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Bis bald, Sharma!

Bis bald, Sharma!

Titel: Bis bald, Sharma!
Autoren: Marlies Bhullar
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wichtige Spielfiguren da und hatte verloren. Er machte immer riesige Augen, wenn ich ihm auch nur eine popelige, unwichtige Figur abluchste und nahm mir dafür gleich drei weg. Ich verlor immer. Aus Rache schob ich ihm nur einen winzigen Krümel, kleiner als ein Stecknadelkopf, von dem von ihm geliebten Halva in seinen Mund. Er erwartete natürlich ein großes Stück auf dem Löffel, so groß wie meines, und war baff, als er nur einen Hauch von Halvageschmack in seinem Mund vorfand. Ich lachte mich kaputt, als er wie ein belämmertes Schaf schaute. Ich konnte gar nicht so schnell schauen – schwupps – hatte er mir die ganze Schachtel mit dem Halva abgenommen, inklusive Löffel, und fütterte mich mit atomkerngroßen Halva-Molekülen, während er sich selbst riesengroße Stücke in seinen Mund stopfte. Ich schrie zum Spaß auf wie ein Kind. Wir lachten und lachten. Es war ein Riesenspaß, er hatte keinen echten Futterneid, es war nur ein Spiel.
    Einmal nahm ich zwei Packungen Halva und zwei Löffel mit an den See. Ich aß mein Halva ganz „ordentlich“, ich vermanschte nichts in der Schachtel, kratzte die Ränder sauber und genoss meine Süßigkeit sparsam. Sharma dagegen löffelte seines ganz durcheinander, einige Brösel fielen herunter und seine Schachtel sah nicht „ordentlich“ aus. Das sagte ich ihm.
    „Wie isst du denn dein Halva, alles ist vermantscht und schmutzig.“,  warf ich ihm zum Spaß vor.
    „Na, und wie schaut deines aus, hmmm?“ Dabei zerhackte er in Windeseile mit seinem Löffel mein schön ordentlich gegessenes Halva, sodass ich starr vor Schreck war. Wir konnten nicht mehr aufhören zu lachen.
    Oh ….. meine indische Liebe.
    An meinem Geburtstag im Juni kam er am See mit einer winzigen, rosaroten, selbstgepflückten Heckenrose zu mir und machte mir einen Heiratsantrag.
    „Ja! Ja! Ja! ... ich heirate dich, mein Schatz“, freute ich mich. Er saß da, in seinen Augen glitzerte die Abendsonne und ich sah winzige Tränen, die er mit seinen Händen verdecken wollte. „Warum weinst du denn, Sharma?“
    „Ach, ich weine, weil mein Vater nicht mehr miterleben kann, wenn ich dich heirate.“ Sein Vater war vor einigen Jahren an Nierenversagen gestorben. Ich trocknete seine Tränen und küsste ihn.
     
    Wir beide hatten Urlaub und verbrachten jede Minute miteinander. Wir gingen eng umschlungen zum Einkaufen in die Stadt, wir kochten und machten zusammen Salate, wir pflanzten einen kleinen Garten an und züchteten Tomaten und Kräuter. Unsere Tage verliefen in ruhigen Bahnen. Früh standen wir gemeinsam auf, ich küsste ihn immer wach, leckte sein Ohr ab und kitzelte zärtlich seine Füße. Er schrie vor Vergnügen, kugelte sich selbst aus dem Bett und putzte seine Zähne, die mit den großen Lücken. Dann verschwand er in der Küche und wenig später duftete es nach indischem Tee. Wir aßen zum Frühstück nur wenig, meist nur Obst, weil ich ihm erzählt hatte, dass durch Obstgenuss seine Haare, die sich am Hinterkopf gelichtet hatten, wieder nachwachsen würden - was tatsächlich passierte. Nach vier Monaten bekam er winzige, kleine schwarze Haare, wie Babyhaare, und ich zeigte sie ihm mit einem Spiegel.
    „Oh, jetzt werd e ich wieder jung“, sagte er stolz.
    „Ja, super ... ein Traumprinz ohne Haare, wie schaut denn das aus“, erwiderte ich lächelnd.
    Nach dem Frühstück gingen wir in die Stadt und kauften ein. Er Kichererbsen-Mehl für seine Chapatis, ich mein geliebtes Obst und Gemüse. Weil es so warm war, kochten wir mittags nicht. Wir packten eine Decke, Getränke, Obst, Süßes und natürlich das Schachspiel ein und verbrachten den ganzen Nachmittag am See unter einem schattigen Baum, meinem Lieblingsbaum, bei dem sich die Äste bis zum Boden neigten und uns einen guten Sichtschutz boten. Wir kuschelten immer erst stundenlang, ohne ein Wort zu sagen. Wir machten aus, eine ganze Stunde nicht zu sprechen und wer die Regel bräche, würde eine Runde um den See laufen müssen. Meistens musste ich laufen. Mit der unmöglichsten Gestik und Mimik versuchten wir uns zu verständigen. Dabei lachten wir uns halbtot. Ich machte immer mein „Katzengesicht“, indem ich meine Oberlippe so formte, dass es aussah, als hätte ich zwei Schnorren - wie bei einer Katze. Er wollte es unbedingt auch können und übte stundenlang, aber es gelang ihm einfach nicht, seine Lippe so zu formen. Wahrscheinlich war mir diese Fertigkeit in meine Gene gelegt worden und für mich war es daher einfach,
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