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Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte

Titel: Bis zum bitteren Ende - Die Toten Hosen erzählen ihre Geschichte
Autoren: Die Toten Hosen
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alles andere als ein Desaster. Alles was wir in dieser Juni-Nacht am Bosporus verloren, konnten wir ohne Probleme wieder beschaffen. Alles was du nirgendwo kaufen kannst, hatte man uns geschenkt.
    Dinge besitzen, Dinge verlieren. Vor ein paar Tagen erst sind meine Ringe und meine CDs bei einem Einbruch weggekommen. Es war der 9.Januar - ich weiß es so genau, weil dies mein Geburtstag ist. Du gehst mit ein paar Freunden einen heben, kommst leicht angeschlagen nach Hause und blickst auf eine aufgebrochene Wohnungstür. Es soll ja Leute geben, die kriegen zu ihrem Geburtstag sogar noch was geschenkt.
    Ich sollte mich vielleicht darüber freuen, daß Leute Türen aufbrechen, nur um CDs zu klauen, und alles andere liegen lassen. Aber unter den etwa fünfhundert Dingern, die sie aus den Ständern gezogen haben, sind etliche Raritäten, die ich mir in den Staaten oder sonstwo gekauft habe. Wo soll ich die jetzt wieder auftreiben?
    Dinge besitzen, Dinge klauen. Gerade in diesen Tagen erreichte uns die Nachricht von einem zu allem entschlossenen Hosen-Fan. Dieser Kerl hatte von unserem Weihnachtsgig im Knast auf der »Ulmer Höh« in Düsseldorf erfahren und wollte unbedingt dabei sein. Aber es gab natürlich keine Tickets für die Show; es gab im Grunde nur eine Art, sich als Zuschauer zu qualifizieren. Also schmiß er einen Stein in die Auslage eines Geschäfts in Monheim bei Düsseldorf und blieb davor stehen, bis die Bullen aufkreuzten. Er hatte nur Pech - sie brachten ihn nicht in die Ulmer Höh, sondern nach Köln. Was für eine Demütigung für einen echten Düsseldorfer!
    Hosen-Gigs waren eben selten geworden, seit wir an »Opium für’s Volk« zu basteln begannen. Außer dem Knast-Gig haben wir '95 ganze drei Konzerte auf Festivals im Ausland gegeben. Kein Vergleich zu der Großoffensive in diesem Jahr, oder zu dem Mammutprogramm, das wir '94 in zwei sehr unterschiedlichen Halbzeiten bestritten.
    Während wir bis zu dem Gig in Istanbul die deutschsprachige Region beschallt hatten, machten wir uns ab September wieder über das restliche Stück Welt zwischen Tampere und Buenos Aires her. Den skandinavischen Festivalsommer und seine traditionell gut abgefüllten Zuschauer wußten wir inzwischen sehr gut zu handhaben. Aufgrund des dortigen Mindestalters von 21 Jahren für Konzerte und Alkohol trifft man dort auf eine wohl einzigartige Kombination von ebenso mündigen wie steuerungsunfähigen jungen Bürgern, die jede Band gnadenlos toll finden. Wir genossen wieder die hellen Nächte, die Fähren und die Trips, die wir auf ihnen gelegentlich nach dem Essen einschmissen. Zwischen Göteborg und Helsinki behielt uns die halbe Crew skeptisch im Auge. Ein Glück nur, daß wir nicht auf den Horror kamen - später erfuhren wir, daß diese Fähre baugleich mit jener »Estonia« war, die zehn Tage nach uns auf der gleichen Strecke versank.
    Wir genossen Oslo und die Inspektion der Holmenkollen-Schanze, und dann bauten wir kurzfristig eine James-Bond-Szene zur Unterbrechung der Tour ein. Wir nahmen einen Flieger nach Hamburg, zwei Taxen ins Elysee-Hotel, wo wir unter falschen Namen eincheckten, und trafen in dem eigens dafür angemieteten Saal eine Batterie Champagner, Krabben-Cana-pees und unseren Gastgeber, den handlungsbevollmächtigen Kontaktmann und Geschäftsführer Jürgen Otterstein. Ein paar Flaschen und Umdrehungen mit dem Füllfederhalter weiter, und wir hatten mit Ottersteins Firma »Eastwest« einen neuen, langfristigen Vertriebsvertrag abgeschlossen - und fuhren am nächsten Morgen wieder rauf nach Dänemark.
    Das wäre eine schöne Filmszene, und nichts an ihr wäre gelogen. Gefälscht, weil weggelassen, wäre nur die monatelange Geschichte, die vor der Szene lag. Es fing ja damit an, daß die Verlängerung des Vertrages mit Virgin sich schwieriger als erwartet gestaltete. Eigentlich wollten sowohl wir als auch Vir-gin-Kopf Udo Lange weiter miteinander arbeiten. Zu Udo und seiner Crew hatten wir seit Jahren ein mehr als freundschaftliches Verhältnis; wir trugen Fußballspiele gegeneinander aus und besoffen uns gemeinsam auf ihren Jahrestagungen. Aber es gab auch immer schon den Traum, irgendwann mal eine eigene Firma zu gründen und damit die eigenen Vorstellungen so unabhängig und kompromißlos wie nur eben möglich durchzusetzen. Als Udo nun von der Firmenspitze kein grünes Licht für den neuen Vertrag zu verbesserten Konditionen erhielt, kamen diese Pläne bei uns auf einmal wieder hoch.
    Wenn wir außer den
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