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Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)

Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)

Titel: Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
Autoren: Liz Carlyle
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erwartet, dass die Ärzte ihre Patienten zu Hause aufsuchten, nicht die Patienten die Ärzte. Aber sein verdammenswerter Stolz würde das niemals zulassen.
    Das Mädchen ergriff wieder das Wort. »Ich fürchte, Mylord, dass der Doktor noch nicht von seinen Nachmittagsvisiten zurückgekehrt ist«, erklärte sie freundlich. »Er könnte noch einige Zeit fort sein.«
    Damit hatte Rothewell nicht gerechnet. Er war ein Mann, der es gewohnt war zu bekommen, was er wollte – und das schnell. Seine Frustration war ihm offensichtlich anzusehen.
    »Wenn Sie zu warten wünschen, Mylord – darf ich Ihnen einen Tee bringen?«, bot das Mädchen an.
    Aus einem Impuls heraus griff Rothewell sich seinen Hut von dem Tischchen, auf dem das Mädchen ihn abgelegt hatte. Er hatte hier nichts verloren. »Danke, nein«, lehnte er angespannt ab. »Ich muss gehen.«
    »Darf ich dem Doktor eine Nachricht überbringen?« Die Miene des Hausmädchens zeigte Widerstreben, als es ihm seinen Umhang reichte. »Vielleicht könnten Sie morgen wiederkommen?«
    Rothewell empfand den fast überwältigenden Drang, diesen Ort zu verlassen und vor seinen eigenen närrischen Ängsten und Gedanken zu fliehen. »Nicht morgen. An einem anderen Tag – vielleicht.«
    Er verließ das Haus in so großer Hast, dass er den hochgewachsenen Mann übersah, der die Treppe heraufkam, und diesen fast umrannte.
    »Guten Tag«, grüßte der Mann und lüftete den Hut, während er geschickt zur Seite auswich. »Ich bin Dr. Redding. Kann ich irgendwie behilflich sein?«
    »Eine Angelegenheit von einiger Dringlichkeit, hm?«, sagte Dr. Redding zehn Minuten später. »Ich frage mich, Mylord, warum Sie es so lange haben laufen lassen, wenn Sie es doch für so dringend halten.«
    Der Arzt war ein dunkelhaariger dürrer Mann mit einer Hakennase und tief liegenden Augen. Der Gevatter Tod, der seine Kapuze abgestreift hatte.
    »Falls es gekommen und wieder gegangen wäre, Sir, wäre es jetzt nicht dringend, nicht wahr?«, widersprach Rothewell. »Und ich dachte, das würde es. Wieder weggehen, meine ich. Diese Art von Dingen tut das immer, wissen Sie.«
    »Hm«, sagte der Arzt und zog Rothewells untere Augenlider herunter. »Von welcher Art von Dingen sprechen Sie, Mylord?«
    Rothewell brummte unwillig. »Verdauungsstörungen«, sagte er schließlich. »Unpässlichkeit. Sie wissen schon, was ich meine.«
    Der Blick des Arztes wurde seltsam ausdruckslos. »Nun, bei Ihnen geht es um ein wenig mehr als um eine gestörte Verdauung, Mylord«, konstatierte er und betrachtete wieder Rothewells linkes Auge. »Und Ihre Farbe ist besorgniserregend.«
    Wieder stieß Rothewell ein missmutiges Brummen aus. »Ich bin vor Kurzem von den Westindischen Inseln gekommen«, erklärte er dann. »Ich habe zu viel Sonne abbekommen, würde ich meinen. Mehr ist es nicht.«
    Der Doktor lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Mehr als das ist es nicht?«, wiederholte er und sah ungeduldig aus. »Das denke ich nicht, Sir. Ich rede von Ihren Augen, nicht von Ihrer Haut. Dort scheint eine Spur von Gelbfärbung vorzuliegen. Dies sind ernste Symptome, und das wissen Sie. Ansonsten wäre ein Mann Ihrer Sorte niemals hierhergekommen.«
    »Von meiner Sorte … ?«
    Der Arzt ignorierte ihn und fuhr stattdessen mit seinen Fingerspitzen über Rothewells Kinn und dann über beide Seiten seines Halses. »Sagen Sie, Mylord, haben Sie an Malaria gelitten?«
    Rothewell lachte. »Das war einer der Flüche der Tropen, von denen ich verschont geblieben bin.«
    »Sie sind starker Trinker?«
    Rothewell grinste grimmig. »Einige behaupten das.«
    »Und Sie rauchen«, stellte der Arzt fest. »Ich kann es riechen.«
    »Ist das ein Problem?«
    »Übermäßiger Genuss jeder Art ist ein Problem.«
    Rothewell knurrte unwillig. Ein moralisierender Pessimist. Genau das, was er brauchte.
    Mit raschen, ungeduldigen Bewegungen zog der Arzt einen Vorhang neben der Tür zur Seite, was dessen Metallringe disharmonisch klirren ließ. »Wenn ich Sie bitten darf, Mylord – treten Sie hinter den Vorhang, und legen Sie Ihren Rock, Ihre Weste und Ihr Hemd ab. Und dann legen Sie sich bitte dort auf die Liege.«
    Rothewell begann, seine Seidenweste aufzuknöpfen, wobei er im Stillen den Arzt, den nagenden Schmerz in seinem Magen und sich selbst verfluchte. Das Leben in London brachte ihn um. Der Müßiggang war wie ein Gift, das in seine Adern einsickerte. Er konnte es fühlen, brachte jedoch nicht genügend Selbstachtung auf,
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