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Bernstein Verschwörung

Bernstein Verschwörung

Titel: Bernstein Verschwörung
Autoren: Andreas Schmidt
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Die
Gläser der Fenster waren staubblind und teilweise mit Brettern
vernagelt worden. Putz bröckelte von der einst prächtigen
Fassade. Stefan war inzwischen am Ende des schmalen Wegs angelangt.
»Schön«, brummte er und wendete den Käfer.
»Und was hast du jetzt davon?«
    »Kannst den
Motor ausmachen. Wir sind nämlich da.«
    »Was? In dieser
Pampa?« Stefan wunderte sich, drehte jedoch den
Zündschlüssel. Mit einem zufriedenen Blubbern erstarb der
Boxermotor im Heck des Käfers.
    Heike hatte die
Beifahrertür geöffnet und war bereits ausgestiegen. Es
war eine laue Nacht, und es roch nach faulem Laub.
    »Hier ist es
dunkel wie in einem Bärenarsch«, bemerkte Stefan, der
hinter sie getreten war. »Schön, dass ich dir meine
Lampe geliehen habe. Sie liegt wahrscheinlich zu Hause auf dem
Sideboard.«
    »Von
wegen.« Heike öffnete den Rucksack und zog die schwere
Pannenleuchte hervor. Sie drehte den Knopf und schaltete die
Handlampe ein. »Siehst du, ich habe an alles
gedacht.«
    »Ich geb's
auf«, seufzte Stefan. »Und jetzt wäre es
schön, wenn du mir endlich erzählen würdest, was du
hier unten willst.«
    »Also
gut.« Heike hob die Lampe nach oben, in Richtung
Straße. »Siehst du das Gebäude da
oben?«
    »Die alte
Fabrik?« Stefan nickte. »Kenne ich. Steht schon seit
Ewigkeiten leer, soweit ich weiß. Das Gemäuer hat man
dem Verfall überlassen, wahrscheinlich wird es eines
schönen Tages dem Erdboden gleichgemacht, damit ein Investor
hier Reihenhäuser hinsetzen kann oder so
etwas.«
    »Falsch. Hier
hat das Gebäudemanagement übernommen. Es unterstand also
bis letzte Nacht Jörg Trautler, dem Herrn der Bunker.«
Sie deutete nach oben. »Das ist das ehemalige Gebäude
einer Genossenschaft. Ein Haus mit einer sehr, sehr dunklen
Geschichte, Stefan. Hier haben sich im Krieg menschliche Dramen
abgespielt, und die SS hatte eine Zeitlang hier ihr
Domizil.«
    »Ich denke, das
war eine Konsumgenossenschaft«, entgegnete Stefan.
    »Das war es
auch. Aber 1936 wurde der Gebäudekomplex zu einer Kaserne
umfunktioniert, und bis 1943 fanden hier zwei Kompanien der
Panzerabwehr ihre Unterkunft. Die wurden erst wieder abgezogen,
nachdem die neuen Kasernen auf Lichtscheid fertiggestellt worden
waren. Und der Weg, über den wir gekommen sind, war zu
Kriegszeiten ein Bahngleis. Am Bahnhof Heubruch gab es eine Weiche,
über die die Züge hier hergeleitet werden
konnten.«
    »Moment, hier
endet der Weg aber.«
    »Nicht
ganz«, lächelte Heike. Sie senkte die Lampe ein wenig,
und der Lichtstrahl geisterte durch das Dickicht des Hangs.
»Hier muss es irgendwo einen Eingang geben, der in den Berg
unter das Gebäude führt. Ich habe das
recherchiert.«
    Stefan zog die
Augenbrauen zusammen. »Willst du mir sagen, dass die Keller
der Genossenschaft so groß waren, dass hier ganze Züge
reinfahren konnten?«
    »Nicht nur das:
Es gab sogar eine Wendeanlage unter dem Komplex an der
Münzstraße. Der Zug konnte umgedreht werden und den
Tunnel vorwärts wieder verlassen.«
    »Und was hat das
mit dem Bernsteinzimmer zu tun, nach dem du
suchst?«
    »Nicht ich suche
danach, das überlasse ich gern den Leuten, die sich damit
auskennen. Aber ich habe von Heinrich Große erfahren, dass
das Bernsteinzimmer unter dem Kommando des SS-Gauleiters Koch per
Bahn nach Wuppertal transportiert wurde. Das hat Sinn, da er einen
großen Einfluss auf die Geschehnisse bei der Reichsbahn
hatte. Und nun rate mal, wer diese Genossenschaft früher
betrieben hat?«
    Stefan dachte kurz
nach. Als ihm keine Antwort einfiel, zuckte er mit den
Schultern.
    »Die
Genossenschaft wurde vom Bruder Erich Kochs betrieben. Also ist
anzunehmen, dass er sich hier auskannte. Und nachdem die Soldaten
1943 verschwunden waren, hatten die Koch-Brüder freie Hand,
denn offiziell gehörte der gesamte Komplex noch der Wehrmacht.
Was liegt für einen Mann wie Erich Koch also näher, als
das Bernsteinzimmer 1944 genau hier hinzubringen?«
    »Heike, du bist
ein Genie«, entfuhr es Stefan. Er machte keinen Hehl daraus,
beeindruckt zu sein. »Also wurden die Schätze aus
Königsberg per Güterzug hierher geschafft, wo sie
versteckt wurden. Und wahrscheinlich hat Koch auch dafür
gesorgt, dass die Stollen, in denen sich die Schätze befinden,
zugemauert wurden. Damit hat er das größte Geheimnis
Wuppertals zum einen für die Zukunft konserviert und zum
anderen mit ins Grab genommen.«
    »Das war ein
Kriegsverbrecher ersten Ranges«, murmelte Stefan. »Aber
offensichtlich war er ein
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