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Bestimmt fuer dich

Bestimmt fuer dich

Titel: Bestimmt fuer dich
Autoren: Stefan Rognall
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meine Aura verändert«, erwiderte Eva.
    Lukas biss sich auf die Unterlippe. Er war froh, dass Eva humorvoll von seiner Anspielung abgelenkt hatte. Ihr Mann war ihre große Liebe gewesen und sein Betrug Evas größte Enttäuschung. Während des darauffolgenden Jahres war es für Eva zu einer bitteren, kraftzehrenden Anstrengung geworden, ihre charmante Unbeirrbarkeit aufrechtzuerhalten. Vor anderen Mitarbeitern und Kollegen war Eva das zwar gelungen, aber nicht vor Lukas. Ihm war aufgefallen, wie perfekt Evas Make-up den ganzen Tag über war, weil sie es nach jedem Weinen auf der Damentoilette komplett auffrischte. Auch ihre Neigung zu mehr Schulterpolstern war Lukas nicht verborgen geblieben, ebenso wenig, dass ihre mittäglichen Salatschachteln kaum geleert in den Mülleimer wanderten. Wie sehr Eva unter den Umwälzungen ihres Lebens litt, wurde jedoch zwischen ihr und Lukas nie zum Thema. Allenfalls mit dem einen oder anderen Blick tauschten sie aus, was Worte nur banalisiert hätten.
    Genau wie Lukas war auch Eva kein Freund ausschweifender Gefühlsbekundungen. Anstatt jedoch durch die Erfahrungen mit ihrem untreuen Ehemann verschlossener und reizbarer zu werden, hatte Eva sich seither ansprechbarer und verständnisvoller gezeigt. Eine Wandlung, die ihre Persönlichkeit nicht aufgeweicht, sondern reicher gemacht hatte, und die Lukas immer noch nicht verstand. Neigte er deshalb dazu, ihr gegenüber eine Spur zu unverschämt zu werden? Wollte er sie aus der Reserve lo cken, um herauszubekommen, wie man einen Schick salsschlag überstand, ohne sich noch mehr in sich selbst zurückzuziehen?
    »Warum bist du eigentlich heute Vormittag nicht am Platz gewesen?«, fragte Eva.
    Lukas winkte ab. »Da war so’n Unfall.«
    »Was für ein Unfall?«
    »Eine Frau ist angefahren worden.«
    »Aha?«
    Lukas seufzte. Er wollte nicht über den Vorfall sprechen, hatte ihn eigentlich auch längst aus seinem Kopf verbannt. »Noch mal zu Herrlichter zurück«, versuchte er es wieder, aber Eva stand plötz lich auf und forderte ihn mit einem gutmütigen Lächeln auf, ihr zu folgen. Sie hatte zwar zunächst überlegt, Lukas auf seine neue Aufgabe schonend vorzubereiten, war aber während des Gesprächs zur Auffassung gelangt, ihn besser zu überraschen.

    Lukas’ Schreibtisch stand in einem kleinen Büro am Ende des Gangs, das früher als Aufbewahrungsraum für Papierpakete, Druckerpatronen und andere Schreibutensilien gedient hatte. Noch immer luden manche Auslieferer hier Bestellungen ab, besonders, wenn Lukas nicht an seinem Schreibtisch, sondern unterwegs war oder zu Hause arbeitete. Lukas regte sich dann regelmäßig darüber auf, dass seine Kollegen aus Neid auf seine Narrenfreiheit bei Eva mit k indischem Vergnügen Papierpakete in seinen ohne hin schon beengten vier Wänden stapelten und so Barrieren errichteten, die er oft mühsam abtragen musste, um zum Drucker seines Computers zu gelangen oder das Fenster öffnen zu können. Die Überraschung, die heute auf Lukas in seinem Büro wartete, versperrte jedoch nicht den Weg zu seinem Schreibtisch, sondern saß bereits darauf und ließ die in abgewetzten Turnschuhen steckenden Füße auf seinem abgewetzten Drehsessel ruhen.
    »Hey«, sagte der junge Mann, der Mitte zwanzig sein musste, aber kaum der Pubertät entronnen zu sein schien. Ein paar wirre Haarsträhnen lugten unter der Kapuze seines Pullovers mit der Aufschrift » ROCK THIS BITCH « hervor und seine Augen waren hinter einer großen dunklen Sonnenbrille verborgen. Seine Umhängetasche war aus bundeswehrgrünem Nylon, und ein Ohrstöpsel seines iPods hing auf seine Schulter herunter, während daraus auch laut genug für Lukas und Eva satte Beats rumpelten.
    »Das ist Dominik«, erklärte Eva und nickte dem jungen Mann fröhlich zu, der daraufhin über seinen Kinnbart strich und kurz seine Sonnenbrille Richtung Nasenspitze schob, um Lukas zuzuzwinkern.
    Lukas warf Eva einen verständnislosen Blick zu.
    »Dominik macht hier sein Volontariat«, sagte Eva. »Ich möchte, dass du ihm in der nächsten Zeit zur Seite stehst. Seine Fragen beantwortest. Ihn auf den Arbeitsalltag vorbereitest. Du weißt schon.«
    »Cool«, sagte Dominik und schob seine Sonnenbrille wieder vor die Augen.
    Lukas warf Eva einen entsetzten Blick zu. »Das kann doch wohl nicht dein Ernst sein!«
    »Der Junge ist ein Riesentalent. Auch die Kollegen aus den anderen Ressorts sind von ihm begeistert.«
    Dominik winkte mit einem bescheidenen Lächeln
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