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Bis in den Tod hinein

Bis in den Tod hinein

Titel: Bis in den Tod hinein
Autoren: Vincent Kliesch
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Boesherz die Teamsitzung. » Sie dokumentieren das Muster, nach dem er vorgeht. Wenn wir dieses Muster erkennen, können wir ihm vielleicht zuvorkommen.«
    Severin duftete wie immer nach edlem Herrenparfüm und trug sein an den Geheimratsecken immer schütterer werdendes aschblondes Haar stets zu einem wallenden Scheitel frisiert. Wie immer war er akkurat mit einem Dreiteiler gekleidet und trug dazu Krawatte, Manschettenknöpfe und eine silberne Taschenuhr, die an einer Kette in seiner Westentasche steckte.
    Der Hauptkommissar blickte nun mit einer Ernsthaftigkeit in die Runde, der ein Hauch von Ironie beigemischt war, als er zum nächsten Punkt kam. » Zweitens: Unser Mörder hat noch keinen Spitznamen, was ich äußerst unpraktisch finde. Vorschläge?«
    Dezernatsleiterin Daniela Castella hatte auf einem Stuhl weiter hinten im Konferenzraum Platz genommen. Sie beteiligte sich jedoch nicht an der Besprechung, sondern hielt lediglich einen kleinen Block in der Hand, in dem sie sich vereinzelt Notizen machte. Nur selten hob sie dabei ihren Blick.
    Bereits seit Tagen ermittelte die Sonderkommission fieberhaft im Umfeld der Opfer, suchte nach verwertbaren Spuren, Kalendereinträgen, verdächtigen Telefonaten oder sonst irgendetwas, das einen brauchbaren Hinweis auf die Identität des Mörders geben konnte. Sehr bald hatte sich dabei jedoch herausgestellt, dass der Gesuchte nicht nur mit auffallend großer Aufmerksamkeit gehandelt hatte, sondern dass zwischen ihm und seinen Opfern allem Anschein nach auch keine persönliche Verbindung bestanden hatte. Der Täter handelte minutiös geplant, mit großer Fachkenntnis und höchst umsichtig, was die Arbeit der Ermittler erheblich erschwerte.
    » Graf Zahl?«, schlug ein Kollege vor.
    » Zu despektierlich«, wiegelte Boesherz ab und fuhr ohne Überleitung fort: » Wir alle fragen uns, was der Mörder mit seinen Zahlen zum Ausdruck bringen möchte. Es könnten Punkte sein, die er an seine Opfer vergibt. Vielleicht auch eine Rangordnung, die er ihnen verleiht. Vielleicht ergeben die Zahlen in der richtigen Reihenfolge auch eine Kombination oder eine Telefonnummer. Es könnte genauso gut auch etwas vollkommen Privates sein, eine Insidergeschichte zwischen dem Täter und den Opfern.« Boesherz ließ seine Blicke prüfend durch den Raum schweifen. Die Kollegen folgten seinen Ausführungen aufmerksam, was insgeheim seiner Eitelkeit schmeichelte. » Davon kommt aber nichts infrage. Warum?«
    » Weil das alles zu verworren und unwahrscheinlich ist«, antwortete Judith Beer, die eine erfahrene Ermittlerin war.
    » Danke«, erwiderte Boesherz zufrieden. » Unser Täter will sich klar ausdrücken. Wir sollen ihn verstehen. Wenn es für einen Sachverhalt mehrere mögliche Erklärungen gibt, dann ist in aller Regel die Erklärung zutreffend, die am wahrscheinlichsten ist. Es handelt sich also um eine Reihenfolge. Er hat eine Liste gemacht, die er jetzt fleißig abarbeitet– was uns direkt zur nächsten Frage führt. Zu welcher?«
    Die Art, mit der Severin Boesherz seine Sitzungen leitete, konnte auf einen Außenstehenden absonderlich wirken. Die Ermittler im LKA hatten sich jedoch schnell an den eigenwilligen Stil ihres neuen Kollegen gewöhnt. Mittlerweile mochten die meisten ihn sogar.
    » Wenn es eine Liste ist, ergibt sich die Frage, warum er sie nicht chronologisch abarbeitet«, gab Olivia zur Antwort. » Bisher haben wir die Reihenfolge: Sieben, Vier, Sechs, Fünf.«
    Sie saß in der ersten Reihe und hatte vor sich auf dem Tisch Aktenkopien und Tatortfotos ausgebreitet. Boesherz blickte kurz über ihre Schulter, konnte in dem Chaos von Vernehmungsprotokollen, Detailfotos und Notizen aber keine innere Logik erkennen.
    » Richtig, Olivia«, bestätigte er seine Kollegin. » Wie gefällt dir der Spitzname Quentin?«
    » Warum das denn?«, erwiderte diese verwundert.
    » Nach Quentin Tarantino. Pulp Fiction. Der Film ist auch nicht chronologisch erzählt.«
    Olivia schüttelte schmunzelnd den Kopf.
    » Geht’s noch komplizierter?«
    » Also gut«, fuhr Boesherz fort. » Warum mordet er nicht in der richtigen Reihenfolge? Die wahrscheinlichste Antwort lautet: Weil es ihm nicht möglich ist. Er kann nicht nach der Chronologie vorgehen, er muss sich nach günstigen Gelegenheiten richten. Er hat es ja offenbar sehr eilig. Es würde ihn also aufhalten, wenn er seine Liste strikt von oben nach unten abarbeiten müsste. Interessant daran ist, dass uns diese Erkenntnis wieder etwas
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