Hufschmidt fuhr zu mir herum. »Verbinden Sie mich doch bitte mal mit der Geschäftsführung.«
    Ein Herr Biesing meldete sich.
    »Ja, Tag Herr Biesing, Hufschmidt hier, Kripo Mülheim.« Hufschmidt sah drein, als ob er mich am liebsten auf der Stelle über den Haufen schießen würde. »Herr Biesing, ich habe leider keine Zeit für lange Erklärungen, doch ich möchte, dass Sie begreifen, dass es sich hierbei um einen Notfall handelt. Bitte zählen Sie mir ein paar der, tja, heikelsten Objekte auf, die Ihre Firma bewacht.«
    Ich unterbrach ihn mitten in der Auflistung, bedankte mich und hängte ein.
    »Wenn ich dich noch einmal dabei erwische«, begann Hufschmidt, doch ich unterbrach ihn.
    »Sofort höchste Alarmstufe für das Russische Konsulat in D’dorf ausrufen«, teilte ich ihm knapp mit.
    Deshalb hatte Dimitrij also versucht, einen Job bei dieser Firma zu kriegen.
    »Was!? Sag das noch mal!«
    »Meine Klientin scheint im Begriff, mit dem von Deckart erworbenen Sprengstoff ein Attentat zu verüben.« Da, ich hatte es ausgesprochen. »Ich vermute, sie ist Tschetschenin.«
    Und dabei, sich umzubringen.
    Dank freundlicher Unterstützung der Detektei Kryszinski. Wir tun, was wir können.
     
    Der Motor dröhnte, die Automatik schaltete einen weiteren Gang hoch, mein
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher