Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)

Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)

Titel: Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
Autoren: Liz Carlyle
Vom Netzwerk:
es abzuschütteln.
    Bis heute konnte er an einer Hand die wenigen Male abzählen, die er sich krank genug gefühlt hatte, um einen Arzt aufzusuchen. Ärzte bewirkten sehr viel mehr Schlimmeres, als sie Gutes bewirkten, das glaubte er. Außerdem hatte Rothewell immer eine Rossnatur gehabt. Er hatte niemandes Rat gebraucht, weder medizinisch noch anderweitig.
    Hinter dem Vorhang hörte er, dass der Arzt die Tür öffnete und das Zimmer verließ. Resigniert hängte Rothewell das letzte seiner Kleidungsstücke auf einen der Messinghaken, die offensichtlich für diesen Zweck gedacht waren, und sah sich dann in dem Raum um. Er war aufwendig möbliert; schwere Samtportieren schmückten die Fenster, und der Boden war aus cremeweißem Marmor. Ein wuchtiger, auf Hochglanz polierter Schreibtisch besetzte das eine Ende des Zimmers, und in der Mitte stand ein großer Tisch neben einer ledergepolsterten Liege. Dr. Reddings Patienten, so schien es, lebten demzufolge lange genug, um ihre Rechnungen zu bezahlen. Das ist doch immerhin schon etwas, dachte Rothewell.
    Auf dem Tisch stand ein Zinntablett, auf dem diverse medizinische Instrumente lagen. Rothewell trat näher, und ein unbehagliches Frösteln begann ihn zu überlaufen. Ein Skalpell und zwei Lanzetten funkelten ihn böse an. Dann gab es Scheren und Pinzetten und Nadeln – zusammen mit anderen Werkzeugen, die er nicht kannte. Das Frösteln verstärkte sich.
    Großer Gott, er hätte niemals hierherkommen sollen. Die Medizin trennte doch nur ein Schritt von der Hexerei. Er sollte nach Hause gehen und entweder aus eigener Kraft gesund werden oder wie ein Mann sterben.
    Aber heute Morgen … dieser verdammte Morgen war das Schlimmste überhaupt gewesen. Er konnte noch immer das Brennen von Eisen und Säure in seiner Kehle spüren, während die Krämpfe seine Rippen zerbrochen hatten.
    O verdammt! Er könnte ebenso gut bleiben und sich anhören, was der grimmig dreinschauende Dr. Redding zu sagen hatte. Dann schob er den Gedanken an diesen Morgen beiseite und nahm eines der Furcht erregend aussehenden Instrumente in die Hand, um es eingehender zu betrachten. Vielleicht war es ein mittelalterliches Folterinstrument?
    »Eine Trepanationsklammer«, ertönte eine Stimme hinter ihm.
    Rothewell zuckte zusammen, und das Instrument fiel klirrend auf das Tablett. Er wandte sich um und sah Dr. Redding neben dem Vorhang stehen.
    »Aber wenn es Ihnen ein Trost ist, Mylord«, sagte der Arzt, »dann bezweifle ich sehr, dass wir es für notwendig halten werden, Ihnen einen Loch in den Schädel zu bohren.«
    Der Nieselregen hatte endlich aufgehört, als die glänzende schwarze Barouche ihre dritte und letzte Runde durch den Hyde Park fuhr. Der Serpentinenteich hatte sich wie ein Ding aus der Artuslegende aus den Nebelfetzen erhoben, und die mutigeren Seelen der beau monde dadurch verlockt, doch noch einen Ausritt oder eine Ausfahrt zu wagen. Und obwohl der Höhepunkt der Saison bereits einige Wochen zurücklag, erregte der Gentleman, der die Peitsche so elegant handhabte, mühelos die Aufmerksamkeit aller, denn er war sowohl gut aussehend als auch gut bekannt – wenn auch nicht besonders geschätzt. Leider, und das trotz seiner Schönheit, belegte ihn die Gesellschaft oft mit der kältesten aller englischen beschönigenden Umschreibungen – mit dem diffusen Makel, für not quite nice gehalten zu werden.
    Obwohl er sein bestes Alter bereits überschritten hatte und stets am Rande des Bankrotts lebte, war der Comte de Valigny mit unverkennbar kontinentaler Eleganz gekleidet, und seine untadelige Garderobe wurde noch durch die Art von Hochnäsigkeit betont, die nur ein Franzose mit solcher Selbstverständlichkeit an den Tag legen konnte. Die atemberaubende Schönheit, die stocksteif neben ihm saß, wurde von den Passanten im Allgemeinen für seine neueste Geliebte gehalten, denn Valigny war dafür bekannt, dass er die Frauen mit geradezu raubtierhafter Gefräßigkeit konsumierte.
    Der Nachmittag war inzwischen jedoch weit vorangeschritten, und da es Oktober und zudem nasskalt war, waren im Park nur wenige Menschen anzutreffen. Lediglich zwei schneidige junge Gecken zu Pferde und einige missbilligend dreinschauende Witwen in einem Landauer gönnten der Frau an Valignys Seite mehr als einen flüchtigen Blick. Und das war, nach seinem Dafürhalten, eine verdammte Schande. Fast sehnsüchtig schaute er über die Schulter auf die jungen Gentlemen.
    » Mon Dieu , Camille!«, beklagte er sich, während
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher