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Bis zum Hals

Bis zum Hals

Titel: Bis zum Hals
Autoren: Jörg Juretzka
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rechter Fuß hatte vergessen, was eine Bremse ist.
    Hufschmidt telefonierte hektisch, voll darauf konzentriert, alle möglichen Vorgesetzten von der Notwendigkeit eines größeren Polizei- und Grenzschutzeinsatzes zu überzeugen, verkrampfte sich trotzdem vor jeder roten Ampel erneut. Und davon gab es reichlich.
    Wir jagten die Mellinghofer, die Eppinghofer Straße hinunter, jaulten im Drift durch den Tunnel und stürmten die Kaiserstraße hoch, wobei der dicke V8-Diesel einen spürbaren Puls entwickelte, dann rechts in die Freiherr-von-Stein und noch mal rechts und die lange Serpentine der Saarlandstraße hinunter, wo Hufschmidt endgültig die Farbe aus dem Gesicht wich.
    Absolutes Vollgas über die Mendener Brücke.
    »Soviel wir wissen, hat sie kein Auto. Wenn wir großes Glück haben, sehen wir sie irgendwo zwischen dem Düsseldorfer Hauptbahnhof und dem Konsulat durch die Straßen laufen.«
    Hufschmidt nickte, doch wirkliche Begeisterung war ihm nicht anzumerken.
    »Was ich nicht kapiere«, meinte er und atmete scharf ein, als ich einem dieser dösigen Wohnmobilisten ausweichen musste, die die Kölner Straße zu einer der gefährlichsten Strecken der Republik gemacht haben, »was ich nicht kapiere, ist, wie will sie in das Konsulat hinein? Der Laden ist doch total scharf bewacht.«
    Ich ging vom Gas.
    Ich hätte nie gedacht, dass ich das mal erlebe, und selbst wenn, hätte ich nie gedacht, dass ich es dann zugäbe, doch es war unumstößlich wahr: Hufschmidt hatte, für einmal, vollkommen recht. Dimitrij war ja schon mit seinem Plan gescheitert, und wo sollte Anoushka in der Kürze der Zeit einen neuen herhaben?
    Der Hummer rollte am Straßenrand aus, und ich hieb mit der Faust auf das Lenkrad.
    »Was wird denn das jetzt?«, wollte Hufschmidt wissen.
    Wenn nicht Düsseldorf, wo dann? Wo dann? Wo konnte sie hin sein, sich und andere in die Luft zu jagen? Sich und … möglichst viele Russen?
    Moment mal … Was hatte Deckart über seine Probleme mit den russischen Investoren gesagt?
     ›… die werden sich schon bald in Rauch auflösen …‹
    Dunk, diesmal mit der Stirn gegen den Lenkradkranz.
    »Kryszinski, alles okay?«
    »Den Einsatz im Düsseldorfer Konsulat kannst du abblasen.«
    »Was? Was?! Bist du wahnsinnig? Ich habe gerade eben eine Hundertschaft Bereitschaftspolizei in Bewegung gesetzt, ein SEK, Scharfschützen, Hundestaffeln, Hubschrauber, gepanzerte Fahrzeuge, einen Trupp Bombenentschärfer, und du sagst …«
    »Ja, nun, du hast recht, sag ich. Die kommt da nie rein, und deshalb ist sie woanders hin. Hättest du auch früher drauf kommen können.« Hufschmidts Antlitz nahm einen deutlich ins Violett hineinspielenden Farbton an.
    »Doch zuerst müssen wir mit dem Russen sprechen, der Deckart angezeigt hat. Und zwar sofort. Besorg mir mal die Nummer.«
    Im Endeffekt bestand der Kommissar dann aber darauf, das Gespräch selbst zu führen, umständlich, weil er nicht wusste, was er fragen sollte.
    »Frag ihn, wo er sich zurzeit aufhält.«
    Hufschmidt fragte, lauschte.
    »›Stadion‹, hat er gesagt. Und ›Blöde Frage‹, hat er auch noch gesagt.«
    »Stadion? Welches Stadion!? Sag ihm, er soll sofort …«
    »Hallo, ich versteh Sie … Könnten Sie …«
    Hufschmidt blickte sein Handy an, als ob er es aus dem Fenster schmeißen wollte.
    »Arroganter Bastard«, fluchte er. »Heimspiele seien für ihn und seine Freunde heilig, deshalb solle ich doch bitteschön ein andermal anrufen.«
    »Ruf an und sag ihm, er und seine Freunde sollen machen, dass sie aus dem verdammten Stadion kommen!«
    Hufschmidt drückte die Wahlwiederholung, lauschte, nahm das Handy wieder runter. »Ausgeschaltet.«
    »Ja, Scheiße! Von welchem Stadion reden wir hier überhaupt?«
    »Na, das vom MSV. Die Duisburger Russen sind allesamt Mitglieder.«
    Und Deckart, wurde mir gerade klar, Deckart hatte das gewusst.
     
    Ich muss sagen, die Mühlenbergsheide und auch die kurvige Großenbaumer Straße werden sehr, sehr schmal in einem voll beschleunigten Hummer. Erst als wir auf den großzügig ausgebauten Uhlenhorstweg einbogen, hörte der Gegenverkehr auf, sich dauernd in die Gräben oder das Unterholz zu flüchten.
    Hufschmidt schrumpfte mehr und mehr in seinen Sitz, während er ein paar äußerst gereizten hohen Tieren klarzumachen versuchte, dass der geplante Düsseldorfer Einsatz nun – in aller Diskretion obendrein – nach Duisburg umgeleitet werden sollte.
    Das kam nicht gut an, wie ich seinem Gestammel entnehmen
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