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Bis Sansibar Und Weiter

Titel: Bis Sansibar Und Weiter
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Dusche.«
    »Ich komme schon klar«, sagte ich. »Darf ich mal eben meine Mutter anrufen?«
    Linda verschwand erneut und brachte mir das Telefon. Ich sagte meiner Mutter, dass sie nicht mit dem Essen auf mich zu warten brauche. Mama möchte immer wissen, wo ich bin. Manchmal nervt das. Aber sie fühlt sich dann besser.
    Das Bad war riesig. Es hatte sogar Platz für eine knallrote Couch, auf der Zeitschriften und Bücher durcheinander lagen. Schnell zog ich mich aus und legte die nassenKlamotten über die Badewanne. Dann sprang ich unter die Dusche.
    Hinterher zog ich Lindas Sachen an. Sie passten wie angegossen. Allerdings zwickte die Hose ein bisschen im Schritt. Auf dem Weg nach unten warf ich einen Blick in das Büro gleich neben dem Bad. Der Monitor des Computers war mit unzähligen kleinen Zetteln beklebt, auf dem Mousepad kämpften zwei Roboter mit Laserschwertern. An den Wänden hingen asiatische Kampfausrüstungen neben Krummschwertern und Dolchen. Die Dinger schienen echt zu sein. An der einzigen freien Fläche war ein Bild angebracht, auf dem ein Mann und eine Frau zu sehen waren. Die beiden saßen auf einer Bank an einem See und lächelten in die Kamera. Im Hintergrund fuhr ein Segelschiff vorbei.
    Während ich geduscht und mich umgezogen hatte, hatte Linda gekocht. Als ich zu ihr in die Küche kam, verteilte sie gerade Spagetti auf zwei Teller. Dazu gab es Tomatensauce und geriebenen Käse. Im Vergleich zu dem Büro im ersten Stock war es hier perfekt aufgeräumt.
    »Schmeckt gut«, sagte ich, nachdem ich den ersten Bissen genommen hatte.
    Sie winkte ab. »Spagetti kochen kann jeder.«
    »Aber die hier sind al dente«, sagte ich.
    »Du kennst dich aus, was?«, sagte sie mit einem schiefen Lächeln.
    Ich ging auf ihren Spott nicht ein. »Hast du ein Klavier?«, fragte ich.
    »Nebenan.«
    »Macht’s dir Spaß?«
    »Wird das ein Verhör, oder was?«, sagte sie und kniff die Augen zusammen.
    »Quatsch«, antwortete ich. Doch eine Frage musste ich noch loswerden. Meine Mutter ist immer zu Hause. Bei Linda schien das anders zu sein.
    »Arbeiten deine Eltern?«, wollte ich wissen.
    »Mein Vater«, antwortete sie.
    Ich nahm eine zweite Portion Spagetti. »Und deine Mutter?«
    Unvermittelt sprang Linda auf. Dabei fiel ihr Glas auf den gefliesten Küchenboden und zersprang. Limo floss in Richtung Kühlschrank. »Spielst du 007, oder was?«, brüllte sie los. »Auf kleine Stinker, die zu viel wissen wollen, kann ich verzichten! Verpiss dich, Mann! Zieh Leine!«
    Ich versuchte, sie zu beruhigen. »Was hab ich dir denn getan? Ich hab doch nur gefragt, was deine Mutter...«
    »Verpiss dich!«, brüllte sie erneut und kam bedrohlich auf mich zu.
    Ich ließ Spagetti Spagetti sein, zog mir die nach wie vor klatschnassen Schuhe an und lief hinaus. An der nächsten Kreuzung stellte ich fest, dass ich Anorak, Hose und Pullover bei Linda vergessen hatte. Aber ich traute mich nicht zurück. Wütend wie sie war, schlug sie mir auch noch mein gesundes Auge blau.

Viertes Kapitel
    A ls Linda meine Anziehsachen am nächsten Morgen mit in die Schule brachte, waren sie sauber und trocken. Sie hatte sie sogar gefaltet, während ich ihren Pullover und ihre Jeans einfach in eine Plastiktüte gestopft hatte. Unter den erstaunten Blicken unserer Mitschüler tauschten wir die Sachen vor der ersten Stunde aus – wortlos und ohne uns dabei anzusehen. Dann setzte sie sich auf ihren Platz neben Pia und ich ging zu Paul hinüber.
    Er grinste. Er grinste so breit, dass ich sein entzündetes Zahnfleisch sehen konnte.
    »Ist was?«, fragte ich.
    Er grinste weiter.
    »Hast du ’ne Gesichtslähmung, oder was?«
    Jetzt zeigte er auf Linda. »Habt ihr was miteinander?«, fragte er.
    »Linda und ich?«
    »Weil ihr Klamotten tauscht«, sagte er.
    Sollte ich ihm erzählen, dass ich bei Linda geduschtund Spagetti gegessen hatte? Sollte ich riskieren, dass nach der großen Pause die ganze Schule davon wusste?
    »Na?«, fragte Paul und setzte dabei wieder sein Parodontose-Lächeln auf. Es war still in der Klasse geworden. Alle schienen uns zuzuhören.
    Stratmann rettete mich. Ausgerechnet unser blöder Mathelehrer. Unter dem Arm trug er die Klassenarbeitshefte. Er legte sie vor sich aufs Lehrerpult und schaute uns an, einen nach dem anderen. Mich ließ er dabei aus. Mich lässt er immer aus.
    »Nicht schlecht«, sagte er schließlich und ein hörbares Aufatmen ging durch den Raum. »Gar nicht schlecht, meine Herrschaften.«
    Dann gab er die Hefte
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