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Bis bald, Sharma!

Bis bald, Sharma!

Titel: Bis bald, Sharma!
Autoren: Marlies Bhullar
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saß weiter still und bewegungslos in diesem Auto. Warum hörte er mich nicht? Warum konnte ich ihn nicht erreichen? Eine schreckliche Strafe, solch einen Traum zu träumen.
    Ich wusste, dass er sich nicht melden konnte, weil er nichts bei sich hatte, weder Handy noch Geld.
     
    Die Tage reihten sich aneinander und wurden mir zu einer großen Qual. Man hatte mir nur gesagt, dass Sharma, nach dem er den Asylantrag gestellt hatte, irgendwohin, in irgendeine Stadt in Österreich geschickt würde. Ich ging stundenlang spazieren und betete an unseren gemeinsamen Plätzen, dass alles gut wird. Aber das Schlimmste waren die Leute, die wie Hyänen über mich herfielen. „Pass auf ... er will nur eine Aufenthaltserlaubnis und nach drei Jahren hat er sie unbefristet und holt dann seine angeblich geschiedene Ehefrau von Indien nach Deutschland“. Ich musste mir das immer und immer wieder anhören, sodass mein Vertrauen zu meinem Geliebten angeknackst wurde. Ich hatte schreckliche Angst, dass er mich an der Nase herumführen würde, dass er mir Liebe nur vorspielte. Das konnte nicht sein. Das durfte nicht sein. Mein süßer Traumprinz ein durchtriebener Lügner?? Ich heulte mich in den Schlaf und in meiner Fantasie sah ich ihn als Monster vor mir. Warum war er so lieb zu mir? Warum hatte er alles für mich gemacht? Warum hatte er für mich gekocht? Warum mich die ganze Nacht gestreichelt? Warum hängte er mit mir die Wäsche auf, arbeitete im Garten, spielte mit mir Schach, machte lange Spaziergänge bei Vollmond? Warum hatte er mir Tag und Nacht seine  Liebe geschworen und sie mir Stunde um Stunde gezeigt? Mein Mann ein Lügner?? Nein. Mein Traummann konnte kein Lügner und Betrüger sein. Niemals!
    Ich fragte ihn tausendmal, warum und wieso er von seiner Frau geschieden sei, er hatte mir immer wieder beteuert, seine Frau sei mit seinen beiden Kindern weggegangen, weil er als Leutnant beim Militär dazu verpflichtet war, in Kaschmir zu dienen. Seine Frau wollte das aber nicht und verließ ihn. Was sollte ich glauben? Ich bekam Durchfall vor lauter Sorgen. Es war mir nie aufgefallen, dass er vor mir etwas zu verstecken hatte. Ich hatte ihn oft getestet, beobachtet, aber es war absolut alles klar. Einmal zeigte er mir ein weißes Blatt Papier und sagte: „Schau Jasmin, ich bin so klar wie dieses Papier, aber du drehst und wendest es, schaust durch es hindurch, versuchst einen Fehler zu finden, aber da ist nichts. Ich bin ehrlich mit dir, glaube mir. Warum glaubst du mir nicht? Ich liebe dich und es ist nichts – NICHTS – absolut nichts zwischen uns. Vertraue mir bitte!“
    Nur einmal fiel mir etwas auf. Als er mir aus einem kleinen Kuvert ein Passfoto von sich geben wollte, blieb er nicht neben mir auf dem Sofa sitzen, sondern stand auf und ging ans Fenster. Mit mir zugewandtem Rücken nahm er zwei Fotos heraus, drehte sich um und schenkte sie mir. Später dachte ich über seine Handlun gsweise nach und vermutete, ob er vielleicht noch andere Passfotos in seinem Kuvert stecken hatte, solche, die ich nicht sehen sollte! Vielleicht welche von seiner geschiedenen Frau oder seinen Kindern, zu denen er angeblich keinen Kontakt mehr hatte. Aber das entsprang alles meiner blühenden Fantasie, es waren nur Vermutungen, ich hatte keine Beweise.
    Jetzt saß ich ohne ihn da und wusste nicht weiter und die Leute machten mich mit ihren gemeinen Vermutungen verrückt. Ich traf meinen Exfreund, er sagte das Gleiche wie alle anderen. „Jasmin, du bist doof, du bist wie kleines Kind, kapier endlich, er will nur eine Aufenthalts erlaubnis, dann nach drei Jahren fängt er mit dir Streit an und reicht die Scheidung ein und holt seelenruhig, ohne mit der Wimper zu zucken seine „geschiedene Frau“ inklusive seiner Kinder nach Deutschland und du kriegst einen Tritt in den Hintern. Jasmin, pass auf, heirate ihn noch nicht! Wenn er dich wirklich liebt, dann wartet er auf dich.“ Bei solchen Äußerungen konnte ich heulend zusammen- brechen oder ich wurde böse und verteidigte meinen indischen Prinzen bis aufs Messer, aber der bittere Nachgeschmack blieb und wenn ich allein war, zerfraßen mich Kummer und Zweifel. Jetzt war er weg und ich konnte nicht mit ihm darüber sprechen.
    Endlich, endlich rief er an. Er sei in einem winzigen Kuhdorf in Seewalchen im Attergau und vegetiere in so einem primitiven Asyllager mit schlechtem Essen vor sich hin. Kein Obst, keine Vitamine, kein Geld, kein Handy, kein Kontakt zur Außenwelt. Mein Schmerz über
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