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Bis in alle Ewigkeit

Bis in alle Ewigkeit

Titel: Bis in alle Ewigkeit
Autoren: P Daschkowa
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habe mir für alle Fälle die Flugnummer und die Ankunftszeit aufgeschrieben. Willst du wirklich nach Domodedowo fahren, so krank, wie du bist?«
    »Kein Problem. Ich nehme einen Haufen Tabletten und setze dich auf den Beifahrersitz, als zusätzliche Heizung. Wann kommt sie an?«
    »Ich glaube, nachts, um halb eins.«
    »Hör mal, was macht der Tee? Ich brauche was Warmes. Ich hab schreckliche Halsschmerzen.«
    »Ja, gleich. Soll ich ihn herbringen, oder trinkst du ihn in der Küche?«
    »In der Küche. Hier verschütte ich ihn nur.«
    »Das ist wahr.« Nolik lachte spöttisch. »Du solltest dir was an die Füße ziehen. Bei deinem Fieber darfst du nicht barfuß rumlaufen. Immer das Gleiche mit dir.«
    »Was soll ich machen?« Sofja seufzte. »Meine Hausschuhe bleiben nie paarweise zusammen. Meine Socken übrigens auch nicht. Wenn du was Paarweises findest, ziehe ich es an.«
    Nolik streifte ihr Wollsocken ihres Vaters über die nackten Füße. Zum Glück lag in Vaters Zimmer alles an seinem Platz, ordentlich in Schubfächern. Auf dem Weg in die Küche stieß sie im Flur beinahe den Eimer mit den Rosen um.
    »Ach, übrigens, wer hat eigentlich diesen Prachtstrauß gebracht?«, fragte Nolik.
    »Keine Ahnung.«
    »Dein Mobiltelefon klingelt wie verrückt, hörst du das nicht?«
    »Das sind SMS. Hilf mir beim Hinsetzen, lehn mich an die Wand, und dann nimm das Telefon, lies, wer mir da gratuliert, und sag es mir.«
    Nolik schenkte ihr und sich Tee ein und setzte sich mit dem Telefon auf einen Hocker. Er las lange und voller Interesse, stieß hin und wieder einen Pfiff aus oder schüttelte den Kopf.
    Na gut, dachte Sofja, Vater war siebenundsechzig, das ist ja nicht mehr jung, das ist schon ein reifes Alter, aber er war doch noch kein Greis gewesen.
    Vater hatte nie Herzbeschwerden gehabt. Sie kannte niemanden, der gesünder und kräftiger war als er. Er hatte keinen Alkohol getrunken, nie geraucht, nichts Süßes und nichts Fettes gegessen und jeden Morgen am offenen Fenster Gymnastik gemacht. Auch seine Nerven waren völlig in Ordnung gewesen. Wieso also plötzlich akutes Herzversagen? Und mit wem war er an dem bewussten Abend in einem der teuersten und snobistischsten Moskauer Restaurants gewesen? Er mochte keine Restaurants, schon gar nicht solche pompösen. Warum hatte ihn derjenige, der ihn eingeladen hatte, nicht nach Hause gefahren? Der Vater hatte Sofja am Abend um halb elf angerufen und sie gebeten, ihn abzuholen. Als sie ankam, saß er auf einer Parkbank, die Arme um seine Aktentasche geschlungen. Die Bank war voller Schnee, er saß auf der Lehne und sah aus wie ein Schneemann, sogar in seinen Brauen glitzerten Schneekristalle.Sofja hatte gefragt, was passiert sei, und er hatte geantwortet: nichts. Erst später, als sie an dem Restaurant vorbeifuhren, sagte er, dass er dort gegessen habe. Und versprach, ihr am nächsten Tag alles zu erzählen. Zu Hause hatte er über Schwäche geklagt und sich gleich schlafen gelegt. Am Morgen atmete er nicht mehr und war schon kalt. Sofja rief die »Schnelle Hilfe«, und sie sagten, ihr Vater sei gegen ein Uhr nachts gestorben.
    »Wer ist I. S.?«, fragte Nolik und riss sich endlich von Sofjas eingegangenen SMS los.
    »Was?« Sofja schreckte auf. »I. S., das ist der, der die Rosen geschickt hat. Apropos – wo ist dein Geschenk?«
    »Warte, gleich. Hör zu: ›Sofie, warum nimmst du nicht ab? Wir machen uns Sorgen!‹
    ›Dein Meerschweinchen mit dem Myom ist gestorben. Melde dich!‹
    ›Du wolltest das Ergebnis der Biopsie dringend haben, es ist fertig, aber du bist nicht da!‹
    ›Sofie, dein Artikel ist angenommen, du sollst ihn fertig machen!‹
    ›Du hast doch bald Geburtstag? Einen runden? Entschuldige, ich hab vergessen, wann genau. Schreib es mir, ich will dir gratulieren.‹
    ›Sofie, bist du krank? Geh ans Telefon!‹ Ah, die ist von mir.
    ›Sehr geehrte Sofja Dmitrijewna! Herzlichen Glückwunsch! I. S.‹
    ›Sofja Dmitrijewna, alles in Ordnung mit Ihnen? Wie geht es Ihnen? I. S.‹«
    Nolik nahm einen Schluck Tee und starrte Sofja an.
    »Das ist gerade eben gekommen. Hör mal, Knolle, wer ist dieser I. S.?«
    Sofja wollte wegen der »Knolle« mit ihm schimpfen, musste aber husten.
    »Er hat also die Rosen geschickt?« Nolik holte seine Zigaretten hervor und zündete sich nervös eine an.
    »Ja, wahrscheinlich.«
    »Wer ist er?«
    »Keine Ahnung. Irgendwer aus dem Institut.«
    Sie wurde von heftigen Hustenanfällen geschüttelt, aber Nolik war so in Fahrt,
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