Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bewusstlos

Bewusstlos

Titel: Bewusstlos
Autoren: Sabine Thiesler
Vom Netzwerk:
Daumennagel.
    »Wir haben ihre Leiche gefunden.«
    Raffael wurde blass.
    »Und dein Messer.«
    Raffael wirkte jetzt fahrig und unsicher.
    »Ja. Wahrscheinlich. Ich weiß nicht mehr. Ich war total besoffen. Ein bisschen mehr als jetzt. Aber auch das weiß ich kaum noch. Verflucht noch mal! Wieso ist das so wichtig?«
    »Weil du nicht mehr mein Sohn bist, Raffael! Mit so einem kaputten Monster will ich nichts zu tun haben. Mach eine Therapie, geh in eine Klinik, was weiß ich, dann kannst du wiederkommen, vorher nicht. Stell dich der Polizei und übernimm die Verantwortung! Und dann werde ich sehen, ob ich dich wiedererkenne. So bist du mir einfach nur fremd. Und widerwärtig.«
    Raffael stützte sich mit beiden Armen auf den Tisch und stierte seinen Vater an, aber sein Blick ging ins Leere. Er sah ihm nicht in die Augen.
    »Was bin ich? Sag das noch mal, du Arsch.«
    »Du bist krank, Raffael. Und darum bist du zwangsläufig ein Versager. Ein kranker Versager. Das musst du kapieren, und dann kannst du auch etwas dagegen tun.«
    »Willst du mich mit diesen ganzen Psychos in einen Topf werfen, die zu irgendwelchen Seelenklempnern rennen und ihnen was über ihre verkorkste Kindheit vorheulen?«
    »Das hast du eben selbst getan.«
    »Und? Was sagst du zu dem lieben Dr. Krüger im Internat? Wie findest du den?«
    »Was soll ich tun? Hinfahren und ihn zusammenschlagen?«
    »Zum Beispiel. Das wär doch mal was.«
    »Du bist erwachsen, Raffael. Das musst du schon selbst tun.«
    »Was glaubst du, wen ich schon alles zusammengeschlagen habe! Du hast ja keine Ahnung !«
    »Zeig den Direktor an, Raffael. Roll die ganze Sache auf! Erinnere dich und gib zu Protokoll, was dir passiert ist! Das wäre ein erster Schritt. Und wesentlich wirkungsvoller, als dem Typen die Zähne auszuschlagen. Werde endlich erwachsen, verdammt! Mach eine Entziehungskur und tu, was ein erwachsener Mensch für sich tun muss!«
    Die Tränen schossen Raffael in die Augen. »Wenn du wüsstest, wie du mich ankotzt mit deinen Moralpredigten, deiner Selbstgerechtigkeit, deiner ganzen Klugscheißerei!« Er schluchzte und trank eine Viertelflasche Rotwein in einem Zug. »Wenn du wüsstest, wie du mir auf die Nerven gehst! Ihr alle hier. Da kann man ja nur saufen, weil man sonst verrückt wird.«
    »Dann hau ab, bring dein Leben in Ordnung und komm wieder, wenn du ein Mann bist!«
    »Es geht mir um Stella, verstehst du? Um meine Schwester. Endlich habe ich sie wiedergefunden. Und ich lasse sie nicht noch einmal von euch kaputt machen. Ganz bestimmt nicht. Und darum werdet ihr mich nicht los. Weil Stella mich braucht.«
    »Komm zu dir, Junge. Stella hat mit Svenja nichts zu tun!«
    Raffael heulte wie ein Schlosshund. Sein Gesicht war rot und geschwollen, und er ruderte mit den Armen in der Luft herum.
    »Ich hasse dich!«, schrie er. »Ich hasse dich, weil du nichts, aber auch gar nichts begriffen hast.«
    Jetzt war es genug. Das Gespräch hatte keinen Sinn mehr. Morgen würde er sich schon nicht mehr daran erinnern. Karl spürte, dass er dem Ganzen unbedingt ein Ende machen musste. Das war keine Unterhaltung zwischen Vater und Sohn, sondern der Zusammenbruch eines Kranken, der mit Alkohol im Kopf völlig von Sinnen war und die Kontrolle verlor.
    »Ich bring dich jetzt in dein Zimmer. Und morgen fährst du zurück nach Berlin.«
    Er wollte beruhigend den Arm um ihn legen und ihn aus der Küche führen, aber Raffael machte einen Schritt zurück, stieß mit dem Rücken an eine Ecke des Küchenschrankes, schrie auf vor Schmerz, riss sein Messer aus der Tasche und ließ die Klinge herausschnellen.
    »Rühr mich nicht an!«
    Karl hob abwehrend die Hände. »Schon gut, schon gut.« Und seltsamerweise hatte er nicht die geringste Angst.
    »Kein Mensch kann mir befehlen, was ich zu tun und zu lassen habe! Keiner! Verstehst du? Und du bist der Letzte. Dir hör ich gar nicht mehr zu. Ich bin nicht mehr dein Sohn – gut, dann bist du auch nicht mehr mein Vater. Ich bin jetzt hier. Ich lebe jetzt hier. Ich bin verantwortlich für Stella, und ich werde euch sagen, was zu machen ist. Ich werde mich um sie kümmern, ich werde diesen ganzen Scheißladen hier auf Vordermann bringen, und ich lasse mir von niemandem mehr etwas sagen. Du hast das Recht verwirkt, überhaupt noch mit mir zu reden! Du bist der Abschaum! Der letzte Dreck! Du betrügst Mama nach Strich und Faden, du Schwein. Und du denkst, das weiß keiner. Ich weiß, dass du Paola gevögelt hast, und ich werde dafür
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher