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Bis ans Ende der Welt

Titel: Bis ans Ende der Welt
Autoren: Joerg Riehl
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geboren?«
    »1985. Warum?«
    »Für das chinesische Tierkreiszeichen. Wenn man beide mischt, verbessert sich die Ergebnisgenauigkeit.«
    »Hm, ich weiß nicht, bist du sicher?«
    »Sicher nicht, aber wär doch logisch.« Sie begann, ihre Papierserviette zu knödeln. »Wenn du nicht an Horoskope glaubst, woran dann?«
    »An Schicksal, Vorherbestimmung.«
    Über Schicksal hatte Ralf in den letzten Tagen viel nachdenken müssen. Die Welt verhielt sich nach Naturgesetzen, das war klar, also wurde auch der Mensch von chemischen Prozessen im Körper gesteuert: Er dachte, handelte und fühlte gesetzmäßig, eine Art Maschine, wenn auch sehr kompliziert. Genetisches Erbe und Lebensumstände ergaben für jeden ein einzigartiges Schicksal, das streng nach diesen Gesetzmäßigkeiten ablief. Die Menschen hatten zwar einen eigenen Willen, nur war der eben ein Produkt der Physik und eingezwängt in die millionenfachen Willenskräfte der Umwelt, die sich natürlich auch nach der Physik richten mussten. Das so genannte Schicksal ließ sich nicht genau voraussagen, aber wenn man die Signale in sich selbst und die Zeichen der Umwelt richtig zu deuten verstand, wusste man, in welche Richtung das Leben lief. In seinem Fall Süd-Ost, Australien. Nur: Das war schwer zu erklären.
    Aus der Serviette war eine kleine weiße Kugel geworden. Miriam zuckte mit den Schultern. »Vorherbestimmung hast du auch in der Astrologie: Die Geburt bestimmt über deine Wesensmerkmale, die Konstellation der Sterne über das, was dir im Leben zustößt - das ist Bestimmung.«
    Schön, da hatte sie Recht. Nur dürften sich die Sterne wohl kaum so stark für die Menschen interessieren wie andersrum. Und wenn die Bestimmung unabsichtlich läuft, also niemand dahinter steckt und mit guten oder dunklen Absichten die Fäden zieht, dann bedeutet ganz einfach eine bestimmte Planetenkonstellation Glück und eine andere Pech, wie eine chemische Reaktion. Oder wie tief fliegende Schwalben ein Gewitter ankündigen. Bei dieser Astrosache gewittert es aber nur über den Schwalben, die an einem bestimmten Tag geschlüpft sind. Woher weiß das Wetter, wer wann geboren wurde, und wie gelingt es ihm, dass es nur auf bestimmte Leute regnet? Das war naturwissenschaftlich nicht gerade logisch.
    Miriam kicherte. »Was du für ein Gesicht machst! Soll ich’s zurücknehmen? Astrologie ist für Doofe, Glaube an Schicksal für Gescheite - gut?«
    Für Ralf kam das ziemlich genau hin, aber er behielt es besser für sich. Stattdessen sagte er: »Ein bisschen merkwürdig ist es schon, dass ausgerechnet der Geburtstag über dein Leben bestimmen soll. Warum nicht der Tag der Zeugung?«
    »Wer kennt denn schon sein genaues Datum?« Sie seufzte. »Außerdem sind Horoskope ja nicht streng wissenschaftlich.«
    »Warum glaubst du dann dran?«
    »Du kannst fragen. Warum glaubst du an Schicksal?«
    »Na ja - alle Menschen sind einmalig. Jeder hat ein persönliches Schicksal und wieso sollte sich das in irgendwelche zwölf Kategorien einordnen lassen? Außerdem, was unser Leben beeinflusst, ist bestimmt nicht tausende Lichtjahre entfernt, sondern hier um uns rum.«
    »Klingt gut, nur wie finde ich das?«
    »In Zeichen. Man muss danach suchen.«
    Ralf stopfte sich das letzte Salatblatt in den Mund. Dass er Kristine kennen gelernt hatte, war zum Beispiel ein Zeichen. Dass sie sich in Melbourne verpasst hatten, bedeutete vermutlich auch was.
    »Der leere Teller ist ein Zeichen für vollen Bauch?« Sie schnippste die Papierkugel nach ihm.
    Hahaha. Es blieb dabei: Schicksal war einleuchtend, Astrologie Hokuspokus.
    Ein Mädchen mit halblangen, rot gefärbten Zotteln und einem Ring durch die linke Augenbraue setzte sich zu ihnen an den Tisch, sagte »Hi« und fing an, etwas mit Miriam zu besprechen. Miriam unterbrach nur einmal kurz, um Ralf - »from Germany« - und Liz - »eine Freundin« - vorzustellen, dann quasselten sie eine Ewigkeit. Ralf kam sich ein bisschen dämlich vor, denn er verstand so gut wie nichts. Als sie aufstand, sah Liz ihn an, fragte Miriam was über einen »cutie«, worauf die rot wurde und den Kopf schüttelte.
    Liz sagte »not yet«, beide kicherten. Was hatte das zu bedeuten? Ralf nahm sich vor, Kristine zu fragen, was ein »cutie« ist. Er vermisste sie. Hätte sie bloß ihr Handy mitgenommen.

4.
    Kristine war dreimal zu Davids Apartment gelaufen - er war nie zu Hause. In der Zwischenzeit hatte sie am Strand Volleyball gespielt, mit international besetzten Teams: Auf dem
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