Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bis auf die Knochen

Bis auf die Knochen

Titel: Bis auf die Knochen
Autoren: Jefferson Bass
Vom Netzwerk:
eine Fuhre Sand, Kalk und Torfmoos hinaufgekarrt. Der Boden am Fu ß der Kiefer war von den fl ü chtigen Fetts ä uren, die aus der Forschungsleiche gesickert waren, fast ganz schwarz gewesen, was hie ß , dass der Boden so sauer war, dass dort ohne ein wenig Unterst ü tzung mindestens ein, wom ö glich auch zwei Jahre lang nichts wachsen w ü rde. Und ich wollte, dass dort etwas wuchs.
    Ich hatte sogar ü berlegt, den Baum zu f ä llen, denn ich wusste, dass ich nie wieder einen Blick darauf werfen konnte, ohne an den Anblick von Jess’ Leiche erinnert zu werden und ihren Verlust zu sp ü ren. » Sie sollen sich an sie erinnern «, hatte Miranda gesagt, als ich ihr von meinem Plan erz ä hlte, den Baum zu f ä llen und die Erinnerung in sechzig Zentimeter lange Scheite zu s ä gen. » Ich wei ß , dass das jetzt im Augenblick weh tut, und vielleicht h ö rt es nie auf, weh zu tun. Aber sie verdient es, dass wir uns an sie erinnern, und nicht nur an das, was leicht und sch ö n war. Ihr Leben war mit der Body Farm verwoben. Genau wie ihr Tod. Versuchen Sie nicht, das auszul ö schen. Suchen Sie einen Weg, es in Ehren zu halten.«
    Ich hatte eine Weile gebraucht, um das zu verarbeiten. Schlie ß lich jedoch erkannte ich, dass das, was Miranda gesagt hatte, richtig war und wichtig. Und ü berraschend klug obendrein. Wie konnte jemand, der nur halb so alt war wie ich, doppelt so klug sein? Sie hatte die schmeichelhafte Frage mit einem Achselzucken abgetan. » Ich habe ihr nicht so nah gestanden wie Sie «, sagte sie. » Es f ä llt mir leichter, es deutlich zu sehen – sie zu sehen, Sie zu sehen und Sie in Beziehung zu ihr. Das ist alles. Sie wissen das alles auch; Sie erkennen es blo ß noch nicht, weil der Berg von Schmerz, der dar ü ber geh ä uft ist, einfach noch zu gro ß ist.« Wieder konnte ich nur ü ber ihre Einsichtsf ä higkeit staunen.
    » Wuff «, st ö hnte ich und wankte die letzten Schritte zur Kiefer hoch. Ich kippte die Schubkarre zur Seite, und die H ä lfte der Erde t ü rmte sich zu einem kleinen Haufen auf, neben den anderen Haufen Mutterboden, Sand und Torfmoos. Zwei Schaufeln kratzten den Rest aus der Schubkarre.
    » Ich hab’s dir ja angeboten «, sagte Art, der die eine Schaufel schwang, » aber l ä sst du mich? O nein. Das musst du alles allein machen.«
    » Er braucht die k ö rperliche Ert ü chtigung «, sagte Miranda, die die andere Schaufel schwang. » Um die b ö sen Geister zu vertreiben.«
    Art besah mich von Kopf bis Fu ß . » Ich kann mir schon vorstellen, dass das Training dir guttut. Aber hast du wirklich b ö se Geister, die ausgetrieben werden m ü ssen? «
    » Das w ä re ein bisschen dramatisch formuliert «, sagte ich. » K ö rperliche Arbeit hilft allerdings. Vielleicht auch, es zu ü bertreiben – vielleicht brennen die Muskeln dann mehr als der Schmerz da innen drin. Lenken mich jedenfalls davon ab.«
    Art und Miranda machten sich daran, die Erde umzugraben und den Mutterboden mit den andern Zutaten zu vermischen. Dann harkten sie sie um den Fu ß des Kriechwacholders und des Berglorbeers, die wir um die Kiefer gepflanzt hatten. » Das musst du jeden Tag gie ß en, wei ß t du «, sagte Art. » Es w ä re sehr viel sicherer, die Sachen im Winter zu pflanzen, wenn sie schlafen.«
    » Ich wei ß«, sagte ich, » aber es war mir wichtig, es jetzt zu tun. Wenn man zu lange mit der Einrichtung einer Gedenkst ä tte wartet, entgleitet einem die Erinnerung wom ö glich. Man l ä sst sich zu leicht ablenken, vergisst es, kommt vielleicht nie dazu.« Ich sah Miranda an. Sie musterte mich, w ä hrend ich das sagte, und l ä chelte. Ich erwiderte ihr L ä cheln und nickte ihr dankbar anerkennend zu.
    Art machte eine Pause und st ü tzte sich auf seine Schaufel, dann griff er in seine Hosentasche und holte ein Taschentuch heraus, mit dem er sich Gesicht und Hals abwischte. » Was brauchen die blo ß so lange? Glaubst du, sie haben sich verfahren? «
    » Nein «, sagte ich. » Wahrscheinlich flirtet sie mit dem Steinmetz.« Just in diesem Augenblick h ö rte ich vom Parkplatz das satte Poltern, mit dem teure Wagent ü ren ins Schloss fielen. » Wo wir gerade vom Teufel reden «, sagte ich. » Ich glaube, sie sind da.«
    Mein Glaube wurde wenige Augenblicke sp ä ter best ä tigt, als vom Tor eine Stimme den H ü gel heraufwehte. » Dr. Bill? Hu-huuu! Wo sind Sie alle, Dr. Bill? «
    » Wir sind hier oben, Miss Georgia «, rief ich. » Folgen Sie nur dem Pfad durch den Wald.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher