Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Berge Meere und Giganten (German Edition)

Berge Meere und Giganten (German Edition)

Titel: Berge Meere und Giganten (German Edition)
Autoren: Alfred Döblin
Vom Netzwerk:
zerstörend und verbrennend auf alles was in seinen Bereich fiel. Eine Sekunde nach Anschalten der Masten in Höhe der Häuser wäre alles, Stein Holz Fleisch Metall in einen glühenden Brei verwandelt verkohlt verkrümelt, als hätte sich Ätzlauge über die Stadt geworfen.
    Von einer leisen, spielerisch abgelehnten, innerlich nie verhehlten Furcht wurden seit den Rebellionen alle Länder und Kantone durchzittert, es könnten im geheimen Menschen die Wissenschaft auf gefährliche Dinge durchstudieren und zähere ernstere härtere Männer als Bourdieu möchten darauf zu Entschlüssen kommen. Langsam bildete sich in den Städten eine Herrenklasse heraus. Sie kannten alles; saßen über Zeichenbrettern konstruierten standen vor Modellen arbeiteten mit Gasen erdigen Stoffen in den Laboratorien. Aus ihnen stammten die Errichter der Anlagen und Werke, Besitzer der Werke. Sie begannen, mit der Verbreitung bestimmter Kenntnisse anzuhalten. Fremde, ihnen nicht Sichere mühten sich vergeblich in den Spezialschulen Zugang zu gewinnen. Lächelnd wurden sie mit alten Kenntnissen abgespeist, mit Teilarbeit beschäftigt. Der Besitz der angeschwollenen gefahrvollen Kenntnisse konnte nicht allen gestattet werden. Mathematik Ingenieurwissenschaft Chemie Elektrotechnik Biologie Radiotechnik waren nur Ausgewählten gestattet, deren Zahl man von Jahrzehnt zu Jahrzehnt verringerte. Diese standen unter strenger Aufsicht. Die politischen Behörden übten die Aufsicht selbst aus. Mit einem Geheimnis umgab man die theoretischen Wissenschaften. Man zerstückelte die Disziplinen, um keinem, der nicht bestellt war, eine Übersicht zu gestatten.

    ES HATTE eine Zeitlang den Anschein, als ob man zur Einführung der Sklaverei schreiten würde. Das schwallartige Heranwogen unermeßlicher Scharen Farbiger und Mischlinge aus den Ländern Afrikas, die sich mit der Aufnahme der freigestellten Kenntnisse und Genüsse begnügten, begünstigte die Neigung dazu. Bald kam es in spanischen und italienischen Stadtlandschaften, die den wildesten Andrang der Massen zu bewältigen hatten, die auch ein außerordentlich leidenschaftliches unduldsames Herrengeschlecht erzeugten, zu Vorfällen, die zu einer raschen Änderung in der Behandlung der Massen aufforderten. San Franzisko wie London rieten schon längst den Herren von Barcelona Madrid Mailand Palermo zu größter Strenge und Aufmerksamkeit. Man könnte Fremde, sagten sie, denen der Mondgottesdienst noch im Blute steckte, die für einen Schluck kalten Biers ihre Habe und Arbeitskraft verkauften, nicht behandeln wie Menschen nördlicher Herkunft. Die westliche und nördliche Kultur war von ihnen aufzunehmen, nicht aber zu verschlucken. Ungestüm und aufdrängend, wie die Abkömmlinge der Berber und Haussa waren, waren sie geneigt im Grunde nichts zu achten.
    Der wulstnackige schmerbäuchige Mailänder Ravano della Carceri, dessen Großvater noch Elefanten mit schwarzen Sklaven gejagt hatte, hatte in seinem Glaswerk den ersten von ihm provozierten Ausbruch der Arbeitermassen nur erwartet. Er ließ, um ein warnendes Beispiel seinen lauen Freunden in der Stadt zu geben, die Zügel schleifen. Man zertrümmerte, als er zwei Mulatten niederschoß, seinen Direktionssitz im Stadtzentrum. Er tat, als ob er erschreckt floh und alles im Stich ließ. Er hatte noch Zeit, unter Hohn die Verflutung seiner Werke mit dem erhitzten Volk zu beobachten. Die Revolte blieb nicht in den Anfängen stecken. Bei dem Getümmel der Leute Carceris wurden die angegliederten Werke Sanudos und Horzis unruhig; dann die angrenzenden in der Landschaft Pisa. Fremdenviertel wurden alarmiert, die Massen wogten durcheinander, sie sangen ihre Heimatlieder, Landsmannschaften gliederten sich, in alberner Erregtheit rief man Frauen und Kinder. Das strahlte ahnungslos festlich. Glücklich sahen sie zu den endlosen niedrigen zauberhaften Werkfronten auf, die sie einst bestaunt hatten, an denen sie furchtsam wie unter Dämonenblicken gekrochen waren; dort liefen jetzt auf dem Dach schwarze Plattgesichter, machten Männchen.
    Als noch Morosinis Lebensmittelwerk und zwei unterirdische Linien die afrikanischen Sprünge erduldet hatten, lief ein bunter Wirrwarr von Schreiern in langen Sätzen zum Senat der Stadt, um seine Demission zu erzwingen. Sie rannten, als käme es darauf an zu zeigen, wer der erste war. Ravano della Carceri war bei dieser Audienz anwesend. Die Hauptlärmer der Deputation, zwei Mulatten, schon im heimatlichen Hemd über dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher