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Bis das Blut gefriert

Bis das Blut gefriert

Titel: Bis das Blut gefriert
Autoren: Jason Dark
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schauten am Abend nach, ob sie auch im Bett lag.
    Das Licht ließ sie brennen. Es war nur eine schwache Beleuchtung, die von einer krummen Lampe stammte. Die Großmutter hatte ihr das Kleinod vererbt.
    Durch eine Lücke zwischen den Sprossen hatte Rosanna ihre Hand geschoben und die Leiter gut festgeklemmt. Den Weg kannte sie im Schlaf. Sie kroch aus dem Fenster und sprang mit einer geschmeidigen Bewegung auf das Dach.
    Erst jetzt war es kühler geworden. Tagsüber hatte die Hitze wie eine Glocke über dem Ort gelegen. Es war inzwischen Juni geworden, und sicherlich stand wieder ein heißer Sommer bevor.
    Im Ort selbst gar es keine breiten Straßen. Die Häuser waren dicht zusammengerückt, so dass sich zwischen ihnen nur Gassen bilden konnten. So gab es auch am Tage viel Schatten, den besonders die alten Menschen ausnutzten.
    In der Nacht war nicht viel los. Wer etwas erleben wollte, der fuhr in das nahe Rom. Dort konnte er die ganze Nacht über den Bär loslassen. Hier oben in den Bergen wurde die Nachtruhe eingehalten. Selbst die Lautstärke der Fernsehapparate wurde zurückgedreht.
    Rosanna summte ein Lied vor sich hin – natürlich ein Hit von Adriano Celentano – und bewegte sich auf den Dachrand zu, den sie mit drei Schritten erreichte.
    Sie schaute in die Tiefe. Flavio war noch nicht da. Er hätte sonst hier gewartet und auch leise gepfiffen. Sie hatten immer nur eine ungefähre Zeit verabredet. Für den jungen Mann war es nicht immer einfach, bei dem starken Verkehr aus der Stadt zu kommen. Besonders nicht im Heiligen Jahr, wo Touristen und Gläubige aus aller Welt in die Ewige Stadt eindrangen.
    Die Leiter fuhr fast lautlos aus. Sie erreichte den Grund. Rosanna prüfte noch die Standfestigkeit und war zufrieden. Sie hätte auch springen können, aber der Boden war nicht so flach wie das Dach. Da schauten schon an einigen Stellen Steine hervor. Ein falsches Aufkommen, und sie hatte sich leicht den Fuß verstaucht oder sogar gebrochen.
    Mit geschmeidigen Bewegungen kletterte Rosanna die Leiter hinab. Es war wie immer. Ganz locker. Sie rutschte nicht aus, sie schaffte es leicht, trat mit dem linken Bein zuerst auf den normalen Boden – und stieß einen leisen Schrei aus, als sie plötzlich die beiden Hände spürte, die sich um ihre Taille legten.
    »Überraschung«, flüsterte eine Männerstimme.
    Rosanna entspannte sich und holte tief Luft. »Dio, du bist es, Flavio.«
    »Wer sonst?«
    »Ich weiß nicht. Ich habe mich erschreckt. Ich dachte, du würdest später kommen.«
    »Es ging besser als ich dachte. Die Straßen waren ziemlich frei. Das habe ich ausgenutzt.«
    »Super.« Rosanna drehte sich. Sie schaute in Flavio’s lächelndes Gesicht. Er war vier Jahre älter als sie und wirkte immer noch wie ein großer Junge. Das mochte an seinen lockigen Haaren liegen, die er lang hatte wachsen lassen. Dadurch hingen sie um seinen Kopf wie eine gekräuselte Matte. Die Narbe auf seiner hohen Stirn störte Rosanna nicht. Er war kein Schönling, aber einer, auf den sie sich verlassen konnte. Von Beruf war er Pflasterer, der noch seinen Meister machen wollte. Rosanna hatte ihm mal zugeschaut, wie er die Steine nebeneinander legte. Das sah aus, als wären sie von den Händen eines Künstlers geführt worden.
    »Ist das alles, Rosanna?«
    »Wie alles?« Sie wusste, was er meinte, stellte sich jedoch ahnungslos.
    »Was ist mit einem Kuss?«
    »Muss das sein?«, fragte sie und verdrehte die Augen.
    »Ja, es muss«, erwiderte Flavio und riss seine Freundin an sich. Im nächsten Moment brannte der Kuss auf ihren Lippen, und sie öffnete bereitwillig den Mund, damit die Zungen ihr Spiel beginnen konnten. Er war so wild, dass Rosanna ihn zurückdrängen musste, weil sie keine Luft mehr bekam. »He, was ist denn mit dir los?«
    »Du machst mich eben so scharf.«
    »Hör doch auf!«
    »Das stimmt aber.«
    Sie winkte ab. Jetzt lächelte sie. Es tat ihr gut, wenn er so etwas sagte. Rosanna wusste nicht, ob sie ihm noch lange würde widerstehen können. Sie kannten sich seit sechs Monaten, und auch sie spürte immer mehr den Drang, mit ihm zu schlafen. Schließlich waren beide erwachsene Menschen.
    »Was hast du vor?«
    Flavio strich die Haare zurück. »Wir können hier im Ort bleiben, aber auch wegfahren.«
    »Der letzte Vorschlag hört sich besser an.«
    »Finde ich auch.«
    »Wohin sollen wir fahren?«
    Flavio trat nahe an sie heran und strich erst über ihre Arme, dann über die kleinen Hügel der Brüste. »Wir fahren
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