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Bis ins Koma

Titel: Bis ins Koma
Autoren: Brigitte Blobel
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Jojo auf einmal. »Gott, ist mir schlecht.«
    »Nicht in den Vorgarten kotzen!«, ruft Bully ihm nach, als Jojo einen Hechtsprung in Richtung Straße macht.
    Mauki ist es schließlich, der auf den Klingelknopf von KELLER drückt. Zweimal lang und einmal kurz, so wie Marvel es macht, wenn er seinen Schlüssel vergessen hat. Dann verschwinden die drei in der Nacht.
     
    Das Klingeln hallt durch die Wohnung. Niemand reagiert. In allen Zimmern ist es dunkel. Nur in der Küche brennt das kleine Licht über der Spüle. Und daneben liegt ein Zettel.
    Lieber Marvel, ich hab Spätschicht und schlaf danach bei
Mike.
    Kannst du morgen früh einkaufen?
    In Liebe, deine Mama.
    Um kurz vor elf, wie sie es mit ihren Eltern ausgemacht hat, kommt Miranda nach Hause. Lenas Vater hat sie mit dem Auto gebracht, aber weil er in der engen Straße keinen Parkplatz gefunden hat, ist Miranda einfach an der Ecke ausgestiegen und die letzten Meter zu Fuß gegangen.
    Sie erschrickt sich zu Tode, als sie Marvel vor der Haustür liegen sieht. Sie rennt die paar Stufen nach oben. Beugt sich über Marvel. Er glotzt sie aus weit aufgerissenen Augen an.
    »Marvel!«, schreit Miranda. »Was hast du? Was ist los?«
    Sie nimmt seinen Kopf, aber der ist so schwer. Als sie ihn wieder loslässt, rutscht Marvels ganzer Körper eine Stufe tiefer und sie kann nichts machen, ihn nicht festhalten.
    »Marvel! Wach auf!« Miranda schreit. »Hilfe! Hilfe!«
    Oben im dritten Stock, in der Wohnung der Hernandez, geht
ein Licht an. Kurz darauf flammt das Licht im Treppenhaus auf, und dann hört Miranda, wie ihr Vater die Treppen herunterkommt, wie die Haustür aufgerissen wird.
    »Ich hab ihn hier gefunden!«, schreit Miranda. Tränen stürzen aus ihren Augen. »Es ist Marvel! Ich hab keine Ahnung, was passiert ist!«
     
    Der Krankenwagen ist zehn Minuten später da. Die Sanitäter eilen zu Marvel und richten ihn vorsichtig auf. Mit Taschenlampen leuchten sie in sein Gesicht, seinen Hals, auf seine Arme, während der Notarzt ihn untersucht.
    Miranda hält sich zitternd an ihrem Vater fest.
    »Was ist mit ihm?«, fragt Mirandas Vater, als der Notarzt sich schließlich aufrichtet.
    Der Notarzt nimmt ihn erst einmal nicht zur Kenntnis. Er wendet sich an die Sanitäter: »Wir bringen ihn ins Marienkrankenhaus. Anrufen und Notfall anmelden, bitte! Wissen Sie«, er wendet sich an Carlos Hernandez, »wie alt der Junge ist?«
    »Sechzehn«, flüstert Miranda.
    »Sagen Sie dazu, dass es sich um einen Jugendlichen handelt. Ich versuche ihn auf der Fahrt zu stabilisieren.«
    Die Sanitäter nicken und holen im Laufschritt die Bahre.
    »Herr Doktor?«, fragt Carlos Hernandez höflich. »Marvin ist unser Nachbar.«
    »Er ist mein Freund«, flüstert Miranda. »Was ist mit ihm?«
    »Koma«, sagt der Arzt.
    »Koma?«, fragt Miranda verwirrt.
    »Ja, er hat sich ins Koma gesoffen, nehme ich an. Alle Symptome weisen darauf hin.«
    Miranda reißt die Augen auf. »Aber Marvel trinkt nicht …«
    Der Notarzt unterbricht sie. »Tut mir leid. Das hier ist ein dringender Notfall. Ich nehme auf der Fahrt die Blutprobe,
dann wissen wir Bescheid, wenn wir im Krankenhaus ankommen, und können entsprechende Maßnahmen einleiten.«
    Die Sanitäter heben den leblosen Marvel auf die Bahre. Miranda schluchzt auf, als Marvels weit aufgerissene Augen in ihre Richtung starren.
    »Aber woher wollen Sie wissen, dass es Alkohol ist?«, fragt Carlos Hernandez.
    »Man kann es riechen«, sagt der Notarzt kühl. »Deshalb schließe ich Drogen aus.«
     
    Ein Amateurfunker, der regelmäßig den Polizeifunk abhört, ruft um vierzehn Minuten nach elf in der Lokalredaktion der Zeitung an.
    »Wieder ein Komasäufer«, teilt er dem diensthabenden Redakteur mit. »Sechzehn Jahre. Die Sanitäter bringen ihn gerade ins Marienkrankenhaus auf die Intensivstation.«
    »Danke«, sagt der Redakteur und wählt schon, während er den Hörer auflegt, die nächste Nummer.
    Er ist mit dem Chef vom Dienst verbunden. »Du, halt mir noch einen Platz frei auf der Seite eins. Wir haben wieder einen Jugendlichen, der sich ins Koma gesoffen hat. Passt genau in unsere Serie.«
    »Okay, Sven«, bestätigt der Chef vom Dienst.
    Im nächsten Augenblick hat Sven Keller schon die Kamera und sein Tonbandgerät geschnappt und ist unterwegs.
    Weil der Lift nicht schnell genug da ist, läuft Sven Keller die vier Stockwerke zu Fuß.
    Im Auto, auf der Fahrt durch die menschenleeren Straßen, bastelt er schon an der Schlagzeile: »16-Jähriger
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