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Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)

Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)

Titel: Bezwungen von deiner Leidenschaft: Roman (German Edition)
Autoren: Liz Carlyle
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Marylebone. Rothewell war Privatier und überdies kein besonders gut gelaunter.
    Er zertrat seinen Zigarrenstumpen nachdrücklich mit dem Absatz und schickte die Kutsche mit einer Handbewegung davon. Respektvoll tippte der Kutscher mit der Peitsche an seine Hutkrempe, bevor er anfuhr.
    Der Baron verharrte auf dem Bürgersteig, bis die Kutsche um die letzte Ecke des Karrees gebogen und in der Tiefe der Holles Street verschwunden war. Er fragte sich, ob er sich zum Narren machte. Vielleicht hatte seine Gemütsverfassung ihn dieses Mal so aus dem Lot gebracht, überlegte er und begann, entschlossenen Schrittes die Harley Street hinaufzugehen. Vielleicht war das alles. Seine Stimmung. Und eine weitere Nacht ohne Schlaf.
    Er war in den graurosafarbenen Stunden kurz vor der Morgendämmerung aus dem Satyr’s Club heimgekommen. Dann, nach einem Bad und einem den Magen zum Revoltieren bringenden Blick auf das Frühstück, war er geradewegs in das Hafenviertel gefahren, zum Kontor der Reederei, die seiner Familie gehörte, um sich davon zu überzeugen, dass während der Abwesenheit seiner Schwester alles seinen Gang ging. Aber nach einem Ausflug zu Neville Shipping war Rothewell stets nervös und gereizt – weil, das gab er offen zu, er mit diesem verdammten Geschäft nichts zu tun haben wollte. Er würde heilfroh sein, wenn Xanthia von ihrer Reise mit ihrem frisch angetrauten Ehemann zurückkehren würde, damit diese Last wieder von seinen Schultern genommen und zurück auf ihre gelegt würde, wohin sie schließlich gehörte.
    Aber schlechte Laune konnte nicht im Entferntesten für seine momentanen Probleme verantwortlich sein, und tief in seinem harten schwarzen Inneren wusste Rothewell das. Er verlangsamte seinen Schritt, um die Messingschilder zu lesen, die sich an den Türen der eleganten Häuser befanden, die die Harley Street säumten. Und von diesen Schildern gab es einige: Hislop. Steinberg. Devaine. Manning. Hoffenberger. Die Namen verrieten ihm nichts über die Menschen hinter den Türen – nichts über deren Charakter, deren Sorgfalt oder, was noch mehr zählte, über deren schonungslose Ehrlichkeit.
    Rothewell erreichte schon bald die Ecke der Devonshire Street und stellte fest, dass sein Erkundungsgang zu Ende war. Er schaute über die Schulter zurück auf die Straße, die er gerade entlanggegangen war. Verdammt, er ging mit der Sache um, als würde er nach einem Gemüsehändler suchen. Aber in diesem Fall konnte man die Ware kaum durch ein Fenster in Augenschein nehmen. Zudem wollte er im Grunde genommen niemanden um Rat bitten – oder dessen prüfende Fragen anhören, die folgen würden.
    Stattdessen versicherte er sich einfach selbst, dass Kurpfuscher und Medizinmänner im Allgemeinen keine Praxen in Marylebone hatten. Denn auch wenn der Baron erst seit einigen Monaten in London weilte, wusste er bereits, dass sich die Harley Street allmählich zum Territorium von Hippokrates’ Elite entwickelte.
    Bei diesem Gedanken machte er kehrt und stieg die breite Marmortreppe des letzten Hauses mit einem Messingschild hinauf, an dem er vorbeigekommen war. Wenn der eine Arzt so gut war wie der andere, könnte es ebenso gut dieser sein – an diesem Punkt seiner Überlegungen beugte sich Rothewell vor, um durch den Nieselregen auf das Schild zu schauen – ah ja: James G. Redding, M.D. – Hier würde er richtig sein.
    Ein in Grau gekleidetes Hausmädchen mit rundlichem Gesicht öffnete Rothewell die Tür, kaum dass er den Türklopfer losgelassen hatte. Ihr Blick glitt an ihm hinauf – weit hinauf –, während sie seine Erscheinung abschätzte. Fast sofort riss sie die Tür weit auf und knickste tief. Sie beeilte sich, ihm den nassen Hut und den Umhang abzunehmen.
    Rothewell reichte ihr seine Karte. »Ich möchte Dr. Redding konsultieren«, sagte er, als würde er solche Anliegen täglich vorbringen.
    Offensichtlich konnte das Mädchen lesen. Es schaute auf die Karte und knickste wieder, den Blick gesenkt. »Erwartet der Doktor Sie, Mylord?«
    »Nein, das tut er nicht«, bellte er. »Aber es handelt sich um eine Angelegenheit von einiger Dringlichkeit.«
    »S-Sie würden es nicht vorziehen, dass er Sie zu Hause besucht?«, wagte sie sich weiter vor.
    Rothewell bedachte das Mädchen mit seinem finstersten Blick. »Unter gar keinen Umständen«, schnauzte er. »Ist das klar?«
    »Ja, Mylord.« Das Mädchen war blass geworden und holte tief Luft.
    Mein Gott, warum hatte er sie so angeschnauzt? Es wurde im Allgemeinen
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