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Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Bernsteinaugen und Zinnsoldaten

Titel: Bernsteinaugen und Zinnsoldaten
Autoren: Joan D. Vinge
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der Höhe des Turms in ein Becken herab, und ihr Murmeln machte es eventuellen Lauschern außerhalb unmöglich, ein Wort von dem, was drinnen gesprochen wurde, zu verstehen. Diskretion und Schönheit … Das moschusähnliche Aroma der Mooscouch versetzte sie plötzlich und unerwartet wieder in ihre Kindheit zurück: die Erinnerung, auf einem Bett zu liegen, in einer lauen Frühlingsnacht … „Doch der Wechsel der Jahreszeiten bringt neue Veränderungen mit sich und führt mich auf andere Wege. Vielleicht zurück in die Stadt. Euer Turm gefällt mir, Lord Chwiul. Er kombiniert Diskretion und Schönheit.“
    „Danke.“
    „Überlaßt ihn mir, dann werde ich tun, was Ihr verlangt.“
    Chwiul richtete sich stirnrunzelnd auf. „Mein Stadthaus!“ Gefaßter: „Ist das alles, was du willst?“
    Sie spreizte die Finger und betrachtete die zurückgebildeten Häute dazwischen. „Ich weiß, diese Forderung ist recht bescheiden.“ Sie schloß die Hand zur Faust. „Aber betrachtet man, welche Befriedigung mir sein Besitz bringen wird, wird es genügen. Und Ihr werdet es nicht mehr benötigen, wenn ich Erfolg habe.“
    „Nein …“ Er entspannte sich ein wenig. „Ich glaube nicht. Ich werde es kaum vermissen, wenn ich dein Land erst einmal habe.“
    Sie beließ es dabei. „Nun, dann kommen wir ins Geschäft. Und nun sagt mir, wo finde ich den Schlüssel für Klovhiris Schloß? Wie sieht Euer Plan aus, mir ihn – und seine Familie – auszuliefern?“
    „Ist dir bekannt, daß deine Schwester und ihre Kinder heute nacht zu Besuch in meinem Haus weilen? Und daß Klovhiri noch vor Anbruch des neuen Tages ebenfalls hierherkommen wird?“
    „Das ist mir bekannt.“ Sie nickte gleichgültiger, als ihr zumute war, und erkannte, daß Chwiul insgeheim, ohne es zu zeigen, beeindruckt war, weil sie ihn in seinem Haus besuchte. Sie zog den Dolch aus der Scheide neben dem Bernsteinauge des Dämons und fuhr damit über Wasserstein und imprägniertes Holz. „Soll ich ihnen etwa im Schlaf unter Eurem Dach die Kehlen aufschneiden?“ Es gelang ihr, genau das richtige Maß an Ungläubigkeit zu demonstrieren.
    „Nein!“ Wieder runzelte Chwiul die Stirn. „Für was für einen Narren hältst du …“ Er verstummte. „Bei Tagesanbruch werden sie auf der üblichen Route zum Gut zurückkehren. Ich habe versprochen, sie zu eskortieren, um ihre Sicherheit während der Reise zu gewährleisten. Außerdem wird ein Führer dabei sein, der uns durch die Sümpfe führen soll. Doch dieser Führer wird einen Fehler machen …“
    „Und ich werde warten.“ T’uupiehs Augen glänzten. Während des Winters benutzten die Reichen Schlitten für längere Reisen, die von großen Segeln über das Eis getrieben oder von Sklaven gezogen wurden, wenn die Bodenbeschaffenheit grob und uneben war. Doch mit dem Frühling, wenn der Boden morastig und schlammig wurde, öffneten sich gefährliche Klüfte und Tümpel, um den unvorsichtigen Wanderer zu verschlingen. Nur ein erfahrener Führer konnte die Zeichen richtig deuten und soliden Wasserstein von trügerischen Ammoniakschmelzen unterscheiden. „Gut“, sagte sie leise. „Ja, sehr gut … Euer Führer wird sehen, wie sie in einem Schlammloch steckenbleiben, und dann werde ich kommen und sie niedermetzeln wie Phibs bei der Häutung.“
    „Exakt. Aber ich will dabeisein, wenn du das tust, ich will zusehen. Ich werde mir eine Entschuldigung ausdenken, um die Gruppe zu verlassen, und mich dann in den Sümpfen mit dir treffen. Der Führer wird sie nur in die Irre führen, wenn er mein Signal hört.“
    „Wie Ihr wollt. Ihr habt für dieses Privileg gut bezahlt. Aber kommt allein. Meine Gefolgsleute benötigen keine Hilfe und auch keine Störung.“ Sie setzte sich auf, um mit ihren langen, häutigen Füßen wieder auf den Sensorfäden des Teppichs zu stehen.
    „Und wenn du mich für einen Narren hältst, der sich dir in die Hände spielt, dann vergiß eines nicht: Du wirst die erste Verdächtige sein, wenn Klovhiri ermordet wird. Ich bin der einzige Zeuge, der vor dem Oberlord beweisen kann, daß deine Gesetzlosen keine Verantwortung tragen. Vergiß das nicht.“
    Sie nickte. „Ich werde daran denken.“
    „Wie werde ich dich finden?“
    „Mich werdet Ihr nicht finden. Meine tausend Augen werden Euch finden.“ Sie verbarg das Auge des Dämons wieder zwischen den Lumpen.
    Chwiul sah etwas unbehaglich drein. „Wird … es an dem Angriff beteiligt sein?“
    „Vielleicht, vielleicht auch nicht. Wie es
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