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Silberstern Sternentaenzers Sohn 05 - Die alte Prophezeiung

Silberstern Sternentaenzers Sohn 05 - Die alte Prophezeiung

Titel: Silberstern Sternentaenzers Sohn 05 - Die alte Prophezeiung
Autoren: Lisa Capelli
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Trügerische Hoffnung
    Es war heiß, höllisch heiß, sogar noch tief in der Nacht. Annit Georgi lag auf dem binsengedeckten Hausdach - dem einzigen Ort, an dem sich die nächtliche Hitze des türkischen Sommers einigermaßen ertragen ließ. In ihrem Zimmer unten in dem kleinen Haus kam sich Annit vor wie ein Hähnchen auf dem Grill. Träge bewegte sie ihre Zehenspitzen hin und her und beobachtete sich dabei.
    Schnee. Annit schloss die Augen und versuchte, sich Schnee vorzustellen. Kleine, weiche, weiße Schneeflöckchen, die sanft wie Wattebäusche auf die Erde schwebten. Wie im Winter in Südholzen. Auf dem Bauernhof. Dort, wo sie aufgewachsen war. Langsam rollte sich Annit auf den Bauch. Gute sechs Wochen war sie nun schon hier in Dedeli in der Türkei, aber es kam ihr vor wie sechs Monate. Im Guten wie im Schlechten.
    „Annit“, schreckte sie plötzlich eine Stimme aus ihren  Gedanken auf. „Ist hier oben in der klimatisierten Zone  neben dir noch ein Plätzchen frei?“
    Annit lächelte. „Mannito, kannst du denn auch nicht schlafen?“
    Von Mannito war noch nichts zu sehen - außer seinen Händen, mit denen er sich an der Dachrinne festhielt und nach oben zog. Eine Sekunde später tauchte auch sein etwas verstrubbelter blonder Schopf auf und dann der Rest des Jungen. „Schlafen?“ Mannito streckte sich der Länge nach neben Annit auf dem Dach aus. „Es ist so unglaublich heiß, dass du kaum atmen kannst. Ich frage mich wirklich, wie das deine Eltern aushalten.“
    „Sie leben hier, sie sind die Hitze gewohnt.“ Sie leben hier, wiederholte Annit in Gedanken. Wie sich das anhört! Meine Eltern leben hier, in einem kleinen Dorf mitten in Anatolien in der Nähe des Van-Sees. Hier hat meine lange Suche nach meinen leiblichen Eltern endlich ein Ende gefunden.
    Annit erinnerte sich an den Augenblick, als sie zum ersten Mal ihrer leiblichen Mutter begegnet war. Elena Demirel. Sie hatte die Tür des kleinen Bauernhauses mit Mauern aus luftgetrockneten Lehmziegeln geöffnet und sie angeblickt. Mit Augen, die das gleiche ungewöhnlich tiefe Blau hatten wie die ihren. Wie Fremde waren sich Mutter und Tochter anfangs gegenübergestanden. Nicht einmal in den Arm genommen hatte Elena sie zur Be grüßung, kein Kuss, gar nichts. Doch mit der Zeit war das  Verhältnis immer herzlicher geworden. Auch zu ihrem  Vater Achmed. Ein Lächeln umspielte Annits Lippen. Was  ist das denn für ein komischer Typ?, hab ich zunächst ge dacht. Er sprach kaum ein Wort, war sehr verschlossen und  schaute immer ernst drein. Und als er dann auch noch meinen  geliebten Silberstern für seine Feldarbeit nutzen wollte, war es  ganz aus bei mir.
    Doch dann war etwas geschehen, was alles geändert hatte. Dank Silbersterns magischer Gabe hatte Annit ihren Vater in allerletzter Minute in einem Steinbruch vor einer tödlichen Steinlawine retten können. Und seither war das Eis geschmolzen.
    „Hast du eigentlich einen Plan?“, fragte Mannito in ihre Gedanken.
    Annit drehte den Kopf, sodass sie ihn ansehen konnte. „Was meinst du mit Plan?“
    „Wie lange willst du noch hier bleiben? Deine Eltern haben wir ja jetzt gefunden. Und das war ja dein Ziel.“
    Annit schwieg einen Moment. Dann antwortete sie mit einer Gegenfrage. „Hast du Heimweh?“
    Mannito sagte nichts, aber seine Mundwinkel zuckten ein wenig. Er stammte aus dem Karpatendorf Kischila in Rumänien. Annit hatte den Jungen mit den blonden, meist etwas zerzausten Haaren kennengelernt, als sie noch mit  Roccos Zirkus in Warschau in Polen unterwegs gewesen  war. Irgendetwas in Mannitos Blick war ihr sofort vertraut  vorgekommen, ähnlich wie bei Silberstern, und sie hatte  sich zu dem Jungen hingezogen gefühlt. Schon bald  waren sie gute Freunde geworden und unzertrennlich.  Annit wusste, dass sie sich auf Mannito hundertprozentig  verlassen konnte. Und so war sie sehr froh darüber, dass  er sie auf der langen Suche nach ihren Eltern begleitet  hatte.
    Mannito seufzte tief. „Doch. Ja, manchmal schon. Und du?“, fragte er leise zurück.
    „Hm!“ Annit überlegte kurz und hörte prüfend in sich hinein. „Ich weiß irgendwie nicht mehr so ganz, wo mein Zuhause ist. In Südholzen in Deutschland, wo meine Adoptiveltern leben? Hier in Dedeli bei meinen leiblichen Eltern?“
    „Und dann hast du ja auch noch deine Freunde aus Lilienthal. Sie vermisst du doch bestimmt auch, oder?“ Mannito hatte Carolin Baumgarten
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